Buchtipps für Logistiker
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Prof. Dr. Markus Schneider steht am Ende von Planspielen und Workshops in der hauseigenen Muster- und Lernfabrik gern dort, wo man auf der 900 Quadratmeter großen Fläche einen guten Blick auf die einzelnen Abteilungen hat. „Dann kann ich Studierenden und Gästen aus Unternehmen noch einmal zeigen, wie Produktionslogistik mit verschiedenen Ansatzpunkten und für unterschiedliche Bedürfnisse aussehen kann“, erläutert der Leiter des Technologiezentrums Produktions- und Logistiksysteme (TZ PULS) in Dingolfingin Niederbayern. Die Musterfabrik ist das Herzstück des 2016 an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Landshut gegründeten TZ PULS und bietet Interessierten die Möglichkeit, Logistikprozesse aus dem Low-Tech-und Low-Cost-Bereich, Produktionslogistik mit technologischer Unterstützung von künstlicher Intelligenz und digitalen Zwillingen sowie robotikgestützte Abläufe für die Fertigung selbst auszuprobieren und die Zukunft der Fabrikplanung zu erkunden.
Unterschiede erfassen
„Wir gehen in der Regel so vor, dass unsere Teilnehmer Prozesse mehrfach selbst steuern und innerhalb der einzelnen Abläufe immer wieder einen Parameter verändern und wahrnehmen, mit welchen Mitteln man Produktionslogistikprozesse optimieren kann. Zudem können Unterschiede bezüglich der eingesetzten Technologien eruiert werden“, so der Wissenschaftler. Dazu wird sowohl in der „Lean Factory“ der Musterfabrik als auch in der „Smart Factory“ auf der jeweils gleichen Fläche dasselbe Produkt gefertigt – allerdings mit unterschiedlichen Mitteln und Vorgaben. „In der Smart Factory haben wir einen viel höheren Technologieeinsatz, etwa durch künstliche Intelligenz, sowie andere Anforderungen. Wir simulieren dort, wie man mit demselben Personaleinsatz den Output verdoppelt und die Varianz um das Sechsfache steigert. Durch die Unterschiede soll klar werden, was man mit Technologie erreichen kann“, erklärt Schneider.
Der praxisnahe Einblick in produktionslogistische Abläufe soll insbesondere regionale Unternehmen dabei unterstützen, in Deutschland wettbewerbsfähig zu fertigen. „Wir haben ja an unseren Produktionsstandorten mit mehreren Herausforderungen gleichzeitig zu kämpfen: Die Steuerlast sowie die Arbeits- und die Energiekosten sind in der Bundesrepublik vergleichsweise hoch. Hinzu kommt, dass Logistikflächen sehr teuer und vor allem knapp sind. Das bedeutet, dass die Produktion in Deutschland smarter werden muss, um diese Einschränkungen auszugleichen.“ Im Fokus steht dabei für den Forscher, die Produktivität in der Logistik zu steigern. Hier liegen aus Schneiders Sicht noch erhebliche Potenziale, die mithilfe wissenschaftlicher Unterstützung aufgedeckt werden können.
„Wir haben uns beispielsweise, was das Thema Automatisierung anbelangt, viele Jahre vor allem auf den reinen Produktionsprozess beschränkt und die Logistik außen vor gelassen. Für die Fabrik der Zukunft ist es aber sehr wichtig, Fertigung und logistische Abläufe zusammenzudenken.“ Dabei orientiert sich der Forscher gemeinsam mit seinem Team an den aktuellen Problemen der Fertigungslogistik und versucht diese zu lösen. „Wir beschäftigen uns also mit der Frage, wie Produktionskosten gesenkt werden können oder wie man auf gleichbleibendem Raum den Durchsatz erhöhen kann, statt immer mehr Flächen zu versiegeln“, so Schneider.
