Allianz Trade: Für 80 Prozent der Exporteure sind hohe Energiepreise größtes Problem
Aktuell bewerten wesentlich mehr Unternehmen die Toprisiken als problematisch, als dies vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs war: 53 Prozent sehen steigende Transportkosten als größte Herausforderung (zuvor 34 Prozent), gefolgt von steigenden Energiepreisen (52 Prozent, zuvor 29 Prozent) und geopolitischen Spannungen (44 Prozent, zuvor 29 Prozent). Besonders stark gestiegen ist mit dem Konflikt zudem die Sorge vor Störungen der Lieferketten und vor Zahlungsausfällen.
Dies ergab eine Umfrage, die der Kreditversicherer Allianz Trade in zwei Befragungswellen bei insgesamt mehr als 2.500 Unternehmen in China, den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Italien durchführte und die am 12. April veröffentlicht wurde. Gefragt wurde, wie die Firmen die Exportaussichten für 2022 einschätzen. Dabei wurden in einer ersten Welle von Januar bis Mitte Februar 2.500 Firmen befragt. In einer zweiten Welle im März wurden noch einmal 400 Unternehmen in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien konsultiert, um zu erfahren, wie sich ihre Einschätzungen durch den Ukraine-Krieg verändert haben.
„Fest steht: 2022 wird für den Welthandel eher eine Achterbahnfahrt und kein erneuter Höhenflug wie 2021“, sagt Ana Boata, Leiterin Economic Research bei Allianz Trade.
Die bestehenden Probleme haben sich 2022 durch den Konflikt mit der Ukraine verschärft: Der Welthandel büßt deutlich an Dynamik ein. So hat Allianz Trade ihre ursprüngliche Prognose für 2022 um zwei Prozentpunkte (pp) gesenkt und geht beim Volumen von einem Wachstum von vier Prozent aus, das damit unter dem Langzeitdurchschnitt liegt. Beim Wert der gehandelten Waren erwartet der Kreditversicherer inflationsbedingt inzwischen ein Plus von fast elf Prozent (vor dem Konflikt: 7,2 Prozent).
Unternehmen gehen unterschiedlich mit gestörten Lieferketten um
„Die russische Invasion in der Ukraine und der erneute Ausbruch von Covid-19 in China treffen den Welthandel doppelt hart mit geringeren Mengen und höheren Preisen“, sagt Boata. „Lieferketten sind weiterhin gefährdet, durch konfliktbedingte Umwege und Hafenschließungen gibt es lange Transportzeiten. Somit bleiben dem Welthandel Verspätungen und hohe Frachtraten länger erhalten als ursprünglich erwartet – auch aufgrund der hohen Energiepreise.“
Beinahe jedes zweite Unternehmen (47 Prozent) fürchtet inzwischen zunehmende Störungen von Lieferketten und höhere Preise bei den Vorprodukten – das sind fast doppelt so viele Unternehmen wie vor Ausbruch des Konflikts (25 Prozent).
Die Exportstrategien der deutschen Unternehmen sind jedoch vielfältig: Während der Großteil laut der Studie auf internationale Diversifizierung setzt, ist bei einigen Unternehmen angesichts der steigenden Risiken für Lieferketten auch weiterhin „Hamstern“ angesagt. Andere wiederum suchen neue Lieferanten oder wollen verstärkt auf Geschäfte innerhalb Deutschlands setzen.
Deutsche Exporteure sorgen sich um gestiegene Transportkosten
„Die stark gestiegenen Transportkosten bereiten deutschen Exportunternehmen inzwischen die größten Sorgen“, sagt Milo Bogaerts. „Die meisten deutschen Unternehmen gehen davon aus, dass sich weder bei Transportkosten noch -zeiten 2022 Entspannung abzeichnen wird: Mehr als die Hälfte der Firmen (53 Prozent) geht mit Ausbruch des Ukraine-Konflikts sogar davon aus, dass sich die Situation weiter verschärft.“
Vor dem Konflikt war dies nur bei etwa jedem dritten Unternehmen der Fall. Die hohen Energiepreise sehen zudem etwa 80 Prozent der befragten Unternehmen als Herausforderung für ihre Exporttätigkeit. Mehr als die Hälfte (52 Prozent) erwartet noch weiter steigende Energiekosten.
