Kreislauffähiges Bauen nach Cradle-to-Cradle reduziert Müllaufkommen: Wiederverwertbare Immobilie

Nachhaltigkeit wird bei Logistikimmobilien immer wichtiger. Der „CradletoCradle“-Ansatz wird daher jetzt auch auf ein neues Distributionszentrum übertragen.

So wird das„New European Distribution Center“ von Levi Strauss im Industriepark „Große Heide Wulfen“ in Dorsten einmal aussehen. Bild: Delta_Quadrant4
So wird das„New European Distribution Center“ von Levi Strauss im Industriepark „Große Heide Wulfen“ in Dorsten einmal aussehen. Bild: Delta_Quadrant4
Redaktion (allg.)
Kreislaufwirtschaft

Nicht nur Strohhalme oder Plastiktüten verursachen Müll –mehr als die Hälfte des Abfallaufkommens machen Bau- und Abbruchabfälle aus: „Ein erheblicher Teil davon fällt sogar in giftiger Form an. Ich sehe die Bau- und Immobilienbranche deshalb in einer ganz besonderen Verantwortung“, erklärt Janine Zimmermann, Head of Logistics beim Immobilienentwickler Drees & Sommer, im Gespräch mit LOGISTIK HEUTE (siehe Nachgefragt S. 25). „Kreislauffähiges Bauen nach CradletoCradle bedeutet, die in den Gebäuden gebundenen Rohstoffe in Zukunft so auszuwählen, dass sie am Ende der Nutzungszeit wieder als Ausgangsstoff für neue Projekte dienen.“

„CradletoCradle“ (C2C) ist ein nachhaltiger Ansatz, der auf Prof. Dr. Michael Braungart und William McDonough zurückgeht. Der Ansatz überträgt den Kreislaufgedanken aus der Natur, die Kernidee ist simpel: Es wird genutzt, was schon besteht – und zwar immer wieder. Der Aspekt der Wiederverwertung wird in Bezug auf Immobilien ergänzt durch nachhaltiges Energiemanagement, E-Mobilitätskonzepte und Serviceangebote. Das C2C-Prinzip hat als Ziel, Produkte, Materialien, Prozesse, Gebäude und ganze Städte so auszurichten, dass sie eine positive Wirkung auf Umwelt und Mensch haben (s. LOGISTIK HEUTE 1-2/2012)

Materialkreislauf beachten

Als Vorreiterprojekt in der Immobilienbranche gilt „The Cradle“ im Düsseldorfer Medienhafen: Der von Interboden in Zusammenarbeit mit HPP Architekten entwickelte Holzhybrid ist das erste weitgehend wiederverwertbare oder recycelbare Bürogebäude Nordrhein-Westfalens, so heißt es in einer Interboden-Pressemeldung. Das wohl markanteste Merkmal des Projekts ist der nachwachsende Rohstoff Holz, der bei The Cradle zu einem großen Teil endliche Rohstoffe wie Beton oder Kunststoff ersetzt. Der Vorteil: Im Gegensatz zu herkömmlichen Baumaterialien können Bestandteile wie Holz nach der Nutzungsdauer problemlos in den Materialkreislauf zurückgeführt und wiederverwertet werden. Zudem sei Holz gesundheitsfördernd, binde CO2 und optimiere das Raumklima.

Neben Holz sollen grüne Wände und Lehmwände sowie Methoden zur Klimaregulierung, Licht- und Luftverbesserung die Qualität der Arbeitsumgebung steigern. Der konsequente Verzicht auf schädliche Materialien sowie die Trennbarkeit und Wiederverwertbarkeit machen The Cradle zu einem Materiallager in Gebäudeform, das sich Rohstoffe lediglich für einen gewissen Zeitraum ausleiht.

The Cradle besitzt zudem einen „Material Passport“, in dem die verbauten Rohstoffe verzeichnet werden. Der digitale Ausweis dokumentiert dabei nicht nur, welches Bauteil an welcher Stelle zu welcher Zeit eingesetzt wurde, sondern auch, wann eine Erneuerung ansteht. Aber auch bei Logistikimmobilien ist der Ansatz bereits vertreten.

