Gastkommentar – SCM: Jetzt digitalisieren? Ja, aber bitte richtig!

Ralf Düster, Mitglied des Vorstands bei der Setlog GmbH (Bild: Setlog)
Ralf Düster, Mitglied des Vorstands bei der Setlog GmbH (Bild: Setlog)
Redaktion (allg.)

#WirBleibenZuhause. So lautete ein beliebter Hashtag am Anfang des Lockdowns. „Wir skypen“ und „wir e-mailen“. So lautete bei den daheim Arbeitenden umgehend die Devise. Zeitgleich prophezeiten Zukunftsforscher vor ihren Laptop-Kameras: „Die Wirtschaft wird nach der Coronakrise digitaler sein!“ Ja, das wird so sein. Die zentrale Frage lautet aber: Wie digitalisieren die Unternehmen? Mehr Skype-Calls und mehr Mails im „Gesendet-Ordner“ sind kein Zeichen einer intelligenten Digitalisierungsstrategie. Das ist immer noch Feuerlöschen – nur mit mehr Wasser als bisher – und nicht die Vermeidung von Bränden.

Beispiel Konsumgüterindustrie: Den Lockdown der Zulieferer in China, Indien oder Bangladesch konnten Industrie- und Handelsunternehmen hierzulande nicht verhindern. Alle Partner litten. Doch zeigte sich beim Ausbruch der Pandemie, wer seine Hausaufgaben erledigt hat – und wer nicht.

Digitale Vorreiter konnten in Echtzeit ihre Supply Chain Partner über den Wechsel von See- auf Luftfracht, Lieferverzögerungen, Stornierungen et cetera informieren und erfolgreich kollaborieren. Und zwar mithilfe von webbasierten, zentralen SCM-Plattformen, welche die Lieferkette allen Beteiligten transparent macht. Digitale Nachzügler löschten hingegen Tag und Nacht Brände – mit Skype-Calls, Excel-Listen oder E-Mails. Homeoffice brachte zusätzliche Silos und noch mehr Medienbrüche als bisher in so manche Firma.

Wer lernfähig ist, folgt jetzt der Devise „lass niemals eine Krise ungenutzt verstreichen“ von Winston Churchill. Dazu zählt neben einer digitalen Strategie die Entwicklung von Notfallszenarien, die Analyse von Sourcingstrategien und Lieferanten sowie der Aufbau eines agilen, vernetzten Ökosystems. In manchen Branchen wird sich die Logistik stark wandeln. Die Automotivebranche wird vermutlich etwas lokaler agieren, mehr Teile puffern, Just-in-time-Zeiträume nicht mehr voll ausreizen. Die Konsumgüterbranche wird aber im niedrigen und mittleren Preissegment weiterhin in Asien Elektronik, Spielzeug, Sportartikel, Bekleidung & Co. fertigen lassen – und nicht in Westeuropa. Dafür sind die Kostenvorteile einfach zu groß. Ob kurze oder lange Lieferwege: Nur derjenige, der die Logistik beherrscht, hat gute Chancen, auch bei Unterbrechungen der Supply Chain geschäftlich erfolgreich zu sein.

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Seite 8 | Rubrik MARKTGESCHEHEN