„Für 2022 waren Exporteure hierzulande zunächst weiterhin sehr optimistisch – rund 93 Prozent von ihnen erwarteten zu Jahresbeginn ein Umsatzwachstum bei den eigenen Exporten“, sagt Milo Bogaerts, CEO Allianz Trade in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Dieser Optimismus ist zwar weiterhin vorhanden, durch den Ukraine-Konflikt gehen allerdings nur noch 84 Prozent der deutschen Unternehmen von einem Umsatzplus aus, 16 Prozent erwarten inzwischen jedoch sinkende Umsätze.“
Vor der Ukraine-Krise bewerteten rund 62 Prozent der befragten Unternehmen Zahlungsausfälle insgesamt als Herausforderung, jetzt sind dies 93. Vorher sahen 30 Prozent darin ein wachsendes Risiko. Inzwischen hat sich dies nahezu verdoppelt: „Besonders stark angestiegen ist bei den deutschen Exportunternehmen auch die Sorge vor steigenden Zahlungsausfällen“, sagt Bogaerts. „Sechs von zehn Unternehmen (58 Prozent) erwarten für das laufende Jahr, dass mehr Zahlungen ausfallen. Damit sind die Erwartungen deutscher Unternehmen diesbezüglich deutlich pessimistischer als die ihrer europäischen Pendants.“
Zum Vergleich: In Italien rechnen 43 Prozent der Exportunternehmen mit mehr Zahlungsausfällen als im Vorjahr, in Frankreich 49 Prozent und in Großbritannien 53 Prozent. Bereits 2021 verzeichneten 87 Prozent der befragten deutschen Unternehmen Beeinträchtigungen ihrer Exporte durch Zahlungsausfälle, mehr als die Hälfte davon moderat oder erheblich.
66 Prozent der deutschen Firmen erwarten schlechtere Zahlungsmoral
Auch die Zahlungsmoral hat sich bei den Abnehmern der befragten Unternehmen verschlechtert. Jeder zweite Exporteur in Europa und 46 Prozent der deutschen Unternehmen berichten, dass Rechnungen 2021 immer später bezahlt wurden – obwohl Unternehmen vielerorts Bargeld horten und die große Mehrheit der befragten Firmen in digitale Prozesse investiert hat, die die Zahlungsfristen verkürzen sollten. Für 2022 erwarten inzwischen 66 Prozent der deutschen Unternehmen eine sich weiter verschlechternde Zahlungsmoral.
Dies bestätigt die Prognose von Allianz Trade, dass sich auch das Insolvenzgeschehen in Europa sukzessive normalisieren dürfte. Dieser Prozess hatte sich schon vor Ausbruch des Konflikts abgezeichnet. Der Kreditversicherer geht in den größten europäischen Volkswirtschaften insgesamt von einem Zuwachs der Pleiten um 10 Prozent aus (Deutschland: 4 Prozent), wenngleich weiterhin auf moderatem und in Deutschland niedrigen Niveau.
„Die deutschen Exporteure lassen sich von diesen Entwicklungen allerdings nicht abschrecken“, meint Bogaerts: „Es liegt in ihrer DNA, neue Exportmärkte zu erschließen. Fast drei Viertel (73 Prozent) der befragten Unternehmen planen diesen Schritt für 2022. Das Gute liegt dabei vielerorts recht nah: Favorit der deutschen Unternehmen sind dabei die französischen Nachbarn. In der Ferne sind die USA und Japan die begehrtesten neuen Exportziele.“
Durch den Ukraine-Konflikt gewinnt die zunehmende Diversifizierung bei den Exportunternehmen an Bedeutung: 87 Prozent der deutschen Exporteure wollen Investitionen für eine stärkere Internationalisierung ausweiten – die Hälfte der befragten Unternehmen (50 Prozent) hat durch den Konflikt diese Investitionspläne sogar noch weiter aufgestockt. Damit liegen die deutschen Exporteure deutlich über dem europäischen Durchschnitt.
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