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Das „New European Distribution Center“ von Levis Strauss im Industriepark „Große Heide Wulfen“ in Dorsten im Ruhrgebiet soll einer Pressemitteilung des Projektentwicklers Delta zufolge das grünste Lager Deutschlands werden. Neben Bremer Bau als Generalunternehmer, dem Architektenteam von Quadrant4 und dem spezialisierten Investment und Vermögensverwalter ELREP ist auch Drees & Sommer an dem Projekt beteiligt. In Levis Logistiklager wurde Drees & Sommer NRW mit der Nachhaltigkeitskonzeption beauftragt. Mit der Logistikimmobilie „Positive Footprint Wearhouse“ realisiert der niederländische Projektentwickler Delta nach eigener Aussage die deutschlandweit erste Logistikfläche, die dem Nachhaltigkeitsanspruch „CradletoCradle“ entspricht.

C2C in der Logistik

Rund 70.000 Quadratmeter wird die neue Logistikimmobilie auf dem revitalisierten Bergbaustandort umfassen, die der Modemarke Levi Strauss ab 2023 für eine Mietdauer von 20 Jahren als Distributionszentrum dienen soll. Dabei zeichnet sich das Fulfillment Center vor allem durch den C2C-Ansatz aus. Ganz in diesem Sinne seien, wie Delta mitteilte, jegliche Baumaterialien des neuen Logistikzentrums auf Wiederverwertung ausgelegt und werden in einer Materialdatenbank erfasst. Am Ende der Nutzungsperiode ermögliche eine spezielle architektonische Verwendung die problemlose Trennung nach Materialtyp. Um die Luftqualität der Innenräume konstant hoch zu halten, werden Delta zufolge zudem ausschließlich schadstoffarme Materialien verwendet.

Melanie Wack

Nachgefragt bei Janine Zimmermann, Head of Logistics bei Drees & Sommer - „Gerade Logistikimmobilien sind prädestiniert für 
den C2C-Ansatz“

Abreißen und neu bauen – das führt bislang zu viel Schutt. Wie der Cradle-to-Cradle (C2C)-Ansatz weiterhelfen kann, erklärt Janine Zimmermann, Head of Logistics bei Drees & Sommer, im Gespräch mit LOGISTIK HEUTE.

LOGISTIK▶HEUTE◀: Was heißt CradletoCradle für Sie?

Janine Zimmermann: Bislang wird in der Praxis zwar ein Teil der Bauabfälle bereits wiederverwertet, meist aber nur in minderwertigerer Form. So wird der Schutt abgerissener Gebäude und aufgerissener Straßen vor allem zur Verfüllung verwendet – und wird damit zum Downcycling-Produkt. Kreislauffähiges Bauen nach Cradle to Cradle bedeutet hingegen, die in den Gebäuden gebundenen Rohstoffe in Zukunft so auszuwählen, dass sie am Ende der Nutzungszeit wieder als Ausgangsstoff für neue Projekte dienen. Bauteile und Materialien sind so Teil eines geschlossenen Kreislaufs und folgen dem Ideal einer abfallfreien Wirtschaft.

Wie setzen Sie bei Drees & Sommer das Cradle-to-Cradle-Konzept um?

Wir haben uns hierfür die EPEA Internationale Umweltforschung in Form einer Unternehmensbeteiligung ins Boot geholt. Dank des umfangreichen Materialwissens der EPEA-Kollegen können wir unsere Kunden zu kreislauffähigen Produkten umfangreich beraten. Unser Ziel ist, dass jedes Gebäude einen sogenannten Materialausweis bekommt, vergleichbar mit dem Energieausweis im privaten Hausbau.

Neben klassischen Immobilienprojekten setzen wir unser Materialwissen auch in anderen Branchen ein, beispielsweise im Textilsektor bei Lidl-Kleidungsstücken nach C2C oder in der Schiffsindustrie bei einem Forschungsprojekt zu emissionsarmen Brennstoffzellen.

Wie sehen Sie die Entwicklung für C2C in der Logistikimmobilienbranche?

Gerade Logistikimmobilien sind aus meiner Sicht prädestiniert für den C2C-Ansatz, da auf sich wiederholende Achsraster gleiche Materialien eingesetzt werden und mit einer effizienten Planung große Erfolge erzielt werden können. Gerade im Logistik- und Zuliefererbereich werden heute und künftig neue Anforderungen gestellt, um nachhaltiger zu werden, die bestens mit dem C2C-Ansatz beantwortet werden können.

Die Fragen stellte Melanie Wack.

 

 

 

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Artikel Kreislauffähiges Bauen nach Cradle-to-Cradle reduziert Müllaufkommen: Wiederverwertbare Immobilie
Seite 24 bis 25 | Rubrik PROGNOSEN