Gastkommentar: Lieferkettengesetz - Fairness braucht das Kollektiv

Dr. Jan Joachim Herrmann, Partner, Procurement & Sustainable Supply Chain bei PwC Deutschland Bild: PwC
Dr. Jan Joachim Herrmann, Partner, Procurement & Sustainable Supply Chain bei PwC Deutschland Bild: PwC
Redaktion (allg.)

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz bietet die Chance, im Kollektiv strukturelle Missstände und Schwächen in der Lieferkette zu korrigieren, die im Alleingang niemand lösen kann. Dafür müssen die Pflichten aber für Unternehmen jeder Größenordnung umsetzbar sein.

Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) kommen ab dem 1. Januar 2023 neue Herausforderungen auf Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden zu. Diese müssen zukünftig Risiken wie potenzielle Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschädigungen in ihren Lieferketten identifizieren, über festgelegte Präventions- und Abhilfemaßahmen mitigieren und ihr Vorgehen dabei genau dokumentieren. Weil sich diese Pflichten nicht nur auf den eigenen Wirkungsbereich, sondern auch auf die Zusammenarbeit mit Vertragspartnern und Lieferanten beziehen, befürchten viele Unternehmen einen hohen bürokratischen Mehraufwand.

Dass es umfangreiche Anstrengungen mit sich bringen wird, die geforderte Transparenz in die bisweilen komplex verstrickten Lieferketten zu bringen, steht außer Frage. Ich glaube aber, dass sich diese Mühe langfristig für alle auszahlt – nicht nur für Unternehmen, die auf diese Weise ihre Risiken besser in den Griff bekommen, sondern für die gesamte Gesellschaft. Denn globale Missstände wie Umweltverschmutzung oder Kinderarbeit sind keine Probleme, die Unternehmen im Alleingang lösen. Im Gegenteil: Veränderung gelingt nur, wenn jeder seinen Teil dazu beiträgt. Eine Herangehensweise, die das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz fördert, indem es die erforderlichen Anstrengungen gleichmäßig auf viele Schultern verteilt. Das ist der richtige Ansatz, denn erst im Kollektiv werden strukturelle Verbesserungen auch auf einer globalen Ebene bezahlbar.

Damit das Gesetz einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit und Transparenz in den internationalen Lieferketten leisten kann, muss es aber für Unternehmen jeder Größenordnung umsetzbar sein. Daher braucht es vor allem bei der Tragweite der Berichts- und Sorgfaltspflichten in Hinblick auf die indirekten Lieferanten ein realistisches Augenmaß. Unternehmen können nur das verbessern, was auch in ihrem Einflussbereich liegt – diese Grenzen gilt es nun sorgfältig abzustecken.

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Artikel Gastkommentar: Lieferkettengesetz - Fairness braucht das Kollektiv
Seite 8 | Rubrik MARKTGESCHEHEN