Management: Instrumente - Vertikale Kooperationen

Redaktion (allg.)

Management:
In Logistik Heute 10/03 haben wir die Ergebnisse eines Forschungsprojektes, das das Institut für Supply Chain Management der Universität Münster gemeinsam mit der Unternehmensberatung McKinsey & Co. zum Thema Supply-Chain-Kooperation durchgeführt hat, vorgestellt. Im Rahmen des Projektes wurden drei Kooperationsmodelle identifiziert (siehe Abb.). Diese Modelle sind jeweils eng mit einer Kooperationsstrategie verbunden. Was man darunter versteht, lesen Sie hier.

Die Konsumgüterindustrie kann bei Kooperationen eine Reihe von Instrumenten einsetzten, die sich in die Kooperationsebenen strategisch, taktisch und operativ einteilen lassen:

  • Strategische Ebene: Teamwork statt Alleingang.
    Auf der strategischen Ebene wird bestimmt, welche Bedeutung der Kooperation zukommt. Wer sind die entscheidenden Partner? Wie weit geht das Vertrauen und die Investitionsbereitschaft in die gemeinsame Beziehung? Gibt es eine langfristige gemeinsame Ausrichtung und Abstimmung?
    Kooperative Supply-Chain-Beziehungen kann ein Unternehmen dabei umso erfolgreicher angehen, wenn zwei Bedingungen erfüllt werden: Zum Ersten stellt sich die Frage, ob die beteiligten Partner mit der Kooperation übereinstimmende Ziele verfolgen. Nur wenn das der Fall ist, kann eine Zusammenarbeit langfristig zu für alle zufriedenstellenden Ergebnissen führen. Zum Zweiten ist zu berücksichtigen, in welchem Umfeld eine Beziehung stattfindet. Stabile Beziehungen setzen kompatible Unternehmenskulturen und gegenseitiges Vertrauen voraus.
  • Taktische Ebene: Investitionen in die Zusammenarbeit.
    Auf der taktischen Ebene wird hauptsächlich entlang der Planungs- und Verwaltungsprozesse bestimmt, welche Formen die Kooperation annimmt. Eine Schlüsseltechnologie für die Vereinfachung der Bestellvorgänge ist Electronic Data Interchange (EDI). Dadurch entfällt die manuelle Übermittlung von Daten, auch größere Datenmengen können schnell und fehlerfrei übermittelt werden. Richtig angewendet kann EDI nicht nur die internen Prozesse, z.B. in der Auftragsbearbeitung, stark vereinfachen, sondern auch die Basis für einen weitergehenden Datenaustausch und neue Kooperationsprojekte bilden.
    Beispiele für solche Kooperationsprojekte auf der taktischen Ebene sind VMI-Projekte (Vendor Managed Inventory) und CPFR-Projekte (Collaborative Planning, Forecasting and Replenishment). Bei einer VMI-Kooperation übernimmt der Hersteller die Disposition des Warenbestands im Lager des Handels und bekommt dafür zusätzliche Informationen über Abverkäufe und Lagerdaten zur Verfügung gestellt. Bei CPFR wird die Absatzplanung zwischen Industrie und Handel im Vorfeld abgestimmt und kann dadurch eine wesentlich höhere Genauigkeit erreichen.
  • Operative Ebene: Kein Warenfluss ohne Informationsfluss.
    Bei der operativen Abwicklung von Materialflüssen müssen eine Vielzahl von koordinierenden Entscheidungen getroffen werden, z.B. die Planung und Steuerung von Aktionen und die Absprache von Lieferterminen und Zeitfenstern. Im Rahmen einer kooperativen Zusammenarbeit kann dies in einem regen Austausch zwischen den Beteiligten geschehen, durch den viele Probleme schon frühzeitig auf dem "kleinen Dienstweg" behoben werden können. Die Auswirkung von guten informellen Kontakten ist von großer Bedeutung. In der Logistik können dadurch eine Vielzahl von operativen Problemen vermieden werden. So kann zum Beispiel bei Verspätungen oder Mengenabweichungen oft durch informelle Abstimmung eine schnelle Lösung gefunden werden.
    In gut funktionierenden kooperativen Beziehungen können zudem eine Reihe von Daten ausgetauscht werden, die über das zur Abwicklung der Transaktionen notwendige Minimum hinausgehen. Diese zusätzlichen Informationen, wie z.B. Scannerdaten mit den neuesten Abverkaufszahlen aus den Filialen eines Händlers, Bestandsdaten oder interne Kennzahlen wie die Lieferzuverlässigkeit, können einen wesentlichen Vorteil für das Management der Supply Chain darstellen. Scannerdaten helfen z.B. bei der Analyse von Aktionen und der Aktualisierung von Absatzprognosen. Bestandsdaten zeigen frühzeitig, ob im Handel Bestand aufgebaut wird, weil sich ein Produkt nicht wie erwartet verkauft. Weitere Kennzahlen können als Feedback für die eigene Supply-Chain-Leistung benutzt werden und so zur Identifikation von Defiziten beitragen.
  • Kooperation – nicht um jeden Preis
    Dass sich Kooperationen generell positiv auswirken, sollte einleuchten. Bei intensiverem Informationsaustausch und besserer Abstimmung der Unternehmen untereinander und sonst unveränderten Bedingungen sollte die Supply Chain durch Kooperationen zwangsläufig effizienter werden. Allerdings ergibt sich nicht in jedem Fall eine Win-Win-Situation für alle beteiligten Unternehmen. Entscheidend ist es auch, die Kostenseite miteinzubeziehen und, wie bei jeder Investition, das individuelle Verhältnis von Kosten zu Nutzen zu bestimmen – und das kann je nach Gesamtstrategie und Unternehmensgröße sehr unterschiedlich ausfallen.
    Beispiel VMI: Die Vorteile der Kooperationsprojekte reichen von Bestandsreduktionen und höherem Servicelevel durch die Planung mit mehr Informationen und die Vermeidung doppelter Sicherheitsbestände bis hin zu geringeren Frachtkosten und mehr Spielraum in der Produktionsplanung. In der Praxis sieht die Bilanz von VMI allerdingsetwas ernüchternder aus: Nur 18 der 58 befragten Unternehmen setzen VMI überhaupt ein. Selbst die VMI-Vorreiterunternehmen aus Industrie und Handel haben zudem Schwierigkeiten mehr als 30 Prozent ihres Gesamtumsatzes mit VMI abzudecken. Die Probleme in Deutschland liegen neben der mangelnden Kooperationskultur vor allem auch in der noch relativ geringen Konzentration des Handels. Gleichzeitig sind die Kosten für die Etablierung von VMI-Projekten oft höher als erwartet und werden nur langsam durch die Vorteile ausgeglichen.


Den Artikel "Zusammenarbeit mit Gewinn" (Logistik Heute 10/2003, S. 58-59) finden Sie in unserem Archiv.

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