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Frauenquote in Führungsetagen: Logistik-Branche vernetzt sich vor EU-Entscheidung: Frauenförderung: Chance nicht verpassen

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Redaktion (allg.)

Bei der Frauenquote in Führungsetagen spiegelt die Logistik den Durchschnittswert aller Firmen wider. Jetzt vernetzen sich die Frauen.
Ende dieses Jahres steht Viviane Reding vor einer weitreichenden Entscheidung. Die EU-Kommissarin für Gleichstellungsfragen hatte Mitte vergangenen Jahres an die großen Unternehmen appelliert, mehr Frauen in die Vorstände und Aufsichtsräte zu bringen. „Wenn 2011 nichts geschieht“, so die Vizepräsidentin der EU-Kommission, „müssen wir über gesetzliche Quoten nachdenken. Entweder ergreifen die europäischen börsennotierten Firmen freiwillig Maßnahmen, die den Anteil von Frauen vor allem in Aufsichtsräten substanziell erhöhen, oder die Kommission wird 2012 einen Vorschlag für gesetzgeberische Maßnahmen vorlegen.“ Dabei habe sie bis 2015 einen Frauenanteil von 30 Prozent in den Aufsichtsräten im Auge, der bis 2020 auf 40 Prozent erhöht werden solle. Ihre Forderung wird die Wirtschaft kaum erfüllen können. Bei den größten börsennotierten Konzernen Europas ist gegenwärtig nur etwa jedes zehnte Vorstandsmitglied weiblich – den Vorsitz der Vorstände bekleiden in großen europäischen Firmen lediglich drei Prozent Frauen. Noch gravierender ist die Situation hierzulande. Deutschland zählt beim Thema „Frauen in Führungspositionen“ zu den Entwicklungsländern. Ganze 29 von 906 Vorstandsposten in den Top-200-Unternehmen werden von Frauen besetzt.
„Nach wie vor sind die Vorstandsstellen der größten 200 Firmen Deutschlands nahezu ausschließlich mit Männern besetzt“, erklärt Elke Holst, Forschungsdirektorin Gender-Studien und Autorin des aktuellen Managerinnen-Barometers vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). „Die größten 100 Betriebe und die DAX-30-Unternehmen unterschreiten mit 2,2 Prozent den geringen Anteilswert sogar noch. Und das, obwohl sie sich bereits 2001 auf freiwilliger Basis zu einer Stärkung des Anteils von Frauen in Führungspositionen verpfl ichtet haben.“
Studie belegt Vermutung
Etwas besser ist die Situation bei der Besetzung von Aufsichtsräten. Der DIW-Studie zufolge sind in den Top-200-Firmen 10,6 Prozent der Aufsichtsratsposten in Frauenhand – mehr als 70 Prozent von ihnen allerdings als Arbeitnehmervertreterinnen nach den Mitbestimmungsregelungen. Mit der Linde AG, Fresenius Medical Care KG, der HeidelbergCement AG und Fresenius SE verzichteten vier Aufsichtsräte der Dax-30-Unternehmen sogar ganz auf weibliche Unterstützung. Nur zwei der 200 größten Firmen haben eine Aufsichtsratsvorsitzende: „Henkel und die Würth-Gruppe – in beiden Fällen stammen die Vorsitzenden aus der Eigentümerfamilie der Unternehmen“, heißt es in der Studie.
Damit liege Deutschland im EU-Vergleich beim Frauenanteil in den Aufsichtsräten im Mittelfeld und „weit hinter anderen europäischen Ländern, aber auch hinter Schwellenländern wie China oder Brasilien“, sagt Holst. „Das Topmanagement der Großunternehmen mit mehr als 20 Mio. Euro Umsatz ist immer noch Brachland für weibliche Führungskräfte“, urteilt auch Laura Anthes, Autorin der Hoppenstedt-Analyse „Frauen in Führungspositionen“. Etwas besser sehen die Zahlen aus, wenn die Verhältnisse der mittleren Führungspositionen in die Betrachtung einbezogen werden. So verweist die Studie darauf, dass der Frauenanteil im oberen und mittleren Management seit 1995 von acht Prozent auf heute rund 20 Prozent gestiegen sei. „Das ist vor allem damit zu begründen, dass in kleinen und mittleren Chance nicht verpassen FRAUENFÖRDERUNG Bei der Frauenquote in Führungsetagen spiegelt die Logistik den Durchschnittswert aller Firmen wider. Jetzt vernetzen sich die Frauen.

