Lexikon der Logistik
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Mit dem Wunsch nach einer vereinfachten Frachtkostenbewertung fing beim Automobil- und Industriezulieferer Schaeffler vor gut zwei Jahren an, was heute ein einheitliches zentrales System darstellt, das alle relevanten Transportdaten des Unternehmens enthält. „Als wir den Transportation Data Cube,kurz TDC, konzipierten, haben wir zunächst an einen reinen Frachtkostenrechner gedacht“, sagt Christoph Strauß, SCM Digitalization bei Schaeffler. „Hauptaufgabe des Tools sollte es anfangs sein, Frachtkosten automatisiert berechnen zu können, um den bisherigen manuellen Aufwand, der hinter Ausschreibungen und Verträgen stand, minimieren zu können.“
Datenqualität erhöhen
Die Informationen für dieses Instrument stammen aus den Angebots- und Vertragsdaten, die Schaeffler von Partnern und Transportdienstleistern erhält. Diese Daten mussten erst aufbereitet werden. „Weil die Datenqualität oftmals nicht optimal war, haben wir zunächst eine Schlüssellogik entwickelt, um Informationen für unsere Zwecke nutzbar zu machen. Dabei fiel uns auf, dass wir mit diesem digitalen Werkzeug sehr viele zusätzliche Informationen aus den Datensätzen ableiten können“, erläutert Strauß im Gespräch mit LOGISTIK HEUTE. Dazu zählen neben Auskünften zur preislichen Entwicklung auch Informationen zum Transportnetzwerk von Schaeffler sowie zu dessen Auslastung. Aus dieser Erkenntnis entwickelte das Unternehmen ein System, das auf Knopfdruck die Anpassung an aktuelle Marktgegebenheiten, neue Tendereigenschaften oder Datenkonstrukte ermöglicht. „Wir haben im Transportation Data Cube sehr transparent alle Logiken und Anwendungsparameter hinterlegt und außerdem auf eine intuitive Nutzungsweise geachtet. Dadurch ist für die Verwendung des Systems keine besondere IT-Expertise notwendig. Jeder Mitarbeiter kann deshalb mit dem Tool arbeiten und Zeit sparen“, so Strauß weiter.
Viele zuvor manuelle Tätigkeiten, die zudem eine gewisse Sachkenntnis erforderten, seien nun automatisiert, was vor allem in Zeiten aufeinanderfolgender Krisen viele Vorteile biete, wie Enrico Schlick, Spezialist Global Provider Management bei Schaeffler, betont: „Die Coronapandemie oder auch die Blockade im Suezkanal hatten beispielsweise nicht nur große Auswirkungen auf Supply Chains, sie haben auch datentechnisch zu Veränderungen geführt, auf die wir reagieren mussten. So haben sich zum Beispiel in sehr kurzen Abständen Frachtraten, Zuschläge, Kapazitäten und Laufzeiten geändert. Das mussten auch wir in unseren Systemen abbilden können. Es wäre schlicht nicht möglich gewesen, dafür jedes Mal einen großen Umbau von Systemen in der IT anzustoßen. Mittels weniger Klicks Anpassungen vornehmen zu können, hat uns in diesen Situationen deshalb sehr geholfen.“
Aufgrund seiner einfachen Bedienbarkeit und der großen Anwendungsvielfalt hat der Transportation Data Cube inzwischen den Aufstieg zur Onlineplattform durchlaufen. „Andreas Schick, Vorstand Produktion, Supply Chain Management und Einkauf bei Schaeffler, vergleicht das System treffend mit einem Web-Reiseportal. Man gibt die relevanten Daten ein, also zum Beispiel, wohin man reisen möchte und was die Reise kosten darf, und bekommt dann binnen kurzer Zeit das passende Angebot präsentiert“, sagt Spezialist Network Design Christoph Strauß. „Der Unterschied ist lediglich, dass wir Frachten auf den Weg bringen.“
Doch nicht nur in Sachen Aufwand sei der Transportation Data Cube eine Erleichterung. Auch wenn es um die Optimierung und Resilienz des eigenen Netzwerks geht, bietet das Tool laut Strauß viele Vorteile. „Besser abwägen zu können, welche Frachtservices wir zu welchem Preis wo in Anspruch nehmen, trägt dazu bei, wirtschaftlich sinnvoller zu handeln und unsere Lieferketten stabil und nachhaltig zu gestalten“, sagt er. Alle Daten, die im TDC erfasst werden, ergeben einen digitalen Zwilling des Schaeffler Supply-Chain-Netzwerks,wodurch zum Beispiel Knotenpunkte besser ausgelastet werden können.
