Was motiviert Logistiker?

Redaktion (allg.)

LOGISTIK HEUTE und Europhia Consulting befragten gemeinsam mit weiteren Partnern über 1.000 Logistiker weltweit zu ihrer Karrieremotivation. Lesen Sie im ersten Teil der Logistik-HR-Umfragenreihe, welche Kriterien für Arbeitnehmer bei der Karriereentscheidung ausschlaggebend sind.
Was veranlasst Arbeitnehmer, über einen Firmenwechsel nachzudenken? Was motiviert sie, sich für ein Unternehmen zu entscheiden, langfristig in einer Organisation zu bleiben oder eine Stelle zu kündigen? Bestimmt das Gehalt die Karriereentscheidung? Antworten liefert eine globale Umfrage zur Karrieremotivation, die LOGISTIK HEUTE gemeinsam mit Europhia Consulting und weiteren Partnern durchführte.


Überlegungen bei der Wahl eines zukünftigen Arbeitgebers

Logistik- und Supply-Chain-Fachkräfte identifizieren Karrieremöglichkeiten als ausschlaggebendes Kriterium bei einer Karriereentscheidung. Gehälter spielen weiterhin eine wichtige Rolle, jedoch ist ein attraktives Gehalt allein nicht ausreichend, um Arbeitnehmer zu gewinnen oder zu halten.
Die folgende Abbildung zeigt die Hauptgründe für Arbeitnehmer, sich für ein bestimmtes Unternehmen zu entscheiden. Diese Informationen können Unternehmen helfen, erfolgreiche Maßnahmen für die Gewinnung von Arbeitnehmern im heutigen durch Nachfrageüberschuss gekennzeichneten Arbeitsmarkt zu identifizieren. Länderübergreifend zeigt sich deutlich, dass Arbeitnehmer stärker durch das Angebot an Karrieremöglichkeiten motiviert werden, sich für ein Unternehmen zu entscheiden, als durch die Vergütung.


Dies ist eine Möglichkeit für Unternehmen ihre Attraktivität im Arbeitsmarkt zu steigern, indem sie Mitarbeiterentwicklung stärker in den Mittelpunkt rücken und dies auch nach außen kommunizieren. Im deutschsprachigen Raum zeigt sich ein ähnliches Bild. Karrieremöglichkeiten werden am häufigsten als Grund für die Wahl des derzeitigen Unternehmens genannt, Vergütung kommt erst an zweiter Stelle. Im Gegensatz zum europäischen Durchschnitt und auch zu Asien und Amerika scheint für Logistiker in Deutschland die Internationalität des Unternehmens eine relativ große Rolle zu spielen.
Für Hochschulabsolventen, die an der Umfrage teilnahmen, spielt die Vergütung noch weniger eine Rolle als für Arbeitnehmer in Logistik- und Produktionsunternehmen. Absolventen lassen sich hauptsächlich dazu bewegen, bei einem bestimmten Unternehmen anzufangen, wenn Trainings- und Entwicklungsmaßnahmen (51 Prozent) angeboten werden und es gute Karriereaussichten im Unternehmen (65 Prozent) gibt. Folglich stellt das Angebot spezieller Trainingsprogramme für Absolventen/Nachwuchskräfte einen Weg dar, diese Zielgruppe erfolgreicher anzusprechen und für ein Unternehmen zu überzeugen. Die heutigen Nachwuchskräfte haben andere Ansichten und Erwartungen an Arbeit und Karriere als ältere Generationen. Um als Arbeitgeber für Nachwuchskräfte in der Branche attraktiv zu bleiben, müssen Unternehmen herausfinden, was diese wichtige Gruppe potenzieller Arbeitnehmer von ihrem zukünftigen Arbeitgeber erwartet.


