Binnenschifffahrt: Industrie kämpft mit Niedrigwasser

Autobauer Ford hat Logistik-Strategien entwickelt, um niedrigen Pegelständen zu begegnen.

Ein Transportschiff auf dem Rhein bringt in Köln produzierte Ford Fiesta Modelle zum Seehafen in Antwerpen. (Bild: Ford-Werke)
Ein Transportschiff auf dem Rhein bringt in Köln produzierte Ford Fiesta Modelle zum Seehafen in Antwerpen. (Bild: Ford-Werke)
Therese Meitinger

Das Niedrigwasser am Rhein hält an. Am 18. August morgens lag der Wasserstand etwa in Kaub, das für die Oberrheinverkehre wichtig ist, bei lediglich 34 Zentimetern, wie die Wasserstraßen- und Schiffsverwaltung des Bundes berichtet. Duisburg-Ruhrort am Niederrhein wies laut den Daten des Bundes einen Pegel von 155 Zentimetern auf, für Emmerich nahe der niederländischen Grenze wurden gar -3 Zentimeter ausgewiesen. Auch wenn der Wasserstand in der Fahrrinne immer etwas höher liegt, bewegen die Werte sich damit auf einem für die Schifffahrt bedenklichen Niveau.

 Knapper Schiffsraum, enorme Nachfrage

Die niedrigen Wasserstände bereiten der Schifffahrt einen erheblichen Mehraufwand, da ein einzelnes Schiff, um eine Grundberührung zu vermeiden, weniger Ladung aufnehmen kann, so der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt (BDB) in einer Pressemitteilung vom 16. August. Um dies zu kompensieren muss die Ladung auf mehr Schiffsraum verteilt werden. Doch die Nachfrage nach Transporten per Binnenschiff ist dem BDB zufolge ohnehin seit Monaten über alle relevanten Gütergruppen wie Kohle, Getreide, Futtermittel, Baustoffe oder chemische Erzeugnisse sehr hoch – entsprechend knapp ist der Schiffsraum.

Holger Lösch, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des BDI sieht die Versorgungssicherheit der Industrie akut gefährdet – auch weil Ausweichmöglichkeiten fehlten. In einem Statement vom 16. August sagte er, ein Umstieg von der Binnenschiffschifffahrt auf Schiene und Straße gestaltet sich in diesem Sommer wegen der Engpässe auf der Schiene, der Coronapandemie und des Fahrermangels schwierig.

„Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Anlagen in der chemischen oder Stahlindustrie abgeschaltet werden, Mineralöle und Baustoffe ihr Ziel nicht erreichen oder Großraum- und Schwertransporte nicht mehr durchgeführt werden können“, so Lösch weiter.

Autobauer Ford sieht seine Versorgungssicherheit am Standort Köln aktuell noch nicht gefährdet. Die Auswirkungen der niedrigen Pegelstände des Rheins auf die eigene Logistik hielten sich in Grenzen, gab das Unternehmen am 17. August an. Dabei ist der Wasserstand des Rheins für den Autohersteller durchaus eine wichtige Größe: Rund 40 Prozent der im Kölner Werk transportierten „Ford Fiesta“-Modelle werden nach Unternehmensangaben auf fünf Transportschiffen zu den Seehäfen Antwerpen (Belgien) und Vlissingen (Niederlande) transportiert. Dort werden die Autos für den europäischen und Übersee-Transport auf große Schiffe verladen.

Angepasste Schiffsladungen halten Lieferketten aufrecht

Bereits als Anfang August der Rheinpegel in Köln unter die Marke von einem Meter sank, begannen die Ford-Logistiker nach Unternehmensangaben ihre Schiffsladungen anzupassen. Sie reduzierten demnach die Zahl der transportierten Fiestas um 30 bis 40 Einheiten pro Schiff und verringerten so den Tiefgang der Frachter.

„Wir laden weniger, erhöhen aber die Frequenz der Fahrten“, erklärt Christian Weingärtner, Geschäftsführer Marketing und Verkauf der Ford-Werke GmbH. „Unsere Prozesse sind sehr stabil, und wir können unsere Kunden in Europa und darüber hinaus weiterhin auf gewohnten Transportwegen beliefern.“

Aufgrund des niedrigen Rheinpegels müsse man nicht auf zusätzlichen Lkw- oder Zugtransport ausweichen, heißt es vonseiten Ford. Die zur Fertigung der Fiesta-Modelle benötigten Bauteile würden nicht per Schiff transportiert – in der Teileversorgung für die Fertigung sei man nicht auf passende Wasserstände am Rhein angewiesen.