„Wir wissen nun automatisch, wo wir unterwegs sind, welche Routen besonders stark frequentiert werden und welche Strecken wir eventuell streichen können“, so Spezialist Global Provider Management Enrico Schlick. „Das Beste ist jedoch, dass dieser digitale Zwilling automatisiert und flexibel durch die Mitarbeitenden auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasst werden kann. Das bedeutet minimalen Aufwand für maximale Transparenz.“
Der TDC tauscht auch Daten mit weiteren Systemen aus. So liefert er zum Beispiel alle relevanten Knotenpunkte an das Risk Management, wodurch potenzielle Supply-Chain-Risiken schneller identifiziert werden können. „Gibt es Probleme an einem für uns wichtigen Umschlagplatz, wird dies durch die im TDC vorhandenen Daten sofort identifiziert. Existiert hingegen ein Risiko an einem Knotenpunkt, der für unser Netzwerk nicht wichtig ist, wird die Meldung gar nicht erst an uns weitergeleitet. So können wir uns auf das Wesentliche konzentrieren“, fügt Strauß an.
Diese und weitere Funktionen des Transportation Data Cubes sorgen auch bei anderen Unternehmen für Begehrlichkeiten. „Wir werden inzwischen häufiger auf unser selbstentwickeltes Tool angesprochen – gerade weil es Elemente enthält, die es so auf dem Markt noch nicht gibt. Das macht uns sehr stolz. Der TDC ist aber aktuell ein rein internes Tool, das wir noch nicht extern anbieten“, sagt Schlick. Ein Grund für das Unternehmen, sich um den Supply Chain Management Award zu bewerben, der im Rahmen der Supply Chain Awards auch 2023 wieder von LOGISTIK HEUTE, PwC sowie Strategy& vergeben wird (siehe Kasten). „Neben dem Networkingaspekt, hat uns auch der Wettbewerbsfaktor sehr gereizt. Wir wollten gern zeigen, was wir erreicht haben und wissen, ob unsere Lösung Relevanz für die Supply Chain Community hat. Was diese Frage betrifft, konnten wir sehr gutes Feedback erhalten“, erklärt Strauß.
Wertvolles Feedback
Und auch die Bewerbungsphase an sich war für den Supply Chain Management Award-Finalisten sehr hilfreich. „Der Supply Chain Management Award ist ein sehr anspruchsvoller Preis, der Professionalität auf allen Seiten erfordert. In diesem Sinne hatten wir beim Audit für den Wettbewerb sehr versiertes Fachpersonal bei uns zu Gast. Wir wissen jetzt, dass wir mit unserem Transportation Data Cube auf dem richtigen Weg sind“, so Strauß.
Sandra Lehmann
Bild: HUSS-VERLAG
Teams, die hart für das Lieferkettenmanagement arbeiten, wünschen sich häufig auch die Möglichkeit, ihre Erfolge extern und unternehmensintern noch sichtbarer zu machen. Eine Gelegenheit dafür bieten die Supply Chain Awards 2023 – also der Supply Chain Management Award und der Smart Solution Award.
Mit dem Supply Chain Management Award prämieren LOGISTIK HEUTE, PwC und Strategy& in diesem Jahr bereits zum 18. Mal Unternehmen mit herausragenden Wertschöpfungsketten, die ihre Supply Chain auf konsequente oder außergewöhnliche Weise optimiert haben. Preisträger waren unter anderem Knorr-Bremse (2022) und HelloFresh (2021).
Der Smart Solution Award wiederum wird seit 2018 für besonders innovative Konzepte verliehen, die sich noch in einem frühen Stadium der Umsetzung befinden. Es werden Lösungen ausgezeichnet, die das Potenzial haben, traditionelle Wertschöpfungsketten in Zukunft grundlegend zu verändern. Zu den Gewinnern zählten zum Beispiel Trucksters (2022) und fulfillmenttools (2021). Bewerben kann man sich bis 14. Juli 2023. Weitere Infos unter: logistik-heute.de/supply-chain-awards mp
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