Auswahlprozess ist wichtig

Über 80 Prozent der Arbeitnehmer weltweit geben an, dass der Auswahlprozess als Teil des Recruitments einen erheblichen Einfluss auf ihre Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen hat. Im deutschsprachigen Raum sind es sogar über 90 Prozent. Während die Länge des Auswahlprozesses – von der schriftlichen Bewerbung bis zum Unterzeichnen des Arbeitsvertrags – sich nicht als bedeutender Einflussfaktor herausgestellt hat, haben andere Aspekte, wie beispielsweise die Atmosphäre in Vorstellungsgesprächen und der Eindruck der Firmenrepräsentanten auf die Bewerber, einen signifikanten Einfluss auf die Entscheidung potenzieller Arbeitnehmer. Darüber hinaus wollen Bewerber während des Auswahlprozesses klar über die mögliche persönliche Entwicklung im Unternehmen informiert werden. Ist dies nicht gegeben, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich gegen das Unternehmen entscheiden.
Laut Europhia’s Internationaler Recruitment und Trainings Studie (2007) bedarf es in vielen Unternehmen einer Verbesserung der Personalauswahlprozesse. Die Wahrnehmung eines Unternehmens durch Bewerber und Nachwuchskräfte, die vor ihrem nächsten/ersten Karriereschritt stehen, ist gerade in dem heutigen engen Arbeitsmarkt von großer Bedeutung, da sich Arbeitnehmer für die besten Arbeitgeber im Markt entscheiden. Unternehmen können ihr Image im Arbeitsmarkt verbessern, in dem sie damit beginnen, ihren Auswahlprozess zu evaluieren und den Eindruck, den sie im Laufe dieses Prozesses auf Bewerber machen, zu analysieren.


Was motiviert zu langfristigen Beschäftigungsverhältnissen

Die Mehrheit der Arbeitnehmer in der Logistik und Supply Chain Branche weltweit (70 Prozent) sind entweder nicht sicher, ob sie langfristig bei ihrem derzeitigen Arbeitgeber bleiben möchten oder haben sich bereits entschieden, das Unternehmen zu wechseln. Im deutschsprachigen Raum geben 32 Prozent der Arbeitnehmer an, das Unternehmen wechseln zu wollen, weitere 37 Prozent sind unsicher, ob sie langfristig bei ihrem Unternehmen bleiben werden. Dies ist einer der Hauptaspekte, der Unternehmen in der Branche Sorgen bereiten und sie zum Handeln bewegen sollte. Es wird deutlich, dass Arbeitnehmerfluktuation weiterhin eine der größten Schwierigkeiten darstellt, denen Unternehmen gegenüberstehen.
Unzufriedenheit mit der Vergütung wird häufig als Entschuldigung für hohe Mitarbeiterfluktuation genutzt. Das Gehalt allein ist jedoch nur sehr selten der Grund für einen Arbeitnehmer, sein Unternehmen zu verlassen. Es stellt sich die Frage: Welche weiteren Faktoren müssen im Arbeitsumfeld gegeben sein, damit Mitarbeiter sich gewertschätzt und respektiert fühlen und schliesslich im Unternehmen bleiben?
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Neben Karrieremöglichkeiten motivieren sowohl die Anerkennung erbrachter Leistungen durch das Management als auch ein gutes Verhältnis zu Kollegen Arbeitnehmer, in ihrem derzeitigen Unternehmen zu bleiben. Im deutschsprachigen Raum scheint die Vergütung von größerer Bedeutung zu sein als im europäischen Durchschnitt. Es zeigt sich jedoch, dass Karrieremöglichkeiten fast ebenso bedeutsam sind. Darüber hinaus spielt Anerkennung erbrachter Leistungen auch hier eine entscheidende Rolle für die Motivation von Arbeitnehmern, im derzeitigen Unternehmen zu bleiben.
Obwohl Anerkennung für erbrachte Leistung ein so entscheidender Faktor ist, wenn es darum geht, Mitarbeiter im Unternehmen zu halten, berichten 50 Prozent der Logistiker weltweit und sogar 69 Prozent der Logistiker im deutschsprachigen Raum, dass ihre Leistungen vom Management nicht anerkannt werden. Des Weiteren fehlen laut der Umfrageergebnisse in allen drei betrachteten Regionen Asien, Europa und Amerika klar strukturierte Personalentwicklungspläne. Im deutschsprachigen Raum wird dies von 89 Prozent bemängelt. Folglich überrascht es nicht, dass mehr als zwei Drittel der Arbeitnehmer in Betracht ziehen, das Unternehmen zu wechseln.


