Logistikstudium: Chancen und Hürden

Bild: Thomas Kölsch/Pixelio.de
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Redaktion (allg.)

Die Hochschulreformen sorgen noch immer für Diskussionsstoff in der Logistikausbildung. Der Abschluss macht bei jedem zweiten Unternehmen den Unterschied beim Gehalt, weniger jedoch bei den Perspektiven.

Nicht nur der Fachkräftemangel in der Logistik bereitet vielen Firmen Sorgen. Branchenübergreifend mangelt es auch an akademischem Führungsnachwuchs. Das bestätigt die Studie „JobTrends Deutschland 2012“, für die die Kölner Staufenbiel Institut GmbH zwischen Oktober und November 2011 Personalentscheider aus 255 Unternehmen befragte. Auch für die kommenden fünf Jahre prognostizieren die Firmen demnach eine weiter steigende Nachfrage nach Hochschulabsolventen.

Allein im Bereich Logistik haben drei von vier Unternehmen Schwierigkeiten, offene Stellen adäquat zu besetzen. Das geht aus einer Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V., Bremen, im Sommer 2011 hervor. 73 Prozent der Befragten erwarten durch den Fachkräftemangel in den kommenden zehn Jahren negative Auswirkungen auf ihren nternehmenserfolg. 82 Prozent der Umfrageteilnehmer haben daher bereits Maßnahmen für den Kampf um die besten Köpfe ergriffen. Im akademischen Umfeld werden vor allem Ingenieure, IT-Experten und Betriebswirte mit Schwerpunkt Supply Chain Management umworben.

Unabhängig von der Fachrichtung ist bei der Bewerberauswahl laut der Staufenbiel-Studie noch immer das Universitätsdiplom der beliebteste Abschluss (95 Prozent). Aber auch die Akzeptanz der infolge der Bologna-Bildungsreform in den vergangenen Jahren ins Leben gerufenen Bachelor-Studiengänge kletterte gegenüber dem Vorjahr um vier Prozentpunkte auf 85 Prozent. Vor allem bei den Naturwissenschaftlern gewinnt der Bachelor an Renommee. Akzeptierte im Vorjahr nur jedes zweite Unternehmen diesen Abschluss, so sind es inzwischen 76 Prozent. Ebenfalls in der Gunst der Personal entscheider gestiegen ist der weiterführende Masterabschluss (MBA; 77 Prozent), der bei den Wirtschaftswissenschaftlern am höchsten im Kurs steht.

Dass der Master auch bei den Ingenieuren künftig eine wichtige Rolle spielt, glaubt Prof. Dr. Karl-Heinz Wehking, Leiter des Instituts für Fördertechnik und Logistik an der Universität Stuttgart. „Obwohl wir uns in den Bereichen Maschinenbau und Technologiemanagement sehr bemüht haben, praktische Dinge in die Bachelorausbildung aufzunehmen, fürchte ich, dass die überwiegende Anzahl der Bachelor nicht die Berufsbefähigung hat wie unsere ehemaligen Diplomabsolventen“, sagt er im Gespräch mit LOGISTIK HEUTE. Gegenüber dem alten Diplom dauere ein Masterabschluss nun aber insgesamt länger, was dem ursprünglichen Ziel der Bologna-Reform entgegenstehe, die Studiendauer zu verkürzen, kritisiert er. Für die Wirtschaftswissenschaften beurteilt das Prof. Dr. Andre Krischke, Professor für Logistikmanagement in der Fakultät für Betriebswirtschaft an der Hochschule München, weniger kritisch. „In Summe sehe ich die Bildungsreform positiv“, sagt er.

