Bahnstreik: Enorme Auswirkungen auf den Güterverkehr befürchtet

Die Deutsche Bahn appellierte in einem Statement an die EVG, den Streik doch noch abzusagen.

Der für Sonntag angekündigte Streik im Bahnverkehr könnte wirtschaftliche Konsequenzen für den Schienengüterverkehr in Deutschland haben. (Symbolbild: Tournee/AdobeStock)
Der für Sonntag angekündigte Streik im Bahnverkehr könnte wirtschaftliche Konsequenzen für den Schienengüterverkehr in Deutschland haben. (Symbolbild: Tournee/AdobeStock)
Sandra Lehmann

Die Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft EVG hat ihre Mitglieder am 11. Mai zu einem rund 50-stündigen Streik ab Sonntag, den 14. Mai, 22 Uhr bis Dienstag, den 16. Mai, 24.00 Uhr aufgerufen.

„Die meisten Arbeitgeber zögern und zaudern auch in der zweiten Verhandlungsrunde; es geht – wenn überhaupt – nur mühsam voran. Wir werden deshalb noch einmal unübersehbar signalisieren, dass die vorliegenden Angebote erheblich nachgebessert werden müssen. Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt“, sagte EVG-Tarifvorstand Cosima Ingenschay.

Die Deutsche Bahn reagierte umgehend darauf und kündigte an, den Fernverkehr ab Sonntagabend komplett einzustellen. Bereits ab Sonntagnachmittag sollen erste Züge aus dem Fahrplan genommen werden. Auch auf den Regionalstrecken rechnet der Konzern damit, dass die meisten Fahrten aufgrund des Arbeitskampfes ausfallen müssen.

Cargobereich massiv beeinträchtigt

Eine komplette Einstellung des Güterverkehrs ist jedoch der DB zufolge nicht geplant. Dennoch geht das Eisenbahnunternehmen davon aus, dass es auch hier – vor allem durch die Bestreikung von Stellwerken – zu erheblichen Behinderungen und Verzögerungen im Güterbahnverkehr kommen wird. Auch die EVG verkündete bereits im Vorfeld, dass die Auswirkungen im Cargobereich stärker ausfallen werden und erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen hätten. Das liegt auch an den vielen Verknüpfungspunkten des europäischen Schienengüterverkehrs in Deutschland. Von den insgesamt zehn europäischen Schienengüterverkehrskorridoren führen sechs durch die Bundesrepublik.

Auf die negativen Konsequenzen für die gesamte Güterbahnbranche in Deutschland wies bereits am 11. Mai der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen hin.

„Bei der angekündigten Länge des Streiks muss mit erheblichen Problemen im Güterverkehr gerechnet werden. Wenn wie bei den letzten Bahnstreiks die Stellwerke bestreikt werden und keine Güterzüge fahren können, geraten Umlaufpläne des Schienengüterverkehrs erheblich durcheinander. Erfahrungsgemäß dauert es nach einem solchen Streik tagelang, bis alles wieder so fahrt, wie es bestellt wurde“, so Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer des VDV in einem Statement. „Die Güterbahnen haben es ohnehin schwer, die Lieferketten aufrecht zu erhalten, da diese immer noch unter durch verschiedene Krisen, zuletzt die Umstellung der Energieversorgung von Gas auf Kohle, beansprucht sind. Hinzu kommt anhaltender Personalmangel. Daher sind Lieferverzögerungen nicht auszuschließen, die sich auch auf die Industrie auswirken können.“

Indes versucht die Deutsche Bahn den Streik weiter abzuwenden. In einem Statement am 12. Mai erläuterte Konzernsprecher Achim Stauß, dass die DB aus eigener Sicht den Forderungen der EVG nachgekommen wäre. Insbesondere in Sachen Mindestlohn hätte man sich noch einmal auf die Gewerkschaft zubewegt. In Gesprächen vom 11. Mai hätte der Konzern angeboten, den geltenden Mindestlohn von zwölf Euro zu zahlen und diesen in die Entgelttabellen aufzunehmen. Auch sei klargestellt worden, dass es keine Begrenzung („Deckel“) von 13 Euro gibt, da sich bereits das vorliegende Angebot auf 13,20 Euro belaufe. Die weitergehende Ausgestaltung der noch zu vereinbarenden Tariferhöhungen sei somit Gegenstand der Tarifverhandlungen. Vor diesem Hintergrund forderte die DB die EVG auf, den Streik abzusagen, da dieser unnötig geworden sei.

Warnstreiks sollen trotz Verhandlungen stattfinden

Die EVG reagierte darauf mit Unverständnis. Man halte an der Ankündigung von Warnstreiks fest, hieß es am Freitagvormittag vonseiten der Gewerkschaft. Die EVG hat nach eigenen Angaben den Vorschlag der DB von Donnerstagabend abgelehnt. Auch in der am Donnerstag vorgelegten Lösung verlange die DB, die jetzt angekündigte Lohnerhöhung beim nächsten Abschluss wieder zu verrechnen.

„Wir würden also keine echte Lohnerhöhung verhandeln, sondern lediglich eine Sicherungszulage. Damit ist der Mindestlohnkonflikt nicht gelöst, sondern nur vertagt“, so der EVG-Verhandlungsführer Kristian Loroch. „Einen Tarifvertrag, der eine solche Hypothek für die Zukunft beinhaltet, werden wir nicht unterschreiben.“ Und weiter: „Die Chance, den Warnstreik abzusagen, ist augenblicklich vertan.“ Die DB hatte nach Aussagen der EVG bis Freitag 12.00 Uhr Gelegenheit einen neuen Vorschlag vorzulegen. „Es ist beschämend, dass ein Unternehmen, das sich im Bundesbesitz befindet, die gesetzlichen Vorgaben zum Mindestlohn weiterhin nur mit Tricksereien erfüllen und die Öffentlichkeit darüber auch noch täuschen will“, so Loroch. „Wir fordern eine dauerhafte Lösung. Dazu ist die Deutschen Bahn nach wie vor nicht bereit.“