Arbeitszufriedenheit

Eine sehr bedenkliche Entwicklung zeigt sich beim Thema Arbeitszufriedenheit. Laut der Umfrageergebnisse sind länderübergreifend 42 Prozent der Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitgeber unzufrieden. Dies verdeutlicht noch mehr, warum ein so großer Anteil der Arbeitnehmer darüber nachdenkt, das Unternehmen zu wechseln.
Es konnten verschiedene Faktoren identifiziert werden, die die Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber beeinflussen (siehe Abbildung). All diese Aspekte hängen direkt mit Zufriedenheit zusammen und bestimmen daher, ob ein Mitarbeiter motiviert ist, bei seinem derzeitigen Unternehmen zu bleiben. Je mehr Wertschätzung und Respekt Mitarbeitern entgegengebracht werden, desto zufriedener sind sie mit ihrem Arbeitgeber, was wiederum die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sie langfristig bei ihrem jeweiligen Unternehmen bleiben.

Es zeigt sich immer häufiger, dass weiche, persönlichere Faktoren, wie das Verhältnis zu Kollegen oder Vorgesetzten, Unterstützung im Arbeitsumfeld und Wertschätzung, die Zufriedenheit von Mitarbeitern stärker beeinflussen als harte Faktoren, wie z.B. Vergütung. Wenn Mitarbeiter sich in ihrem Arbeitsumfeld wohl fühlen, wenn sie glücklich und zufrieden sind, werden sie es sich zweimal überlegen, bevor sie ihr Unternehmen verlassen und in einem neuen und unbekannten Umfeld neu anfangen. Die gute Nachricht für Unternehmen ist, dass es keine hohen Kosten verursacht, ein solches Umfeld zu schaffen, dies aber einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Zufriedenheit der Mitarbeiter hat.

Aufsteigen oder Aussteigen

Wenn man Arbeitnehmer fragt, was aus ihrer Sicht die Hauptgründe für eine Kündigung wären, werden am häufigsten fehlende Karrieremöglichkeiten, Unzufriedenheit mit dem Aufgabenbereich sowie fehlende Herausforderungen genannt. Es lässt sich schlussfolgern, dass die Motivation, das Unternehmen zu verlassen, hauptsächlich von Aspekten beeinflusst wird, die mit dem Arbeits- und Aufgabenbereich zusammenhängen. Arbeitnehmer in der Logistik steigen entweder auf oder sie steigen aus. Werden sie nicht genug gefordert, sehen sie nicht genügend Möglichkeiten, sich in dem Unternehmen zu entwickeln und aufzusteigen oder erweitert sich ihr Aufgabenbereich nicht über die Zeit oder mit gezeigter Leistung, dann werden sie den Drang spüren, das Unternehmen zu verlassen.

Dies zeigt, dass es für Unternehmen im Logistikbereich von großer Bedeutung ist, einen klaren Personalentwicklungsplan für alle Mitarbeiter zu haben und regelmäßig Evaluationsgespräche anzubieten, um sowohl die weitere Entwicklung des Mitarbeiters als auch dessen Zufriedenheit zu besprechen und gegebenenfalls geeignete Maßnahmen folgen zu lassen. Gespräche mit Mitarbeitern über deren Zufriedenheit, über eine mögliche Verbesserung der täglichen Arbeit sowie über das Unternehmen allgemein führen zu einem gesteigerten Gefühl der Wertschätzung und Anerkennung und werden sehr wahrscheinlich in zusätzlichem Commitment sowie gesteigerter Loyalität dem Unternehmen/Management gegenüber resultieren.


