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Hochschulen: Keimzellen der Logistikforschung

Bereichsübergreifend an autonomen Transportdrohnen in der Produktion forschen oder zu Omnichannel-Modellen promovieren: Beides ist an der Technischen Hochschule Köln möglich.

Das Forschungsprojekt ProLAND beschäftigt sich mit dem Einsatz von Transportdrohnen in der Produktion. Bild: TH Köln
Das Forschungsprojekt ProLAND beschäftigt sich mit dem Einsatz von Transportdrohnen in der Produktion. Bild: TH Köln
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Therese Meitinger
Lehre

Wir sehen uns in der Wissenschaft als Active Citizens, suchen den Austausch und den Diskurs mit der Gesellschaft“, so beschreibt Prof. Dr. Stephan Freichel, Inhaber der Professur für Distributionslogistik am Institut für Produktion an der Fakultät für Fahrzeugsysteme und Produktion an der Technischen Hochschule Köln, den Anspruch des Instituts und der Hochschule. „An der TH Köln setzen wir auf einen interdisziplinären Ansatz. Gelebt wird das sowohl durch eine Vielzahl von Forschungskooperationen als auch im Rahmen von fakultätsübergreifenden Studiengängen, wie bei uns für Logistik als Bachelorprogramm sowie für Supply Chain and Operations Management als Masterprogramm gemeinsam mit dem Schmalenbach Institut für Wirtschaftswissenschaften.“

Dabei hat sich das Institut dem Rundumblick auf die bewegte Ware verschrieben: Neben der Distributionslogistik widmen sich Professuren auch der Beschaffungslogistik, Produktionslogistik, Entsorgungslogistik oder der Logistik-IT. Institutsgeschichtlich bedingt stehen dabei oft Fragen aus der Automobillogistik im Vordergrund.

Drohne im Testeinsatz

Wie der übergreifende Ansatz im konkreten Anwendungsfall aussehen kann, zeigt beispielsweise das Forschungsprojekt „ProLAND“: Freichel verantwortete es mit seinen TH Köln-Kollegen Prof. Dr. Christoph Zoller, der Prodekan für Forschung und Transfer an der Fakultät ist, und Prof. Dr. Franz-Josef Weiper, dessen Expertise vor allem in der Logistik-IT und der künstlichen Intelligenz liegt. Gemeinsam mit wissenschaftlichen Mitarbeitern entwickelten Freichel, Zoller und Weiper in dem durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE)geförderten Drittmittelprojekt ein Logistiksystem, das autonom navigierende Transportdrohnen verwendet. Es soll in der Produktionslogistik zum Einsatz kommen. „Der Hintergrund von ProLAND ist die zunehmende Komplexität innerhalb der Produktion, die einerseits den Platz für produktionsinhärente Logistikstrukturen einschränkt, andererseits flexible und schnelle Güterversorgung mit Kleinstgütermengen verlangt“, sagt Freichel.

Die Idee hinter dem Forschungsprojekt: Wenn auf dem Shopfloor kein Platz mehr bleibt, um Güter über bodengebundene Transportsysteme wie FTS oder Flurförderzeuge bereitzustellen, muss man eben in den Luftraum „ausweichen“. Dieser ist schließlich bisher zumeist ungenutzt. Neben den rein technischen Aspekten des eigentlichen Drohnensystems wurden im Projektverlauf insbesondere auch prozessuale, ergonomische und ökonomische Gesichtspunkte erforscht. Am Ende sollte ein gesamtheitliches Logistiksystem stehen, welches das Team an der TH Köln zusammen mit den Projektpartnern, der Troisdorfer Tünkers-Nickel Systeme GmbH und der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen realisierte.

In dem Projekt „City in Motion“, das ebenfalls an der TH Köln angesiedelt war, stand hingegen die Entwicklung eines virtuellen Testfeldes für vernetzte Mobilität in innerstädtischen Verkehrsszenarien im Vordergrund. Ein weiteres Forschungsvorhaben liegt im Lehrforschungsprojekt „KARL“ das sich einem autonomen Annahmesystem widmet.

