Logistikdienstleister: Ausschreibungsknigge

Redaktion (allg.)

Logistikdienstleister:
Kleiner Ausschreibungs-Knigge für Logistikdienstleister

1. Welche Fehler sollte ein Dienstleister vermeiden?
2. Welches Verhalten ist in den einzelnen Phasen einer Ausschreibung angemessen?
3. Worin liegen die größten Fehlerquellen?
Nach wie vor haben Logistikdienstleister viele Defizite in der Angebotsbearbeitung. Viele Stolpersteine sind in einem Ausschreibungsprozess zu überwinden. Mit dem Ausschreibungs-Knigge haben Eberhard Hallmann und Dr. Klaus-Peter Jung von der Miebach Logistik Gruppe einen Leitfaden für Logistikdienstleister entwickelt, wie sich diese im Ausschreibungsprozess erfolgreich verkaufen können.

Autoren:
Eberhard Hallmann ist Senior Consultant im Bereich Strategie und
Konzept-Planung,
Dr. Klaus-Peter Jung verantwortet das Marktsegment Dienstleister
bei der Miebach Logistik GmbH, Frankfurt und Berlin.

Themen:

  • Ausschreibungsunterlage
  • Übergeordnete Grundsätze
  • Vor-Phase
  • Ausschreibungsphase
  • Verhandlungsphase

Ausschreibungsunterlage stellt erste Arbeitsprobe dar!

Die hohe Wettbewerbsintensität im Dienstleistungsmarkt hat dazu geführt, dass um Preise zwar immer härter gerungen wird, der Preis als solcher aber immer weniger als Differenzierungskriterium taugt. Auf der anderen Seite gewinnen Serviceaspekte mehr und mehr an Bedeutung, insbesondere der vom Kunden wahrgenommene Service.

Will man allerdings über dieses Argument Neukunden akquirieren, so bewegt man sich auf dem äußerst schwierigen Terrain der (schwer nachweisbaren) Versprechungen. Der Prozess der Dienstleisterausschreibung bietet neben seiner klassischen Preisfindungsfunktion vielfältige Möglichkeiten für den Anbieter, dem Nachfrager - wenn schon nicht Beweise, so doch zumindest - "Indizien" für seine konsequente Serviceorientierung zu liefern. Vergleichbar dem Bewerbungsverfahren zur Einstellung neuer Mitarbeiter, stellt auch das Verhalten des Anbieters in der Ausschreibungsphase für den potenziellen Kunden gewissermaßen eine erste Arbeitsprobe dar.

Das Motto sollte daher lauten: "Versetzen Sie sich in die Rolle des potenziellen Kunden und spielen Sie sein (Auswahl-)Spiel mit."

Nach wie vor gibt es viele Defizite in der Angebotsbearbeitung, die die Chancen von Anbietern schmälern oder sogar zunichte machen. So fallen nicht selten Dienstleister bereits durch das formale Raster, die eigentlich inhaltlich gute Chancen gehabt hätten, den Zuschlag zu bekommen.

Übergeordnete Grundgesetze des Ausschreibungsverhaltens

Eigentlich selbstverständlich sollte die Einhaltung grundlegender "Benimmregeln" sein, leider ist dies aber nicht immer der Fall.

Das Ausschreibungskonzept akzeptieren!
In aller Regel steckt hinter der Ausschreibungsunterlage ein Konzept, dem man zumindest eine Chance geben sollte - sei es von einem Berater, sei es vom Verlader selbst. Nicht nur, dass Menschen es nicht gerne sehen, wenn jemand an ihrer Arbeit rummäkelt und Veränderungen vornimmt. Ausschreibungskonzepte dienen letztlich nicht nur dazu, Ausschreibungsunterlagen und Angebote transparent und vergleichbar zu machen - ein Anliegen, auf das der Kunden ein Recht hat -, sondern stellen die aus Sicht des Kunden beste Form der zukünftigen Abwicklung dar.

Nur wenn im Konzept offensichtliche Mängel vorliegen, sollte in Abstimmung mit dem Ausschreibungsdurchführenden vom Konzept begründet abgewichen werden. Begründet abgewichen bedeutet in diesem Zusammenhang vor allen Dingen, dass die Vorteile durch die Abweichungen für den Kunden dargestellt werden, nicht die Vorteile für den Dienstleister.

