Dicke Striche und dünne Striche, dazwischen Weiß. Jeder kennt sie. Strichcodes, auch Barcodes genannt, befinden sich auf Lebensmitteln, aber auch auf Verpackungen von Elektronikartikeln und Etiketten neuer Kleidungsstücke. Aus dem Alltag der Verbraucher sind sie nicht wegzudenken. Am 26. Juni 2024 feiert der Barcode seinen 50. Geburtstag.
Mehr als eine Milliarde Produkte tragen heute einen Barcode, täglich wird er weltweit zehn Milliarden Mal gescannt. Basis für den Code ist die darunter stehende GTIN, eine 13-stellige Artikelnummer. Die Kölner Standardisierungsorganisation GS1 vergibt die Nummern an den Handel, damit dieser seine Produkte kennzeichnen sowie weltweit identifizierbar machen und verkaufen kann.
Eigener Barcode für jedes Produkt
Der Barcode wird anschließend mithilfe einer speziellen Software erzeugt. Der Inhalt von Code und Nummer ist gleich, nur die Darstellung unterscheidet sich. Die Unternehmen zahlen dafür eine Lizenzgebühr, die Höhe hängt vom Jahresumsatz und der Anzahl der benötigten Artikelnummern ab. Weltweit gibt es 116 Länderorganisationen, die das ebenfalls anbieten. Jedes Produkt hat einen eigenen Barcode. Alle Alpenmilch-Schokoladentafeln von Milka haben dieselbe Artikelnummer, die Sorte Haselnuss wiederum eine eigene.
Mit dem verschlüsselten Code ist jeder Artikel weltweit identifizierbar. Zieht eine Kassiererin ihn über den Scanner, erkennt das System, um welches Produkt es sich handelt. Hinterlegt sind Informationen zu Marke, Sorte, Gewicht, Größe, Zutaten und Nährwerten. Warum es beim Scannen piept? Der Ton signalisiert Kassiererin oder Kassierer, dass ein Artikel erfasst wurde. Wenn nicht, kann er erneut gescannt oder per Hand eingegeben werden.
Erfinder der Codes sind die US-Amerikaner Joseph Woodland und Bernard Silver. Um Produktinformation auch ohne Zahlen automatisch auslesen zu können, entwickelten die beiden Studenten in den Jahren 1948 und 1949 ein Konzept und beantragten ein Patent. Bis das erste Produkt über eine Kasse gezogen wurde, dauerte es jedoch noch Jahre. 1962 verkauften Silver und Woodland ihre inzwischen geschützte Erfindung für 15.000 US-Dollar an das Unternehmen Philco.
Anschließend machten sich mehrere Hersteller daran, Strichcode und Scanner mit Laser-Technologie weiterzuentwickeln. Die Premiere Im Jahr 1971 einigten sich Händler und Hersteller in den USA auf die Einführung des Standards „Universal Product Code“ (UPC). Seine Premiere feierte der Barcode am 26. Juni 1974. An diesem Tag wurde der erste Artikel, eine Packung Kaugummi der Marke Wrigley's Juicy Fruit, in einem Marsh-Supermarkt in Ohio, USA, mit einem speziellen Gerät gescannt.
EAN-Code löst Universal Product Code ab
1976 einigten sich Händlerorganisationen und Länder in Europa auf den 13-stelligen EAN-Code – die sogenannte „European Article Number“. In Deutschland ist es die Wuppertaler Firma Wichartz, die am 1. Juli 1977 als Erstes eine ihrer Gewürzmischungen mit Strichcode auszeichnet. Die erste Scannerkasse wurde im Oktober 1977 in einem „Südmarkt“-Supermarkt in Augsburg in Betrieb genommen. In Deutschland trugen ab 1984 laut GS1 fast alle verpackten Lebensmittel für Endverbraucher einen Code. Die EAN wurde 2009 in GTIN umbenannt. Experten wie Stephan Rüschen sind überzeugt von den Verdiensten der Technik.
„Der Barcode hat über die letzten Jahrzehnte nicht nur das Kassieren vereinfacht, sondern auch die gesamte Prozesskette im Handel wesentlich verbessert“, sagt der Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Heilbronn.