Mitarbeiter gewinnen und halten

Was also müssen Unternehmen in der Logistikbranche auf Grundlage der Umfrageergebnisse bieten, um in dem heutigen, engen Arbeitsmarkt Mitarbeiter erfolgreich gewinnen und halten zu können? Klare Entwicklungspläne, die langfristige Karrieremöglichkeiten und -aussichten im Unternehmen aufzeigen sowie Wege, diese zu erreichen, sind von großer Bedeutung. Angebotene Trainingsprogramme müssen auf diese Entwicklungspläne abgestimmt sein, um sicherzustellen, dass Mitarbeiter die für ihre Entwicklung im Unternehmen nötigen Fähigkeiten erwerben. Des Weiteren sollte sichergestellt werden, dass Mitarbeiter jederzeit ausreichend gefordert sind.
Darüber hinaus ist ein angenehmes Arbeitsumfeld entscheidend dafür, Mitarbeiter im Unternehmen zu halten. Daher sollten gegenseitiger Respekt, Unterstützung, Anerkennung von Leistung sowie Anerkennung der Beiträge jedes einzelnen Teil der Kultur eines Unternehmens sein. Das Management sollte positive Interaktion zwischen Mitarbeitern fördern, indem Mitarbeitern Raum gegeben wird, sich auf persönlicher Ebene kennen zu lernen und Teambuilding-Aktivitäten durchzuführen. Hin und wieder eine Freizeitaktivität und ein jährlicher Firmenausflug sind nicht genug, um das Ziel zu erreichen. Die Entwicklung klarer Personalstrategien, die konsequent implementiert und verfolgt werden, ist entscheidend für den Unternehmenserfolg. Denn auf diese Weise können Unternehmen ihre Attraktivität im Arbeitsmarkt steigern und folglich leichter Mitarbeiter gewinnen und halten.
Das Gehalt alleine kann weder die Attraktivität eines Arbeitgebers für potenzielle Arbeitnehmer sicherstellen, noch Mitarbeiter langfristig im Unternehmen halten. Dies ist eine gute Nachricht für Arbeitgeber, denn es bedeutet, dass sie die Wahrnehmung des Unternehmens aus Sicht von Arbeitnehmern verbessern können, ohne dadurch gleichzeitig die Personalkosten steigern zu müssen.


Arbeitgeber der Wahl

Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource eines Unternehmens. Um sicherzustellen, dass ein Unternehmen das Image eines „Arbeitgebers der Wahl“ bekommt und dass die besonderen Merkmale der Unternehmenskultur an potenzielle Arbeitnehmer kommuniziert werden, sollte das Personalmarketing stärker fokussiert werden. In den Worten von Eelco Dijkstra, Geschäftsführer von Europhia Consulting: „In den neunziger Jahren war das Schlagwort Employability, was ausdrückte, dass Arbeitnehmer sich besser mit relevanten Fähigkeiten und Erfahrung rüsten müssen, um im Arbeitsmarkt bestehen zu können. Heute steht die Employerbility im Vordergrund, das heißt der Arbeitgeber muss aktiver werden, um sich richtig im Arbeitsmarkt zu positionieren. Unternehmen sollten Zeit und Anstrengung aufbringen, um ihr Personalmanagement und ihre Personalstrategien zu verbessern. Auf diese Weise können sie sicherstellen, dass sie als ‚Arbeitgeber der Wahl’ gesehen werden.“
Das nächste Umfragenmodul in Europhia’s Globaler Umfragenreihe 2007/2008 wird sich um die Frage: ‚Was zeichnet einen Top Arbeitgeber aus?’ drehen. Untersucht wird, welche Attribute ein Arbeitgeber haben muss, um zum Arbeitgeber der Wahl zu werden.

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