Definierte Kommunikationskanäle beachten!
Zur ordnungsgemäßen Organisation einer Ausschreibung gehört die Festlegung der Kommunikationswege und -partner im Vorfeld der Ausschreibung. So ist es üblich, dass auf Dienstleisterseite ein konkreter Ansprechpartner zu benennen ist, der während des gesamten Ausschreibungsprozesses die Ausschreibung betreut.
Auf Verladerseite ist in der Regel ebenfalls ein fester Mitarbeiter (oder Berater) mit der Durchführung der Ausschreibung beauftragt. Diese Personen sind anzusprechen, nicht jedoch deren Kollegen oder gar Vorgesetzte. Nicht ohne Grund hat der Chef die Aufgaben delegiert. Wird er wieder verstärkt in den Ausschreibungsprozess gegen seinen Willen involviert, so zeugt dies nicht von Kundenorientierung auf Dienstleisterseite.

Die Form wahren!
Eigentlich selbstverständlich sollte auch sein, dass die Angebotsunterlagen in einer ansprechenden äußeren Form ohne eine überproportionale Häufung von Rechtschreib- und Grammatikfehlern eingereicht werden. Dazu gehört auch, dass vorgegebene Preis- oder Kalkulationsblätter zu verwenden sind. Werden umfangreichere Daten auf elektronischem Wege erbeten, so sollten diese auch im angegebenen Dateiformat zur Verfügung gestellt werden und nicht nur als Papier-Ausdruck.
Die Form wahren bedeutet auf der anderen Seite aber auch "Schnick-Schnack" vermeiden! Je bunter, desto besser trifft auch in Zeiten steigender Animationsmöglichkeiten in Powerpoint noch immer nicht zu. Und ebenso zu vermeiden sind Standard-Unternehmenspräsentationen ohne Bezug auf den Kunden und die individuelle Anfrage. Damit demonstriert man keine Kunden- und Serviceorientierung!

Termine einhalten oder frühzeitig (mit Begründung) eine Verlängerung erbitten!
In einer ordentlichen Ausschreibung wird bereits im Vorfeld (beispielsweise mit der Geheimhaltungserklärung) über eine verbindliche Terminschiene informiert. Diese sollte wenn möglich eingehalten werden, da beim potenziellen Kunden an die Ausschreibungstermine oftmals andere Termine geknüpft sind. Ist ein Termin begründet nicht einzuhalten, so sollte der Dienstleister so früh wie möglich den Ausschreibenden darüber informieren und mit ihm individuell eine Terminverschiebung vereinbaren. Nicht jeder vorgeschlagene Termin muss unterwürfig akzeptiert werden, aber wenn er zugesagt wird, muss er eingehalten werden.

Auf Präzision und Vollständigkeit achten!
Im Rahmen der Ausschreibung werden neben Kalkulationsblättern in der Regel weitere Unterlagen abgefordert, wie etwa Layout-Planungen, detaillierte Rechenwege zur Personalbedarfs- und Kostenermittlung, Versicherungsnachweise, gegebenenfalls Bilanzen etc. Der Ausschreibende erfragt diese Informationen nicht als Schikane für den Dienstleister, sondern möchte sich ein umfassendes Bild von seinem potenziellen zukünftigen Partner machen.

Daher gilt es, alle Fragen richtig zu beantworten, alle notwendigen Papiere einzureichen und alle Beteiligten zu informieren. Andererseits spricht nichts dagegen, auch aus Dienstleistersicht relevante Fragen, die durch die Ausschreibungsunterlage nicht hinreichend beantwortet wurden, beispielsweise im Rahmen eines Bieterinformationstages, zu erfragen.

Vor-Phase:
Interessenbekundung, Kommunikationsverhalten und Vertraulichkeit

Interessenbekundung
In aller Regel beginnt ein Ausschreibungsverfahren mit einer Voranfrage an mögliche Interessenten, um zu sondieren, ob generelles Interesse an einer Teilnahme an der Ausschreibung besteht. Die Voranfrage beschreibt kurz den Leistungsinhalt sowie den Zeitplan des Verfahrens. Auch wenn diese Informationen notgedrungen nicht allzu detailliert sein können (Vertraulichkeit wurde ggf. noch nicht vereinbart), sollten sie doch ausreichen, um eine ernsthafte Prüfung auf Seiten des Anbieters zu ermöglichen.