Dazu widmet man sich am TZ PULS vor allem den drei Dimensionen der Fabrikplanung: Mensch, Prozess sowie Technologie und wie man diese in einen sinnstiftenden Zusammenhang bringt. Verknüpft sei das mit den Fragen, welche Technologien helfen Prozesse zu verbessern beziehungsweise welche Technologien noch entwickelt werden müssen, um Abläufe zu optimieren. Der Mensch, dessen ist Schneider sich sicher, wird dabei immer Dreh- und Angelpunkt aller Lösungen bleiben. „Die menschenleere Fabrik wird es nicht geben, vielmehr werden beispielsweise automatisierte Systeme um die Mitarbeiter herum entstehen, um sie zu unterstützen“, sagt der Leiter des TZ-PULS.
Technologien wie künstliche Intelligenz und der digitale Zwilling, die am TZ PULS zu den Forschungsschwerpunkten zählen, sollen zusätzlich dazu beitragen, Produktionsstätten aus logistischer Sicht zukunftsfähig zu machen. Dabei ermögliche der Einsatz von KI etwa, Entscheidungswege von Mitarbeitern zu unterstützen. Mit dem digitalen Zwilling könnten Prozesse im Vorhinein durchgespielt und auf diese Weise die Fabrikplanung vereinfacht werden, so Schneider. „Beides spannende Instrumente, die zwar keine Revolution darstellen, aber eine erhebliche Verbesserung für die Produktionslogistik bringen und zusammen mit automatisierten Prozessen dazu beitragen, Herausforderungen wie dem Fachkräfte- und Flächenmangel zu begegnen.“
Nachhaltig motiviert
Dieses Ziel auch mithilfe von Forschung zu erreichen, ist es, was Schneider und sein zwölfköpfiges Team antreibt. „Die Produktionslogistik in Deutschland voranzubringen, ist essenzieller denn je. Wir werden unseren Wohlstand nur dann halten können, wenn wir weiter automatisieren und uns neuen Möglichkeiten öffnen. Dabei nachhaltig zu agieren und beispielsweise weniger Flächen zu verbrauchen, ist ein weiterer Motivator für uns.“
Dafür hat sich Schneider das passende Team zusammengestellt. „Ich lege großen Wert darauf, möglichst viel unterschiedliches Know-how in meiner Mannschaft zu bündeln. Es bringt ja nichts, wenn alle dasselbe können“, erläutert der Wissenschaftler. Deshalb gibt es Mitarbeiter, die sich etwa mit Robotik, Mechatronik, aber auch mit Psychologie auskennen und somit viele für die Fertigungslogistik relevante Themen abdecken können. Zusätzlich bietet das Technologiezentrum mit den beiden berufsbegleitenden Studiengängen „Prozessmanagement und Ressourceneffizienz“ sowie „Werteorientiertes Produktionsmanagement“ Führungskräften von morgen zwei Möglichkeiten, sich Fähigkeiten für zukünftige Logistikprozesse anzueignen.
Damit Erfahrungen, Erkenntnisse und Wissen aus dem Forschungsfeld Produktionslogistik erhalten bleiben, sind aus Schneiders Perspektive aber nicht nur wissenschaftliche Einrichtungen wie das TZ PULS gefragt. Auch die Politik müsse ihren Beitrag leisten, sagt der Professor für Logistik, Material- und Fertigungswirtschaft. „Momentan gibt es zu wenige Ausschreibungen im wissenschaftlichen Bereich und auch weniger Mittel als bislang. Ohne Drittmittel aber sind Forschungsräume wie der unsere nicht finanzierbar. Deshalb muss dringend etwas passieren, damit wir als Wissenschaftler weiter unseren Beitrag zu einer zukunftsfähigen Produktionslogistik leisten können und uns der Forschungsnachwuchs nicht ausgeht. Denn irgendwann schlägt sich dieser Mangel auch auf die Unternehmen durch“, so Schneider.
Sandra Lehmann
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