HOLM-Konferenz: Quantum Computing für Logistik und Mobilität: Logistik-IT: Anlauf zum Quantensprung

Quantenmechanik und Qubits gegen Zirruswolken und Travelling-Salesman-Problem: Die HOLM-Jahreskonferenz nahm Potenziale des Quantencomputings in den Fokus.

Quantencomputer nutzen für Berechnungen die Gesetze der Quantenmechanik. Bild: DP/AdobeStock
Quantencomputer nutzen für Berechnungen die Gesetze der Quantenmechanik. Bild: DP/AdobeStock
Therese Meitinger
IT

Konkretes für die Black Box: Die Jahreskonferenz des House of Logistics & Mobility (HOLM) verfolgte am 8. November in Frankfurt am Main eine ambitionierte Agenda. Unter dem Motto „Quantum Computing in Aviation, Logistik und Mobilität“ wollte die Konferenz, die in diesem Jahr auch online übertragen wurde, die Potenziale der Technologie für das Wirtschaftsfeld Logistik herausarbeiten. Für Frank Mattusch, Head of Innovation Management HOLM, nur ein folgerichtiges Unterfangen: Mit „Shor“, der sich zur Suche in extrem großen Datenbanken eigne, und „Grover“ zur Faktorisierung großer Zahlen böten sich etwa zwei etablierte Quantenalgorithmen besonders für logistische Problemstellungen an.

Die Komplexität quantenmechanischer Verfahren erläuterte Prof. Dr. Dr. Frank Leymann, Leiter des Instituts für Architektur von Anwendungssystemen (IAAS) an der Universität Stuttgart. „Daten liegen zum Beispiel zunächst als Quantenzustand vor; um sie verwerten zu können, muss man sie erst messen“, erläuterte Leymann. Um Qubits, also Zwei-Zustands-Quantensysteme, für konkrete IT-Anwendungen zu nutzen, ist viel Pre- und Post-Processing erforderlich. Für diese werden die „klassischen“ digitalen Computer benötigt. „Alle Quanten-Applikationen sind hybrid, man braucht immer einen Coprozessor“, schlussfolgerte Leymann.

Seine Kollegin, Dr. Johanna Barzen, Leitung Arbeitsbereich Quantum Computing & Digital Humanities am IAAS, stellte das Forschungsprojekt „PlanQK“ vor. „Wir wollen eine Plattform und ein Ökosystem für quantenunterstützte künstliche Intelligenz entwickeln“, so Barzen. An PlanQK beteiligen sich Anwenderunternehmen wie Experten für Quantenalgorithmen, Softwareentwickler wie Hardwareanbieter gleichermaßen. Der Fokus liegt dabei auf der Industrie – zu den Konsortialpartnern zählen etwa Trumpf, die Deutsche Telekom oder die Deutsche Bahn. Rund 30 Use Cases – beispielsweise zur Routenplanung oder Flugzeugnavigation – sind aktuell in Arbeit.

Bei Letzterer hat man bereits mehrere konkrete Handlungsfelder für Quantencomputer im Visier, wie Manfred Rieck, Vice President Individual Solution Deployment bei DB Systel, erläuterte. Quantencomputer könnten, so der Experte, Planungs- und Dispositionsprobleme erheblich schneller lösen als digitale Rechner. So ergibt sich ein Ansatz für das Problem des Handlungsreisenden, dem sich auch ICEs beziehungsweise die DB bei der Optimierung des Streckennetzes gegenübersehen: Es soll eine möglichst kurze Reise geplant werden, bei der alle Orte nur einmal besucht werden und die erste auch gleich die letzte Station ist. „Wenn die Errechnung einer Route bei klassischen Rechnern eine Nanosekunde beträgt, liegt die Zeit für die Berechnung aller 60.822.550.204.416.000 möglichen Routen für digitale Computer schon bei zwei Jahren“, schilderte Rieck. Doch die Deutsche Bahn verfügt über 154 ICE-Bahnhöfe und 289 ICEs.

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Weniger Zirruswolken

Für die „globale, hochkomplexe und in chaotischer Umgebung“ angesiedelte Luftfahrt stellte Oliver Hassa, Head of Real-timeSimulations bei der Deutschen Flugsicherung, mehrere Quantencomputing-Handlungsfelder vor. „Bei uns wird vieles noch regional optimiert, doch zur Optimierung des Luftverkehrssystems werden wir mehr Datenaustausch brauchen – allein schon was die Gewichtung einzelner Flüge im Gesamtsystem angeht“, sagte Hassa. Mit einem höheren Grad an Vernetzung lassen sich nach seinen Worten Verkehrsströme etwa so leiten, dass sie klimakritische Höhenbänder umfliegen. Das ist insofern relevant, als dass sich in diesen Zonen aus Kondensstreifen Zirruswolken entwickeln können – eine Wolkenart, die wesentlich zur Erderwärmung beiträgt. Würden die Zonen umflogen, so Hassa, entfalle das Risiko der Zirrenbildung – und Airlines könnten auf die Erreichung ihrer Klimaziele einzahlen.

Therese Meitinger

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Seite 47 | Rubrik PROGNOSEN