Diese Möglichkeit sollte unbedingt genutzt werden! Eine ernsthafte Prüfung der Übereinstimmung der Anfrage mit den eigenen Möglichkeiten und Stärken - unter Umständen ergänzt durch eine telefonische Nachfrage - kann helfen, rechtzeitig die Weichen richtig zu stellen. Gehen Sie nicht per se davon aus, dass die Tatsache, dass Sie angefragt wurden, bedeutet, dass man unter allen Umständen Ihre Teilnahme erwartet oder Sie einer von sehr wenigen potenziellen Anbietern sind.

Eine ehrliche und begründete Absage wird immer respektiert und führt in der Regel dazu, beim nächsten Mal wieder - und dann zielgenauer - angefragt zu werden. Einen sehr schlechten Eindruck hinterlassen Dienstleister, die zwar pro forma an der Ausschreibung teilnehmen, aber später aufgrund von Fakten, die schon durch die Voranfrage bekannt waren, nicht berücksichtigt werden können.

Eine immer wieder auftretende Unsitte ist es, das Ausschreibungsverfahren in diesem Stadium überholen zu wollen, indem man möglichst schnell ein Angebot abgibt. Da dies noch vor Kenntnis der Ausschreibungsunterlagen geschieht, muss das Angebot zwangsläufig lückenhaft und alles andere als kundenindividuell sein. Die offensichtlich als solche wahrgenommene Chance als erster berücksichtigt zu werden, ist keine Chance. Vielmehr bleibt ein fader Beigeschmack der fehlenden Individualität des Angebots.

Prozessbeteiligte / Ansprechpartner
Ein extrem wichtiges Kundenbedürfnis im Ausschreibungsverfahren ist die Herstellung eines persönlichen Vertrauensverhältnisses zum künftigen Partner. Dem (möglichst frühzeitig) benannten Ansprechpartner auf Seiten des Dienstleisters kommt daher eine kaum zu überschätzende Bedeutung zu. Essenziell aus Sicht des Dienstleisters ist es, dass sich dieser Kontakt gedeihlich entwickeln kann.

Es sollte sich um EINEN Ansprechpartner handeln, dessen Erreichbarkeit gesichert ist. In Ausnahmefällen ist es zwingend erforderlich, für eine auch inhaltlich ausreichend unterrichtete Vertretung zu sorgen. Nur bei außergewöhnlichen Ereignissen (Kündigung, Firmenverkauf o. Ä.) darf ein Wechsel des Ansprechpartners während des Verfahrens erfolgen. Einen mehrmaligen Wechsel kann man im Sinne des gewünschten Erfolges nur als "Todsünde" bezeichnen.

Es ist durchaus üblich und auch im Interesse des Kunden, weitere Experten an der Bearbeitung der Ausschreibung zu beteiligen. Dies kann gegenüber dem potenziellen Kunden ruhig offen kommuniziert werden. Der Kontakt sollte aber immer über den offiziellen Ansprechpartner laufen.

Vertraulichkeit
Ein Thema, bei dem man keine Plus-Punkte sammeln kann, sondern nur Minus-Punkte vermeiden muss: Da ein vertraulicher Umgang mit den Informationen von Kunden selbstverständlich sein sollte, dürfte es grundsätzlich kein Problem darstellen, diese auch schriftlich zu vereinbaren. Dies sollte ohne unnötige Verzögerungen erfolgen, wobei begründete inhaltliche Nachfragen und Klärungen kein Problem darstellen und eher die Ernsthaftigkeit unterstreicht.

Fast jedes Unternehmen hat in der Regel inzwischen eine Standard-Vereinbarung, die es der Einfachheit halber den Regelungen der Vertragspartner vorzieht. Aus Sicht des potenziellen Kunden, der unter Umständen mit einer Vielzahl von Anbietern Vereinbarungen abzuschließen hat, stellt es allerdings ein nettes Entgegenkommen dar, wenn man seinen Entwurf rechtlich prüft, statt ihm die Prüfung des Anbieterentwurfes zu überlassen.

Schließlich noch eine (eigentlich ebenfalls selbstverständliche) Anmerkung: Vertraulichkeit schließt auch den Umgang mit Kundeninformationen innerhalb des eigenen Unternehmens mit ein. Es macht einen äußerst unschönen und unprofessionellen Eindruck, wenn mit der Ausschreibung nicht befasste Mitarbeiter des potenziellen Kunden in anderem Zusammenhang von Mitarbeitern eines Anbieters (schlimmstenfalls sogar noch öffentlich) auf die laufende Ausschreibung angesprochen werden.

