Gastkommentar: Logistik-Start-ups - Des einen Schmerzpunkt, des anderen Geschäftspotenzial

Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik (BVL). (Bild: BVL)
Dr. Martin Schwemmer, Geschäftsführer der Bundesvereinigung Logistik (BVL). (Bild: BVL)
Redaktion (allg.)

Investitionen in Logistik-Start-ups haben sich nach einer Studie von McKinsey im Jahr 2021 im Vergleich zu 2020 verdoppelt, die Mittelzuflüsse in Start-ups, die Transparenz versprechen, verdreifachten sich nahezu. Warum es 2021 eine Schwemme von Geld für die Logistik-Start-ups gibt, ist leicht zu beantworten. Es existieren derzeit große ungelöste Logistikprobleme beziehungsweise Schmerzpunkte, die durch innovative Lösungen von Start-ups gelindert werden könnten.

Gerne kommt man im Austausch unter Logistikern derzeit zu sprechen auf B2C-Quick-Commerceler wie Getir, Gorillas und Flink, die in nur wenigen Minuten die Lieferung von Lebensmitteln an die Haustür versprechen. Wie man es dreht und wendet, man kommt nicht so recht auf ein profitables Geschäftsmodell. Dabei ist Profitabilität für wachstumsträchtige Geschäftsmodelle in der Aufbauphase weniger von Bedeutung. Zu Anfang ist eine steile Wachstumskurve im gewählten Marktsegment wichtiger, kurzum: die Skalierfähigkeit des Geschäftsmodells. Es geht um die schnelle Umwandlung des eingesetzten Kapitals in Kundenpotenziale. Das sieht für den Außenstehenden gerne mal nach unsinnig verbranntem Kapital aus, kann aber eine Zeit lang Sinn machen. Dennoch: Die große Aufgabe für diese Unternehmen ist es, einen nachvollziehbaren Profitabilitätspfad zu entwickeln und zu beschreiten. Deutlich größere Warenkörbe und eine werbefinanzierte Abwicklung könnten hierbei denkbare Wege sein.

Ebenso beliebt sind Start-ups, die mehr Durchblick in der Supply Chain versprechen: In undurchsichtigen und stark gestörten Versorgungsketten soll mittels datenbasierter Transparenz quasi das Licht angehen. Auf dem Weg zu besserer Planung und Steuerung von Versorgungsketten kann das einen wesentlichen Unterschied machen, um zu steuern, gegenzusteuern und die Verfügbarkeit zu erhöhen. Der Anbieter Project44 hat den Sprung über den großen Teich geschafft und mit der Übernahme der Plattformen OceanInsights und Synfioo seinen Fuß erfolgreich nach Europa gesetzt. Mit Blick auf Geschäftsmodelle im Bereich Transparenz ist es durchaus denkbar, dass bereits profitable B2B-Geschäftsbeziehungen aufgebaut werden. Intelligentes Datenhandling und der Aufbau von Schnittstellenkompetenz ist bei den Transparenzanbietern Kernaufgabe, verbunden mit Zielen wie Profitabilitätszuwächsen mit jedem neuen Kundenprojekt. Spannend wird es zu beobachten sein, ob Anbieter künftig Garantien auf ihre Ankunftsprognosen geben und wie bestehende datengetriebene Dienstleistungen mit weiteren flankiert werden – etwa der Versorgungskettenplanung.

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Artikel Gastkommentar: Logistik-Start-ups - Des einen Schmerzpunkt, des anderen Geschäftspotenzial
Seite 60 | Rubrik EXTRA NEWS