SCM: Kundenzufriedenheit als Maßstab

Der auf Unterhaltungselektronik spezialisierte Händler MediaMarktSaturn hat eine Omnichannel-Plattform geschaffen und sich damit um den Supply Chain Management Award 2022 beworben. Worauf der Retailer bei der Konzeption besonderen Wert gelegt hat.

Joeri Kuik (li.) und Bart Op ‘t Veld stellten das Projekt im Rahmen der Pitches zu den Supply Chain Awards 2022 im November vergangenen Jahres in Frankfurt vor. Bild: Mario Andreya
Joeri Kuik (li.) und Bart Op ‘t Veld stellten das Projekt im Rahmen der Pitches zu den Supply Chain Awards 2022 im November vergangenen Jahres in Frankfurt vor. Bild: Mario Andreya
Sandra Lehmann
Konsumgüter

Beim Elektrogeräteanbieter MediaMarktSaturn war es eine zentrale Frage, wo Lieferanten produzierten und wie man deren Waren am effektivsten in die Distributionszentren des Einzelhändlers und von dort in die Märkte brachte – genauso wie bei vielen Wettbewerbern auch. Seit 2019 steht für den Einzelhändler jedoch jemand anderer im Fokus, wenn es um die eigene Supply Chain und die operative Logistik geht: der Kunde.

„Die Kundenzufriedenheit hat für uns höchste Priorität. Das bedeutet zum einen, dass wir auf die Qualität unserer Produkte achten und zum anderen, dass wir bestmöglichen Service bieten möchten“, erklärt Joeri Kuik, President Supply Chain Management bei der MediaMarktSaturn Retail Group, im Gespräch mit LOGISTIK HEUTE. „Das heißt für uns in erster Linie, unseren Kunden eine möglichst große Vielfalt an Einkaufs- und Lieferoptionen zu bieten. Vom Erwerb der Produkte in unseren Märkten über den Onlineeinkauf und die Abholung der online bestellten Ware bis hin zur Retoure. Es gibt vielfältige Kombinationen dieser Möglichkeiten“, so Kuik weiter.

Genaues Zeitfenster

Damit verbunden ist dem Supply-Chain-Experten zufolge eine Auswahl der Liefergeschwindigkeit. So könnten Kunden in ersten europäischen Ländern ihre Waren innerhalb weniger Stunden als Expresssendung oder noch am Abend des Bestelltages als Same-Day-Lieferung erhalten. Wer mehr Wert auf den CO2-Fußabdruck einer Sendung legt, könne eine umweltfreundliche Option von mehreren Tagen wählen, bei der Lieferungen gebündelt werden. „Perspektivisch möchten wir in allen unseren Ländern zusätzlich anbieten, dass Kunden ihre Bestellungen an einem Wunschort zu einer Wunschzeit erhalten können – mit genauem Zeitfenster“, sagt Kuik.

Diese Ziele umzusetzen, erforderte die Veränderung der logistischen Strukturen des Anbieters sowie des Supply-Chain-Netzwerks. „Wir richten uns nun nach den Touchpoints aus, die unsere Kunden nutzen, und an den damit verbundenen Bestell- und Lieferwegen. Das erfordert eine grundsätzlich andere operative Infrastruktur“, erläutert der Supply-Chain-Verantwortliche. Deshalb war es Teil des Change-Prozesses, eine zentrale Omnichannel-Plattform aufzubauen, über die alle Logistikprozesse des Elektronikanbieters gesteuert werden und die in allen Märkten des Unternehmens funktioniert. Eine Lösung, mit der der Ingolstädter Händler als Finalist ins Rennen um den Supply Chain Management Award 2022 ging, der im Rahmen der Supply Chain Awards auch 2023 wieder von LOGISTIK HEUTE, PwC sowie Strategy& vergeben wird.

