Brexit: DSLV fordert Aussetzung des EU-UK-Handelsvertrags

Bis zu 80 Prozent der Sendungen im Warenverkehr zwischen UK und dem europäischen Festland stimmen laut dem Verband aktuell nicht mit den Zollvorschriften überein.

Der EU-UK-Handelsvertrag behindert in seiner aktuellen Form die Logistik in ganz Europa, ist der DSLV überzeugt. (Foto: Eisenhans / Fotolia)
Der EU-UK-Handelsvertrag behindert in seiner aktuellen Form die Logistik in ganz Europa, ist der DSLV überzeugt. (Foto: Eisenhans / Fotolia)
Therese Meitinger

Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik hat gefordert, den zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Vereinigten Königreich (UK) vereinbarten Handelsvertrag bis auf Weiteres auszusetzen. Entsprechend äußerte sich der Verband am 20. Januar in einer Pressemitteilung. Das zum 1. Januar 2021 in Kraft getretene Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und dem Vereinigten Königreich (UK) führe zu wachsenden operativen Umsetzungsproblemen, argumentierte der DSLV. Bis zu 80 Prozent der Sendungen im Warenverkehr zwischen UK und dem europäischen Festland seien derzeit fehlerhaft oder gar nicht deklariert und stimmten nicht mit den Zollvorschriften überein.

„Viele Unternehmen haben bislang nur im EU-Binnenmarkt Handel betrieben. Den meisten vor allem britischen Logistikkunden scheint nach wie vor nicht bewusst, dass die Regelungen im Verkehr mit dem europäischen Kontinent jetzt nicht mehr denen des Binnenmarkts entsprechen“, sagt Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV.

Während sich Speditionen und Zollagenten in den vergangenen Jahren kontinuierlich auf die Folgen des Brexit vorbereitet hätten, begännen viele ihrer Kunden aus der verladenden Wirtschaft erst jetzt, ihre Prozesse anzupassen und sich mit Export- und Importanmeldungen und den dafür erforderlichen Verfahren und Dokumenten auseinanderzusetzen, so Huster weiter. Gleichzeitig fehlt seiner Ansicht nach vielfach das Verständnis dafür, dass der zusätzliche administrative Aufwand der Speditionen zu einer spürbaren Erhöhung der Logistikkosten führen kann.

Logistiknetze in ganz Europa betroffen

Die derzeit massiven Probleme im Warenverkehr mit UK haben laut dem DSLV auch Auswirkungen auf die Systemnetze der Logistik in ganz Europa. Transporte mit Sammelgut, das heißt Sendungen mehrerer Versender für verschiedene Empfänger („Consolidated Cargo“), können nach Verbandsangaben von den Zollverwaltungen nicht abgefertigt werden, wenn einzelne Sendungen falsch deklariert sind oder Ursprungszeugnisse und Veterinärbescheinigungen fehlen. Lkw-Touren nach Großbritannien und zurück dauerten nun bis zu fünf statt drei Tage, wodurch Laderaumkapazitäten unnötig lange gebunden würden, so der Verband.

Anders als etwa das Drittland Schweiz wollte sich die britische Regierung ebenso wenig auf die Anerkennung von EU-Recht und -Standards verständigen, wie auf eine Verlängerung des Übergangszeitraums über den 31. Dezember 2020 hinaus. Da nicht zu erwarten sei, dass die Kenntnisdefizite zum Zollrecht und zum UK Border Operating Model insbesondere bei den Unternehmen der verladenden Wirtschaft kurzfristig behoben würden, könne der Warenhandel und -transport über den Ärmelkanal nur noch störungsfrei aufrechterhalten werden, wenn die EU und das Vereinigte Königreich das Handelsabkommen bis auf Weiteres aussetzten, so der Verband.

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