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Ausschreibungsphase: Angebotsinhalt - Nachfragen & Kritik

Verbesserungsvorschläge bezüglich des Ausschreibungskonzeptes sind in der Regel durchaus erwünscht - sie zeugen von Expertise und Beschäftigung mit der Materie. ABER: zunächst einmal handelt es sich um das (in der Regel durchaus durchdachte) Konzept desjenigen, von dem man später bezahlt werden möchte - Fundamentalopposition nach dem Motto "Vergessen Sie mal Ihre sicher gut gemeinten Ausschreibungsunterlagen, unser langjährig bewährtes Konzept passt viel besser" ist unangebracht.

Angebracht ist es, von Beginn an zu zeigen, dass man gewillt ist, ein partnerschaftliches Verhältnis einzugehen und insofern auch voneinander zu lernen. Anstelle den (Star-)Akquisiteur mit der Unternehmenspräsentation vorbeizuschicken, sollte man lieber Interesse an der heutigen Abwicklung des potenziellen Kunden zeigen und (falls sinnvoll) ein persönliches Gespräch beispielsweise zur Klärung der Datenbasis oder zur Verdeutlichung des eigenen Konzepts vorschlagen. Und ganz wichtig: Wenn von dem Ausschreibungskonzept abgewichen werden soll, dann müssen die Vorteile für den Kunden aus dem Angebot hervorgehen!

Bearbeitung der Ausschreibungsanforderungen
(Haupt-)Aufgabe und Ziel jedes Ausschreibungsverfahrens ist es, die unterschiedlichen Angebote vergleichbar zu machen. Kein seriöser Nachfrager/Kunde wird je von diesem Ziel abrücken, da es die Rechtfertigung des Aufwandes für die Ausschreibung darstellt. Deshalb sollte das oben genannte Ziel von den Anbietern akzeptiert und nach Kräften unterstützt werden. Zu bedenken ist dabei immer: entweder der Anbieter passt seine Angaben den jeweiligen Ausschreibungsschemata an oder der Nachfrager/Kunde tut es. Welche Vorgehensweise dem eigenen Angebot gerechter wird bzw. es in ein günstigeres Licht stellt, möge sich jeder selbst überlegen.

Details zum Unternehmen des Anbieters
Eine typische Schwierigkeit ergibt sich immer wieder bei der Interpretation quantitativer Angaben zu Unternehmensgröße etc. aufgrund der oftmals schwer zu durchschauenden Struktur der Dienstleistungsunternehmen. Insbesondere international agierende Dienstleister sollten es sich zur Gewohnheit werden lassen, keine Zahl ohne Beschreibung der betroffenen Unternehmenseinheit herauszugeben; ohne eine solche präzise Abgrenzung (beispielsweise D, EU oder Welt) sind die Angaben wertlos.

Hinsichtlich konkreter Informationen zur Firmengröße gilt die Regel:
Minimum: Umsatz
Besser: Mitarbeiter und Kunden
Super: Umsatz, Mitarbeiter, Kunden nach Tätigkeitsfeldern und Regionen

Einer der wichtigsten Punkte ist die Darstellung der Tätigkeitsschwerpunkte des Dienstleistungsunternehmens. Dies ist naturgemäß ein "heißes Thema". Es kann nur davor gewarnt werden, den Schein zu erwecken, der Dienstleister hätte Erfahrungen in Bereichen, in die er eigentlich erst hineinwachsen möchte. Es ist nicht glaubwürdig zu behaupten, der Dienstleister könne schlichtweg alles übernehmen und hätte es auch schon irgendwo getan.

Neben anderen Motiven für die Outsourcing-Entscheidung erwartet der potenzielle Kunde jedoch eine vorhandene Spezialisierung des Dienstleisters auf die nachgefragte Tätigkeit. Dies ist DIE Chance, eigene Stärken herauszustellen. In Tätigkeitsfeldern, in denen man bisher nur geringe Erfahrungen sammeln konnte, kann sich beispielsweise eine Partnerschaft mit einem anderen Dienstleister anbieten.