„Größter Unterschied zum vorherigen Modell war die neue zentrale Steuerung aller Supply-Chain-Prozesse sowie die enge Verzahnung von stationärem und Onlinehandel. Statt diese Geschäftszweige wie zuvor getrennt und über verschiedene Warehouse-Management-Systeme sowie Lagerbestände abzuwickeln, gibt es jetzt nur noch eine Plattform für alles. Aus unseren Distributionszentren werden folglich die Märkte und unsere Online- beziehungsweise Omnichannel-Kunden bedient“, sagt Kuik. Zudem sollten bestimmte Waren nicht mehr länderweise distribuiert werden, sondern nach Regionen, um die eigene Lieferkette schlanker aufzustellen. „Ein Beispiel dafür sind Mobiltelefone. Dieselben Modelle gehen hier in viele Länder und werden erst dann durch entsprechende Software konfiguriert. Eine grenzübergreifende Supply Chain macht hier also viel mehr Sinn.“

Zusätzlich nahm MediaMarktSaturn beim Aufbau der Plattform die Belieferung urbaner Räume in den Blick. Denn dort liegen dem Unternehmen zufolge die meisten Kunden-Touchpoints. Statt nur auf nationaler Ebene zu denken, fokussiert sich der Händler nun auf große Metropolen und deren Umland – sogenannte Geozones. „Auf diese Weise können wir unser Ziel, möglichst viele Bestell- und Lieferoptionen anzubieten und damit die Kundenbindung zu stärken, viel besser erreichen“, so Kuik.

Aber nicht nur die passende Strategie war für MediaMarktSaturn auf dem Weg zur Umsetzung der Plattform entscheidend, auch kultureller Wandel im Unternehmen und der kreative Umgang mit Krisensituationen spielten eine Rolle. „Wir hatten uns mit Beginn des Projekts unter anderem zum Ziel gesetzt, anders mit Fehlern umzugehen. Es ist okay, wenn etwas schiefgeht, wichtig ist, dass man Herausforderungen im Team löst. Wieviel Energie das bei Mitarbeitern freisetzt und was sich dadurch alles bewegen lässt, haben wir kurz darauf während der Coronapandemie gelernt“, berichtet Kuik. Von einem Tag auf den anderen mussten in Zeiten der Lockdowns und der Einschränkungen öffentlichen Lebens die Kunden des Unternehmens aus den Märkten heraus beliefert werden. „Die Ware war bereits dort und konnte nicht einfach wieder zurück in die Logistikzentren geschickt werden. Deshalb mussten wir in ziemlich kurzer Zeit aus unseren Shops Micro-Fulfillment-Center machen. Ohne motivierte Mitarbeiter und Dienstleister, die geholfen haben, unser Konzept umzusetzen, wäre das nicht möglich gewesen.“

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Das habe dem gesamten Supply-Chain-Team Selbstvertrauen und Auftrieb gegeben, sagt Kuik. In diesem Sinne konnte MediaMarktSaturn auch bezüglich des Aufbaus der Omnichannel-Plattform bereits Erfolge erzielen. „In den Märkten, in denen das Programm live ist, konnten wir die Warenverfügbarkeit erhöhen und gleichzeitig unsere Logistikstrukturen verschlanken. Wir bieten heute mehr Service, halten aber die Kosten für Sales und Supply Chain konstant“, erläutert der Operations-Experte.

Gewinnen war zweitrangig

Auf diesen Fortschritten möchte sich der Händler jedoch nicht ausruhen. Das sei auch der Grund gewesen, sich um den Supply Chain Management Award 2022 zu bewerben, wie Kuik betont. Man sei nicht angetreten, um unbedingt zu gewinnen, sondern eher, um sich mit anderen zu messen und Feedback für das eigene Konzept zu erhalten.

„Wir wollten wissen, wo wir stehen und woran wir noch arbeiten müssen. Darüber haben wir innerhalb des Bewerbungsprozesses Aufschluss erhalten. Wir wissen heute, dass wir auf dem richtigen Weg sind und vor allem bei der technischen Umsetzung der Plattform sehr gute Arbeit geleistet haben. Wir sehen aber durch das Feedback der Jury auch, dass wir den Punkt der Kundenzufriedenheit noch mehr in den Fokus nehmen müssen.“

Sandra Lehmann

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Seite 28 bis 0 | Rubrik PROFILE