Beschaffung: Rohstoffpreise steigen weiter rasant

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens Inverto wurden viele Einkaufsorganisationen vom Anstieg der Energiepreise überrascht.

Die Versorgung mit Öl und Gas wird für viele Unternehmen zunehmend zum Hindernis, so eine aktuelle Studie von Inverto. (Symbolbild: JT Jeeraphun / Adobe Stock)
Die Versorgung mit Öl und Gas wird für viele Unternehmen zunehmend zum Hindernis, so eine aktuelle Studie von Inverto. (Symbolbild: JT Jeeraphun / Adobe Stock)
Therese Meitinger

Der Anstieg der Energie- und Rohstoffpreise nimmt auch in diesem Jahr kein Ende, auch wenn zurzeit die Preise bei den Industrierohstoffen etwas zurückgehen. Doch nicht nur die Preise belasten die Unternehmen, auch Versorgungsengpässe und Personalknappheit sind anhaltende Herausforderungen. Zu diesen Ergebnissen kommt eine aktuelle Rohstoffstudie des Kölner Beratungsunternehmens Inverto.

Knapp 90 Entscheidungsträger im Einkauf, überwiegend aus dem deutschsprachigen Raum und Großbritannien nahmen an der diesjährigen Rohstoffstudie teil. Das berichtet eine Pressemitteilung vom 22. August. Zwei Drittel der Befragten stammen demnach aus der verarbeitenden Industrie, insbesondere dem Automobil und Maschinenbau. Darüber hinaus beteiligten sich Inverto zufolge Ansprechpartner aus der Logistik und dem Handel. Der Umfragezeitraum war nach Unternehmensangaben von Mai bis Juni 2022.

Rohstoffmangel auf konstant hohem Niveau

77 Prozent der Studienteilnehmer stellen laut Inverto eine eingeschränkte Verfügbarkeit von Rohstoffen fest. Am schwierigsten sei die Lage bei Öl und Gas (37 Prozent), Eisenmetallen und Stahl (35 Prozent) sowie Chemikalien (32 Prozent), heißt es. Damit verbleibe der Rohstoffmangel, wie auch in der Studie von 2021, auf einem konstant hohen Niveau.

Laut 90 Prozent der Studienteilnehmer wirkt sich der Einfluss von steigenden Rohstoffpreisen am stärksten auf das Geschäftsergebnis aus. Trotz der aktuellen Preissenkungen bei vielen Industriemetallen rechnen 81 Prozent der Befragten weiter mit moderat oder sogar stark steigenden Rohstoffpreisen in den nächsten 18 Monaten.

Die massiv gestiegenen Energiepreise hingegen dürften viele Unternehmen überrascht haben, schlussfolgert Inverto: In der letztjährigen Studie haben nur 27 Prozent die steigenden Strompreise und 23 Prozent die steigenden Öl-/Gas-Preise als große Gefahr erachtet. Jetzt werden die Energiepreise mit 86 Prozent als zweitgrößte Belastung für das Geschäftsergebnis angesehen.

„Um wirklich einschätzen zu können, ob Preiserhöhungen gerechtfertigt sind, müssen Unternehmen Transparenz über den Rohstoffgehalt ihrer Vorprodukte schaffen“, erklärt Lars-Peter Häfele, Managing Director und Rohstoffexperte bei Inverto.

Transparenz über Vorprodukte schaffen

Auf Basis von sogenannten Cost Breakdowns lassen sich dem Beratungsunternehmen zufolge etwa Preisgleitklauseln vereinbaren, die die Rohstoffpreise abbilden. Eine Mehrheit von 78 Prozent gibt an, auf derartige Preisvereinbarungen, die sich an einem Rohstoffindex orientieren, zurückzugreifen. Gesunken ist Studienergebnissen zufolge die Zustimmung zur Option „Weitergabe gestiegener Rohstoffkosten an den Kunden“ – im Vergleich zu 2021 um 13 Prozentpunkte. 62 Prozent der Befragten glauben, dass sie ihre gestiegenen Kosten weiterreichen können.

Der Ukraine-Krieg verstärkt laut Inverto den Fokus der Einkaufsorganisationen auf Resilienz und Flexibilität mit Blick auf zukünftige Krisen. 53 Prozent der Befragten in der Studie sehen sich durch den Ukraine-Krieg mit einer schlechteren Verfügbarkeit von Rohstoffen konfrontiert. Doch die Auswirkungen scheinen meist überschaubar: So geben 35 Prozent der Betroffenen an, eine kontinuierliche Rohstoffversorgung garantieren zu können. Dabei haben die Analyse der Supply Chain und Optimierung der Lagerbestände (59 Prozent) sowie die Optimierung der Rohstofflieferantenbasis (53 Prozent) für die Befragten weiterhin den höchsten Stellenwert im Rohstoffmanagement.

Risikomanagement und Multiple Sourcing

Mit Blick auf die Zukunft erwarten die Teilnehmer der Mitteilung zufolge dauerhafte Veränderungen für den Einkauf mit Fokus auf Resilienz und Flexibilität in der Supply Chain. So erwartet die Mehrheit von 82 Prozent ein verbessertes Risikomanagement in der Lieferkette und eine verstärkte Nutzung von Dual oder Multiple Sourcing (63 Prozent).

Auch Häfele rät in der aktuellen Situation, alternative Lieferanten und Bezugsquellen für Rohstoffe aufzubauen: „Durch ein Dual und Multi Sourcing können Unternehmen bei drohenden Engpässen auf mehrere Optionen zurückgreifen.“

Darüber hinaus empfiehlt Häfele, nachhaltige Maßnahmen zur Reduktion von Energie- & Rohstoffverbrauch zu entwickeln:

„Unternehmen müssen zukünftig die Themen Nachhaltigkeit und ressourcenminimale Produktion zentral in ihrer Einkaufsorganisation etablieren, um durch einen geringeren Verbrauch resilienter gegenüber steigenden Energie- & Rohstoffpreisen zu sein.“

Die angespannte Lage zeige, dass Teams künftig unbedingt flexibler zusammenarbeiten und priorisieren müssten, heißt es vonseiten Inverto. Dazu zähle insbesondere schnelles Anpassen an aktuelle Entwicklungen sowie die kontinuierliche Überprüfung der Rohstoffmärkte, um von Preisschocks und Krisen nicht überrascht zu werden. Dedizierte Task Forces für priorisierte Themen und die Implementierung digitaler Tools seien geeignete Maßnahmen im Umgang mit aktuellen Herausforderungen.