Blockchain: Fraunhofer IML erforscht Potenziale und Hemmnisse

Vor dem Aufbau einer Token-Wirtschaft in Deutschland ist einer Studie zufolge noch grundlegende Aufbauarbeit zu leisten.

Im Zuge einer Token-Ökonomie könnten deutsche Unternehmen neue Geschäftsmodelle entwickeln, so eine Studie des Fraunhofer IML. (Symbolbild: sdecoret / AdobeStock)
Im Zuge einer Token-Ökonomie könnten deutsche Unternehmen neue Geschäftsmodelle entwickeln, so eine Studie des Fraunhofer IML. (Symbolbild: sdecoret / AdobeStock)
Therese Meitinger

Forscher des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML haben gemeinsam mit einem interdisziplinären Forschungskonsortium unter Leitung der WIK Consult eine Studie erstellt, die die Umsetzung einer Token-Ökonomie in Deutschland untersucht. Das berichtet eine Pressemitteilung vom 16. November. Die Studie entstand im Rahmen des „Fachdialogs Blockchain“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi).

Anstelle von papierbasierten Verträgen, Rechnungen oder Urkunden können Token im digitalen Raum Werte und Rechte jeglicher Art abbilden. Die Grundlage bildet dabei die Blockchain-Technologie, die es ermöglicht, Informationen dezentral und fälschungssicher zu speichern, zu verarbeiten und zu übertragen. Um zu untersuchen, welche Chancen und Herausforderungen sich für die Technologie in der Praxis ergeben, haben die beteiligten Wissenschaftler der Mitteilung zufolge mehr als 35 Vertreter aus Wissenschaft, Verbänden, Unternehmen und Start-ups befragt.

Als Chance identifizierten die Wissenschaftler in der Studie vor allem, dass Deutschland als Vorreiter seine Digitalwirtschaft zu einer proaktiven, (teil-)autonomen Wirtschaft transformieren könnte. Industrie und Verwaltung könnten von digitalisierten Prozessen profitieren. So entstehen nach Ansicht der Forscher neue Formen der Wertschöpfung, die entsprechendes Wirtschaftswachstum in Deutschland und Europa stärken können. Außerdem ergeben sich in einer Token-Ökonomie laut der Studie neue Geschäftsmodelle:

„Projekte wie die Silicon Economy zeigen bereits, dass Unternehmen von einer Plattformökonomie auf Basis von Blockchain und Token profitieren können. Mithilfe der entwickelten Open-Source-Komponenten ist es möglich, Prozess- und Lieferketten vollständig zu digitalisieren. Im Zuge des Aufbaus des Europäischen Blockchain-Instituts in NRW entwickeln wir am Fraunhofer IML die Bausteine, um sichere, transparente und automatisierte Lieferketten mithilfe von Blockchain zu ermöglichen“, betont Prof. Michael Henke, Institutsleiter am Fraunhofer IML.

Die Zusammenhänge sind oft nicht klar

Projekte wie die Silicon Economy und zum Aufbau des Europäischen Blockchain-Instituts sind in Deutschland der Erhebung zufolge allerdings noch unterrepräsentiert, da digitale Plattformen häufig nicht mit kollaborativen Ökosystemen gleichgesetzt werden. Das Verständnis für Netzwerkökonomien sei allerdings notwendig, da die Teilnahme aller Supply-Chain-Partner an einem Blockchain-basierten Netzwerk entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung sei, so das Fraunhofer IML. Die Wissenschaftler empfehlen deshalb, das Verständnis zu stärken und Best-Practice-Beispiele zu fördern.

Ein weiteres Hemmnis ist den Befragten zufolge das fehlende Wissen über die Token-Ökonomie. Oft müssen sich die Unternehmen ihr Know-how selbst aufbauen. Das sei vor allem für kleine und mittlere Unternehmen eine Herausforderung, heißt es. Auch rechtliche Unklarheiten stellten eine Herausforderung dar. Dadurch gäbe es nur wenige Unternehmen, die die Blockchain-Technologie bereits in ihre Prozesse integriert haben.

Die Handlungsempfehlung der Expertinnen und Experten lautet, existierende Blockchain-Start-ups in Deutschland zu fördern, Anreize für weitere Gründungen zu schaffen und Wissenslücken durch Bildungsangebote an Hochschulen und Universitäten zu schließen. Mithilfe von Open-Source-Software ließe sich die Integration kleiner und mittlerer Supply-Chain-Partner unterstützen. Außerdem seien die rechtlichen Rahmenbedingungen anwendungsbezogen auszubauen, um etwa Fragen zur Haftung oder zum Datenschutz zu klären.