Die Frage nach Standorten sollte keinesfalls mit einer bloßen Ortsnamensliste und Quadratmeterzahl beantwortet werden. Vielmehr ist diese mindestens noch um eine Kurzbeschreibung der Standortfunktionen zu ergänzen (d.h. wem gehört der Standort, wessen Personal bzw. wessen Technik wird eingesetzt?).

Angaben zu Qualität
Da in der Praxis leider zu beobachten ist, dass es genauso viele Qualitätsmess-Methoden wie Qualität messende Unternehmen gibt, fällt die Herstellung von Vergleichbarkeit beim Thema Qualität besonders schwer. Umso wichtiger ist es und einen umso besseren Eindruck macht es, wenn die angefragten Kennzahlen so berechnet werden wie angefragt. Falls dies trotzdem nicht möglich sein sollte, ist dieses Kriterium wichtig genug, um dem Nachfrager/Kunden in einem persönlichen Gespräch darzulegen, warum die angefragten Informationen nicht verfügbar sind und gegebenenfalls Alternativen zu vereinbaren.
Darüber hinaus ist es gerade hierbei wichtig, sich die Kundenperspektive zu vergegenwärtigen: interne Qualitätsmessungen einzelner Bereiche sind für ihn meist irrelevant, wesentlich sind dagegen in der Regel aggregierte Servicekennzahlen wie beispielsweise Systemverfügbarkeit, Zustellquote etc.

Qualitätssicherung
Es genügt in gar keinem Fall die Frage nach dem Qualitätssicherungskonzept einfach durch Überlassung einer Kopie der ISO-Zertifizierungsurkunde zu "beantworten". Ohnehin sind eine oder mehrere Zertifizierungen schon Standard und werden schlicht vorausgesetzt; aber ein Konzept zur nachhaltigen Qualitätssicherung beinhaltet VIEL mehr!

Der zukünftige Kunde möchte an dieser Stelle zumindest grob und verständlich erklärt bekommen, wie sein Partner in Zukunft für eine Minimierung der Fehler sorgen will. Dazu sollten die kritischen Abläufe verbal grob erläutert werden, natürlich mit besonderem Fokus auf Fehlervermeidungsstrategien. Falls es zu einer Besichtigung kommt, sollte der Dienstleister konkret am jeweiligen Arbeitsplatz zeigen, was der Mitarbeiter im Falle eines auftretenden Problems tut - das bildet Vertrauen.

Abschließend wäre noch ein immer wieder anzutreffendes Missverständnis auszuräumen: Eine geringe Fluktuation des Mitarbeiterstammes verbunden mit regelmäßigen Schulungsmaßnahmen kann ein Baustein des Qualitätssicherungskonzeptes sein. Allein die Erfahrung der Mitarbeiter kann das Konzept niemals ersetzen!

Referenzen
In der Regel werden in einer Ausschreibung ebenfalls Referenzen verlangt. Auch hierzu gibt es eine einfache Regel:

  • Minimum:
    - Kunde (bei Großunternehmen Unternehmenseinheit genau spezifizieren - Siemens AG ist nicht aussagekräftig!)
    - Umfang der Leistung (wessen Personal und/oder wessen Infrastruktur wurde genutzt?)
    - Ort & Zeitraum der Leistungserbringung
  • Zusatzinfos:
    - Highlights (Innovation o. Ä.)
    - genutztes IT-System
    - Umstellungsdauer
    - besondere Abrechnungsform
    - etc.
  • Besonderes Plus:
    Ansprechpartner beim Referenzkunden mit Telefonnummer
    Referenzen sollten auf jeden Fall einen konkreten Bezug zu der ausgeschriebenen Abwicklung aufweisen. Ein großer Name alleine macht aus einem Projekt noch keine angebotsrelevante Referenz. Im Gegenteil. Nicht selten gewinnt der Ausschreibende den Eindruck, dass mit Namen nicht vorhandenes Know-how widergespiegelt werden soll, wenn die Referenz keinen Bezug zur Ausschreibung aufweist.

Preisangaben
Die Vergleichbarkeit der Preise wird üblicher- und auch zweckmäßigerweise durch Abfrage der Preise in einer vorgegebenen Form hergestellt. Auch wenn es schwierig sein sollte, die internen Kalkulationsgepflogenheiten an dieses Schema anzupassen, kann dies doch nur wärmstens empfohlen werden. Anderenfalls ist davon auszugehen, dass das Angebot entweder "gewaltsam" vom potenziellen Kunden dem Schema angepasst oder einfach beiseite gelegt wird.