Bis in die 1970er Jahre musste weltweit jeder Artikel im Handel einzeln ausgezeichnet, jeder Preis eingetippt werden – auch bei den großen Lebensmitteleinzelhändlern in Deutschland. Nach und nach führten die Unternehmen Scannerkassen ein. Edeka installierte 1981 in Zwingenberg in Baden-Württemberg die Erste. Der Discounter Lidl stellte 1996 um. Aldi Süd erst später, 2002 waren sämtliche Filialen mit modernen Scannerkassen ausgestattet, bei Aldi Nord sogar noch ein Jahr später. Im Rückblick auf jene Zeit, als die Kassiererinnen noch sämtliche Artikelnummern auswendig kannten und in rasender Geschwindigkeit eintippten, sprechen sie bei Aldi heute noch gern von einem Mythos.
Information und Kunst
Verbraucher können Barcodes inzwischen mit speziellen Smartphone-Apps wie Barcoo entschlüsseln. Wer ein Produkt im Supermarkt scannt, hat damit Zugriff auf weitere Produktinfos wie zum Beispiel Nährwertangaben. Popkultur und Werbung Der Barcode taucht auch außerhalb seines eigentlichen Verwendungsbereiches auf. Der Künstler Scott Blake gestaltet Bilder bekannter Persönlichkeiten wie Marilyn Monroe, die nur aus Strichcodes bestehen. Der Street-Art-Künstler Banksy hat den Code in seinen Werken ebenfalls wiederholt aufgegriffen. Auch die Kölner Privatbrauerei Gaffel spielt mit dem Design. Seit Jahren druckt sie einen Strichcode in Form des Kölner Doms auf ihre Partyfässchen und das Sixpack der Kölsch-Sorte.
„Vielen Dank lieber Barcode für deine Verdienste in der Vergangenheit. Die Zukunft gehört anderen“, sagt Handelsexperte Rüschen.
Was danach kommt, zeichnet sich schon ab. Die Firma GS1 erwartet nach und nach eine Umstellung auf zweidimensionale Codes wie den QR-Code. Der Prozess laufe bereits, die Handelsunternehmen würden auf die Umstellung vorbereitet, heißt es. Die kamerabasierten Scanner, die dafür benötigt werden, sind laut GS1 bereits bei mehr als 80 Prozent der Kassen im Einzelhandel verbaut. Warum ein Wechsel nötig ist?
„Die Konsumenten sind heute kritischer, sie wollen mehr Informationen zu einem Produkt, zu Allergenen, Daten zu Nachhaltigkeit und Verpackungen", sagt Expertin Sandra Hohenecker von GS1.
Mit der Artikelnummer ließe sich diese Vielzahl an Daten nicht abbilden, mit QR-Codes sei dies problemlos möglich und für Kunden transparent nachverfolgbar. Ein weiterer Vorteil: Auch das Mindesthaltbarkeitsdatum kann hinterlegt werden. Eines ändert sich beim QR-Code nicht: Artikel werden an der Kasse einzeln gescannt. Das ist beim RFID-Tag anders. Experte Rüschen sieht gute Chancen für diese Technik. Das Verfahren zur automatischen Identifizierung von Objekten über Funk wird bereits von Textilhändlern wie Zara, Uniqlo und Decathlon verwendet.
RFID ermöglicht Massenscans
Die Artikel müssen nicht einzeln gescannt werden, sondern können gleichzeitig erfasst werden - wenn der Einkaufswagen durch ein Gate geschoben wird oder die Produkte in einer Schale platziert werden. Der Tag kann jeden einzelnen Artikel eindeutig identifizieren. Das heißt: 1.000 Nutella-Gläser habe keine gemeinsame Nummer, sondern 1.000 verschiedene. Der Nachteil: Die einzelne Kennzeichnung ist aufwendig, außerdem sind RFID-Tags teurer. Deshalb eigneten sie sich eher für höherpreisige Produkten im Bekleidungsbereich als bei einem Joghurtbecher für 60 Cent, sagt Rüschen. Er kann sich vorstellen, dass sich RFID im Food-Bereich in den nächsten fünf bis zehn Jahren endgültig durchsetzt. Sandra Hohenecker erwartet, dass sich mehrere Codes etablieren können, je nach Einsatzort. Wann der Barcode endgültig verdrängt sein wird, vermag sie nicht vorherzusagen.
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