In der Forschung von Freichel und seinen Kollegen im Logistik-Team geht es häufig darum, die Potenziale vonkünstlicher Intelligenz zu nutzen. Wie können beispielsweise Chatbots auf Basis von Machine Learning automatisiert elektronische Lieferscheine bearbeiten? Wie kann KI die Absatzplanung und damit das Sales and Operations Planning unterstützen? Welche Rolle kann automatisierte Bilderkennung in diesem Szenario spielen? Schließlich waren die zahlreichen Abschlussarbeiten und Projekte zu Themen der künstlichen Intelligenz in Kooperation mit der Industrie ausschlaggebend für den „Hochschulpreis des BMVI zum Thema KI in der Logistik“.

„Keimzellen für die anwendungsorientierte Forschung entwickeln, auf die Berufsbilder der Zukunft vorbereiten und Transfer von und in die Praxis“, ist für Freichel Motivation für sein Engagement als Professor. Forschung beginnt dabei bereits in der forschenden Lehre, die Teil der DNA der Studiengänge ist. Neben seiner Lehrtätigkeit berät der Wissenschaftler, der früher auch langjährige Erfahrungen in der Industrie bei GM, Merck sowie in der Geschäftsführung beziehungsweise im Vorstand bei Sachs/ZF und Microlog/Logwin sammelte, Unternehmen in Fragen der Strategie, Geschäftsentwicklung und Logistik. Aktuell im Mittelpunkt der Forschungen steht das Thema Supply Chain Visibility und Resilienz.

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Flexible Logistik

Ein Forschungsschwerpunkt lag für Stephan Freichel und sein Team zuletzt in der Logistik für Omnichannel-Geschäftsmodelle. „Viele Unternehmen tun sich nach wie vor schwer damit, Konzepte zu entwickeln, die sowohl den Bedürfnissen des stationären Handels als auch den Erfordernissen des E-Commerce gerecht werden.“ Oftmals lägen die Fähigkeiten und Schwerpunkte entweder auf dem stationären oder dem Onlinegeschäft. Das nahtlose Zusammenspiel von Produktauswahl, Kauf, Lieferung, Rückgabe, bis hin zum Aftersales Service über beide Kanäle prägt hingegen die Erwartungshaltung vieler Kunden und damit die Anforderungen an Logistik und Supply Chain Management. „Schon bei der Rückgabe beziehungsweise dem Umtausch zeigen sich die Knackpunkte in der IT wie auch der operativen Abwicklung“, so Freichel. Situativ zu betrachten sei dabei auch die Frage des Integrationsgrades der Logistik oder Supply Chain für online und stationäres Geschäft.

Den Themenkomplex verfolgt Freichel nicht allein, sondern in Zusammenarbeit mit seinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Johannes Wörtge, dessen Arbeit zum Thema Omnichannel-Logistik derzeit im Rahmen eines Promotionsverfahrens begutachtet wird, das Freichel gemeinsam mit seinem Kollegen Markus Pütz sowie Kollegen an der Bergischen Universität Wuppertal betreut. „Möglich macht dies eine gelungene intra- und interorganisatorische Zusammenarbeit sowie vor allem die Begeisterung und das Bestreben unseres ehemaligen Masteranden und wissenschaftlichen Mitarbeiters, der heute in einer Unternehmensberatung für den Handel tätig ist.“

Dass man auch an Hochschulen in verschiedenen Konstellationen promovieren könne, sei vielen nicht bekannt, aber mittlerweile kein Ausnahmefall mehr. Denn „Logistikforschung findet heute genauso an den Hochschulen beziehungsweise Universities of Applied Sciences wie an den klassischen Universitäten statt. Vom Anspruch her gibt es mittlerweile kaum Unterschiede mehr“, ist der Kölner Professurinhaber für Distributionslogistik überzeugt. „Und das sehe ich gleichermaßen für die anwendungs- beziehungsweise praxisorientierte Forschung – im Grunde das Kerngeschäft gerade der Technischen Hochschulen –, die sich an den im Kern auf Grundlagenforschung ausgerichteten Universitäten findet.“

Therese Meitinger

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Artikel Hochschulen: Keimzellen der Logistikforschung
Seite 22 bis 23 | Rubrik PROFILE
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