Falls es wirklich objektiv unmöglich sein sollte, das eigene Angebot dem Schema anzupassen, sollte dies immer in einem persönlichen Gespräch begründet werden, sodass gemeinsam nach Auswegen gesucht werden kann. Ein Kardinalsfehler wäre es, das angeforderte Schema schlicht zu ignorieren und die Preise in gewohnter Form ("Preisliste") einzureichen. Viel deutlicher kann man nicht darstellen, für wie wenig wichtig die Kundenbedürfnisse gehalten werden. Das Gesagte gilt natürlich analog für jegliche angeforderte Zusatzinformation zur Preiskalkulation.

Wird nach Zusatzkosten wie Verwaltungspauschalen, IT-Kosten, Materialaufwand etc. gefragt, ist Offenheit im eigenen Interesse sehr empfehlenswert, da ein Verschweigen dieser Punkte zur Schönung des Preisangebotes spätestens in den Verhandlungen zum Bumerang wird und den Aufbau eines Vertrauensverhältnisses nachhaltig behindert.

Die Aufforderung zur Abgabe eines Festpreisangebotes zwingt dem Anbieter naturgemäß ein gewisses Risiko auf, insbesondere was die Repräsentativität der aktuell verfügbaren Berechnungsgrundlagen anbetrifft. Hier ist der Unternehmer gefragt: das Risiko muss demnach bewertet und explizit in die Kalkulation mit einbezogen werden. Es ist keine Lösung, den Ball einfach zurückzuspielen, indem man eine lange Liste von Kriterien und Bedingungen für Preisanpassungen formuliert. Dies geht schlicht am Kundenbedürfnis vorbei. Der Dienstleister, der seine Berechnungsgrundlagen offen legt, beweist damit gleichzeitig, dass er sein Geschäft beherrscht.

Verhandlungsphase: Besichtigungen und Verhandlungen

Besichtigungen
Bei Standortbesichtigungen kommt es zunächst auf die richtige Auswahl der gastgebenden Teilnehmer an. Alle für die spätere Abwicklung maßgeblichen Personen sollten nach Möglichkeit anwesend sein, da ein Hauptmotiv des Besuches für den potenziellen Kunden das Kennenlernen seiner späteren Arbeitspartner und der Aufbau eines persönlichen Grundvertrauens ist. Auf der anderen Seite richtet sich die Anzahl der Teilnehmer naturgemäß auch nach der Teilnehmerzahl auf Kundenseite. Als Faustregel gilt: der gewohnte Ansprechpartner plus Experten/Verantwortliche. Eine Beteiligung des Managements ist nur insofern wünschenswert, als sie nicht nur rein repräsentativen Zwecken dient; in diesem Fall genügt eine kurze Begrüßung.

Inhaltlich sollte man zunächst darauf achten, den Kunden "an der richtigen Stelle abzuholen", d.h. je nach Zusammensetzung der Kundengruppe, kann eine Kurzeinführung in das Unternehmen des Anbieters geboten sein. Generell sollte man jedoch von langen Standard-Unternehmenspräsentationen absehen, da diese meist schon bekannt sind und der eigentliche Zweck des Besuches im praktischen "Anschauungsunterricht" liegt.

Der Dienstleister sollte dem potenziellen Kunden zeigen, wo und wie seine Waren behandelt werden. Eine Erläuterung der Arbeitsabläufe an einem konkreten Fall hilft dem Kunden, sich seine zukünftige Logistik vorstellen zu können. Die Verfolgung eines Auftrages etwa vom Informationseingang im Büro durch das Lager bis zur Verladung gibt dem Kunden die Gewissheit, den Richtigen gefunden zu haben. Vertrauensbildend wirkt auch, den Kunden nach Unterschieden zu seiner bisherigen Abwicklung zu fragen und zu erläutern, warum das Angebot gegebenenfalls eine andere Abwicklung vorsieht. Hierzu kann durchaus auch eigenes operatives Personal eingebunden werden, wenn es etwa um Fragen der Warenbehandlung handelt.

Wichtig ist es, gerade beim ersten Kontakt für eine angenehme Arbeitsatmosphäre zu sorgen. ABER: Lassen Sie keine Zweifel an Ihrer Fähigkeit zum wirtschaftlichen Umgang mit Ressourcen aufkommen, d.h. verzichten Sie (besonders beim Erstkontakt) auf übertriebene Bewirtungs-Orgien!