 

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In der „Ladies’ Logistics Lounge“ vernetzen sich Logistikexpertinnen. 19 Unternehmen zunehmend Frauen in der Chefetage anzutreffen sind“, so Anthes. Dabei bildet die von mittelständischen Unternehmen geprägte deutsche Logistikbranche keine Ausnahme. „Unsere Recherche innerhalb der bei uns aufgeführten Unternehmen aus dem Bereich Logistik zeigt, dass deren Frauenanteil unter den 29.850 Beschäftigten im Topmanagement bei 17 Prozent und unter den knapp 7.000 Beschäftigten des mittleren Managements etwa bei 29 Prozent liegt“, erklärt Anthes – ein Durchschnittswert von 20 Prozent Frauenanteil in den Führungsetagen der Logistiker.
Gleichwohl: Gerade die Logistik-Cluster Hamburg, Nordrhein- Westfalen und Bremen belegen im Ranking „Frauenanteil in Führungspositionen nach Bundesländern“ mit 17,6, 17,1 und 16,7 Prozent die drei letzten Plätze. Zum Vergleich: In den führenden fünf Bundesländern liegt der Frauenanteil zwischen 23,6 (Mecklenburg-Vorpommern) und 24,6 Prozent (Sachsen). Womöglich bietet die Logistik mehr „geschlechtertypische“ Berufsbilder? Zu denen zählen, bezogen auf einen hohen Frauenanteil, insbesondere Buchhaltung und Rechnungswesen (72 Prozent), Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (48,7 Prozent), Personal (38,4 Prozent) und Marketing (28,4 Prozent). Bei Leitungsfunktionen in Forschung und Entwicklung liegt der Frauenanteil aber um die sechs Prozent.
So oder so: Der Druck auf die Firmen wächst. Erst kürzlich hat sich auch der Verband der Unternehmerinnen für eine Frauenquote in den Aufsichtsräten ausgesprochen. Auch wenn eine gesetzlich festgeschriebene Frauenquote gegenwärtig wohl keine Mehrheit im Bundestag finden würde, strebt die Bundesregierung offenbar eine Berichtspfl icht für die Unternehmen mit dem Ziel an, dass bis 2015 jeder fünfte Vorstands- und Aufsichtsratssitz mit einer Frau zu bekleiden ist. Mit einem Frauenanteil von 25 Prozent sind die Deutsche Post AG, Beiersdorf AG oder die Merck KGaA in ihren Aufsichtsräten bereits über dieses Ziel hinaus. Die Befürworter einer Quote verweisen auf Beispiele wie Norwegen und Frankreich.
Das Nachbarland hat Anfang dieses Jahres für Vorstände eine Frauenquote von 40 Prozent binnen eines Jahres, in Aufsichtsräten bis 2016, eingeführt. In Norwegen wurde 2003 eine Quote eingeführt, wonach beide Geschlechter zu mindestens 40 Prozent in Aufsichtsräten börsennotierter Unternehmen vertreten sein müssen. Mittlerweile liegen die ersten Studien zur Wirkung dieser Maßnahme vor: Von sechs Prozent im Jahr 2002 stieg der Frauenanteil demnach im Jahr 2009 auf die obligatorische Größe von 40 Prozent. „Die gezielte Steuerung dieses Bereiches verzeichnete damit recht schnelle Erfolge“, sagt Holst.

Vorbild Norwegen
Die Einführung der Quote in Norwegen wurde zudem von einer Vielzahl fl ankierender Maßnahmen aufseiten der Betriebe und Verbände begleitet. Hierzu gehören beispielsweise spezielle Weiterbildungs- und Qualifi zierungsangebote, die Erstellung von Datenbanken für potenzielle Kandidatinnen und deren Vernetzung. Vor diesem Hintergrund sind in den vergangenen Jahren auch im Bereich Logistik bemerkenswerte Initiativen zur Förderung von Frauen in Führungspositionen gegründet worden. Etwa die „Ladies’ Logistics Lounge“ in Hamburg (siehe LOGISTIK HEUTE 1-2/2011, S. 56). In der Metropolregion beschäftigt der engere Logistiksektor etwa 21.000 Frauen. Ihr Anteil in Führungspositionen liegt auf dem Niveau des Bundesdurchschnitts. Vier von ihnen initiierten die Lounge Anfang vergangenen Jahres. Inzwischen gibt es mehr als 60 aktive Mitglieder und einen Verteiler mit gut 200 Ansprechpartnern. „Dabei geht es nicht um irgendeine Quote, sondern um Potenziale und Qualifi zierung“, betont Lounge-Mitgründerin Ute Sachau-Böhmert. „Wir wollen Kontakte herstellen und Netzwerke aufbauen sowie fachliche Themen vertiefen und Ideen für den beruflichen Alltag entwickeln.“( jö)
Autor: Rainer Barck, freier Journalist, Hamburg

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