Auch ohne Master erfolgreich

„Bei unserem siebensemestrigen Bachelor wurde nur auf das zweite Praxissemester verzichtet, sodass die Inhalte nicht zu stark verdichtet werden mussten“, betont Krischke. Den Studierenden würden im Rahmen der Spezialisierung in drei Semestern die wesentlichen Konzepte des Produktions- und Logistikmanagements vermittelt, sodass sie auch ohne Masterabschluss bereits sehr gut für den Berufseinstieg gerüstet seien, glaubt der Hochschulvertreter. „Ein erheblicher Teil findet nach dem Abschluss innerhalb kurzer Zeit oder sogar vor dem Abschluss eine Anstellung in der Wirtschaft. Nur ein Teil unserer Studenten setzt das Studium unmittelbar fort, um mit dem Master abzuschließen“, berichtet auch Prof. Dr. Thomas Wieske, Leiter des Instituts für Logistikrecht & Riskmanagement an der Hochschule Bremerhaven. In der Wirtschaft verliert der Unterschied zwischen Bachelor- und Masterabschluss zunehmend an Bedeutung, zumindest wenn es um die Einstiegs- und Entwicklungsperspektiven geht. Nach der Staufenbiel-Studie differenzieren hier nur noch vier von zehn Arbeitgebern, zehn Prozent weniger als im vergangenen Jahr.

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Bachelor verdienen weniger

Anders sieht es beim Thema Bezahlung aus: Jedes zweite Unternehmen gibt an, dass der Abschluss Einfluss auf das Einstiegsgehalt hat. Im Durchschnitt unterscheiden sich die Gehälter um 13 Prozent. Trainees mit Masterabschluss bezahlt sogar jedes dritte Unternehmen besser als Bachelorabsolventen. „Die Einstiegsgehälter beim Bachelor scheinen auch etwas niedriger, verglichen mit dem Diplom. Die Berufseinsatzfelder sind aber vergleichbar“, stellt auch Wieske fest. Bei der Bewerberauswahl ist die Examensnote den Arbeitgebern zwar wichtig, hat allerdings im Vergleich zum Vorjahr gegenüber der Studiendauer an Bedeutung verloren und liegt nun auf dem dritten Rang.

Die wichtigste Rolle spielen die thematischen Schwerpunkte und die Fächerkombinationen, die der Bewerber während des Studiums gewählt hat. Praxiserfahrungen sind neun von zehn Unternehmen wichtiger als beispielsweise Englischkenntnisse, geht weiter aus der Studie hervor. Langfristig gewinnen zudem berufsbegleitende Weiterbildungen an Bedeutung. Fachtrainings sind in allen Branchen am weitesten verbreitet. Für die individuelle Weiterentwicklung gibt es bei mehr als der Hälfte der Unternehmen ein personenbezogenes Coaching. Und etwa jeder dritte Arbeitgeber versucht, die Lernkurve seiner Mitarbeiter durch Jobrotation steil zu halten.

Tendenz „Lebenslanges Lernen“

Zunehmend entscheiden sich Fachund Führungskräfte für ein berufsbegleitendes Studium. „Das Thema Lebenslanges Lernen wird auch getrieben vom Fachkräftemangel in Verbindung mit der demografischen Entwicklung“, so Dr. Sven Winterhalder, Leiter der Abteilung Hochschulentwicklung an der Hochschule München. „Fachkräfte können wir als Hochschulen in Zukunft nicht mehr nur aus den Schulabgängern generieren, denn diese Gruppe schrumpft“, betont er. Vielmehr gelte es aus Hochschulsicht, neue Bildungspotenziale zu heben, etwa bei den Berufstätigen, Berufsrückkehrern oder Wiedereinsteigern. Für diese Zielgruppen würden derzeit neue Angebote entwickelt.
Das betreffe alle Fachrichtungen.

„Auch die Weiterbildung im technischen Bereich, gerade die Ingenieursausbildung, hat in den vergangenen ein bis zwei Jahren ziemlich an Fahrt aufgenommen. Jedoch ist das berufsbegleitende Angebot in diesem Bereich noch nicht so groß wie in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften“, erklärt Winterhalder.
Derzeit registriert er bereits erste Unternehmensanfragen aus den Bereichen Einkaufslogistik und Supply Chain Management. Weitere Trends sieht Winterhalder aktuell in der Modularisierung der Weiterbildungsmaßnamen sowie in der Öffnung des Erststudiums für Berufstätige inForm eines „weiterbildenden Bachelors“. (Anja Kiewitt)

Dieser Artikel erschien in der LOGISTIKHEUTE -Ausgabe 1-2/2012

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