Vertragsverhandlungen
Wichtig ist ein "fließender Übergang", d.h. in erster Linie die Konsistenz mit den Aussagen im Ausschreibungsprozess. Auch der aus dem Ausschreibungsverfahren gewohnte Ansprechpartner sollte in den Vertragsverhandlungen eine wesentliche Rolle spielen. Vergessen werden darf in dieser Phase nicht, dass Verhandlungen in der Regel noch keinen Vertrag sichern! Nicht selten verhandeln Ausschreibende mit zwei Dienstleistern, um erst anhand der in der Verhandlung erzielten Ergebnisse schließlich ihre endgültige Auswahl zu treffen.

Das Angebot eigener Vertragsentwürfe wird regelmäßig gefordert, doch sollte ebenso Offenheit für die Entwürfe des Ausschreibenden gezeigt werden. Gerade im Bereich Haftung kommt es immer wieder zu unterschiedlichen Auffassungen über das Notwendige und das Wünschenswerte. Obwohl in den Ausschreibungsunterlagen vielfach bereits konkrete Haftungsbedingungen formuliert werden, führt dieser Punkt zu regelmäßigen Diskussionen. Ein Beharren auf der ADSP durch den Dienstleister hilft hier keineswegs weiter. Der Dienstleister sollte hier verschiedene Alternativen darstellen und die entsprechenden Kosten offen ausweisen. Wird im Verhandlungsteam keine schnelle Lösung gefunden, so kann es sich beispielsweise anbieten, diesen Punkt auszuklammern und den Rechtsabteilungen zu überlassen, auch um das gute Verhältnis zwischen den unmittelbar Beteiligten nicht zu gefährden.

Hinsichtlich des "richtigen" Verhandlungsverhaltens zeigt sich immer wieder, dass die Ausschreibenden mehr und mehr Flexibilität wünschen, insbesondere da sie selbst heute weniger denn je exakte Wachstumsprognosen abgeben können. Daher ist es wichtig, detailliert zu definieren, unter welchen Mengenschwankungen beispielsweise die verhandelten Preise gelten und wann welche Preisanpassungen notwendig sind. Das gleiche gilt prinzipiell auch für Bonus-Malus-Systeme. Der Dienstleister, der von seiner Qualität überzeugt ist, sollte Bonus-Malus-Regelungen und detaillierte Qualitätssicherungsvereinbarungen nicht scheuen. Besser noch, er bringt selber eigene Vorschläge in die Verhandlungen ein!

Und schließlich ist da noch das leidige Thema der Vertragslaufzeit. Naturgemäß ist es so, dass der Dienstleister eine längere Vertragslaufzeit wünscht als der Ausschreibende. Die Schärfe, die in diesem Thema steckt, kann man durch einen ordentlich formulierten Vertrag mit exakt definierten Ausstiegsmöglichkeiten für beide Seiten und Regelungen zur Preisanpassung (nach oben und unten) deutlich mindern. Denn die Beweggründe und Befürchtungen, die beide Seiten jeweils zu ihren individuell gewünschten Vertragslaufzeiten animieren, können offen ausgesprochen und im Vertrag verarbeitet werden.

Schließlich steht eine zügige rechtliche Prüfung der Unterlagen ebenso für ein professionelles Management seitens des Dienstleisters.

Feedback
Falls der Dienstleister trotz aller Mühen doch nicht zum Zuge kommen sollte, hat er nur noch ein rationales Interesse: beim nächsten Mal besser abzuschneiden. Dies ist auch für den Ausschreibenden nachvollziehbar.

Nachfragen nach den Gründen der Nicht-Berücksichtigung sind ebenso sinnvoll wie natürlich. Außerdem bietet es dem Dienstleister die Chance, sein Angebot beim nächsten Versuch besser zu gestalten und damit seine Auftragswahrscheinlichkeit zu erhöhen. Aber Vorsicht: "Nachkarten" verschlechtert die Chancen! Da bei einer seriös durchgeführten Ausschreibung der Gewinner ebenfalls schon benachrichtigt wurde, kann dies nicht erfolgreich sein und hinterlässt selten einen guten Eindruck. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Unterlegene versucht, seine Konkurrenten beim Gewinner schlecht zu machen.

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