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Blockchain im Gefahrgut: Digital, nachhaltig, ungefährlich

Beim Transport von Gefahrgut müssen zahlreiche Vorschriften beachtet werden – zugleich soll er möglichst nachhaltig sein. Das Blockchain-Device „Dragon“ adressiert beide Anforderungen.

Sensing Pucks – modulare IoT-Devices zur Erfassung von Zustandsinformationen – erleichtern das Tracking & Tracing von Gefahrguttransporten. Bild: Fraunhofer IML
Sensing Pucks – modulare IoT-Devices zur Erfassung von Zustandsinformationen – erleichtern das Tracking & Tracing von Gefahrguttransporten. Bild: Fraunhofer IML
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Therese Meitinger
Blockchain

Der Transport von Gefahrgütern hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Immer mehr Stoffe werden aufgrund ihrer Eigenschaften zum Schutz von Mensch und Umwelt der Gruppe der Gefahrgüter zugeordnet, sodass striktere Regeln beim Transport eingehalten werden müssen. Dieser Trend wird wohl auch in Zukunft anhalten. Doch wie gelingt es in Zeiten des digitalen Wandels dieser steigenden Komplexität zu begegnen und Prozesse nachhaltig zu gestalten? Antworten auf diese Fragestellungen wollen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in dem Projekt „Blockchain Europe“ zum Aufbau des Europäischen Blockchain-Instituts in Nordrhein-Westfalen (NRW) geben – und zwar anhand eines Blockchain-fähigen Assistenzsystems mit integrierten Sensor-Devices. Ihr Ziel ist es, Brände zu vermeiden, Menschen zu schützen und Umweltschäden zu verhindern.

Die Gefahrgutlogistik ist geprägt von einer hohen Dokumentationspflicht zur Einhaltung der rechtlichen und regulatorischen Vorschriften. Diese Rahmenvorgaben schränken die Flexibilität erheblich ein und fordern zugleich eine zeitintensive Vorplanung. Dabei bietet die Blockchain-Technologie einiges an Potenzial für die Gefahrgutlogistik. Mit einem ersten Prototyp des „Blockchain Device“ hat das Fraunhofer IML Ende Oktober 2020 ein Gerät zur Überwachung temperaturempfindlicher Waren vorgestellt. Es soll allerdings erst der Anfang einer Serie von Blockchain-fähigen IoT-Devices für die Steuerung von Lieferketten in Echtzeit, inklusive Transaktionen und Buchungen, sein.

Lückenlose Dokumentation

Die Blockchain ist eine verteilte, kooperativ genutzte Datenbank, in der Transaktionen durch die Teilnehmer eines verteilten Netzwerks erfasst und verwaltet werden. Jeder neue Eintrag, auch „Block“ genannt, wird dabei mit dem vorherigen durch eine kryptografische Signatur verknüpft. Dadurch entsteht eine Verkettung der Einträge: die Blockchain. Ein Kernaspekt dabei ist die dezentrale Konsensbildung. Bevor ein Eintrag im Speicher hinterlegt wird, muss er vom Netzwerk validiert werden. Von den Eigenschaften der Blockchain profitieren die Akteure entlang der Gefahrgutabwicklung: lückenlose und transparente Dokumentation des Prozessfortschritts, manipulationssichere und integre Datenverwaltung ohne Drittanbieter, unternehmensübergreifende Kooperationsplattform mit sicherem Informationsaustausch von der Gefahrgutanmeldung bis zur Entladung.

Das interdisziplinäre Forschungsteam verfolgt im Projekt „Blockchain Europe“ zwei Workstreams: Auf der einen Seite steht der digitale Informationsaustausch zwischen den Prozessbeteiligten im Mittelpunkt. Darauf zielt unter anderem die Prototypentwicklung eines elektronischen Beförderungspapiers, bei dem die Interaktion mithilfe der Blockchain lückenlos, manipulationssicher und stetig aktualisiert dokumentiert wird. Auf der anderen Seite geht es parallel um die Realisierung eines Blockchain-Devices für die operative Gefahrgutabwicklung. Darüber sollen relevante Begleitdokumente aus der Blockchain abgerufen, Ereignisse kontinuierlich getrackt und Smart Contracts ausgelöst werden. Dies soll zukünftig viel Zeit sparen und helfen, Vorschriften zum Schutz von Mensch und Umwelt einzuhalten.

Das Zusammenspiel funktioniert so: Über ein Blockchain User Portal namens „Dangerous“ stellen die beteiligten Akteure digital alle relevanten Informationen für den Gefahrgutversand bereit. Die Informationen werden ausschließlich den dazu berechtigten Geschäftspartnern verfügbar gemacht. Die zu transportierenden Gefahrgüter werden identifiziert und die Erzeugung entsprechender Versandetiketten zum Zweck der Transportvorbereitung lassen sich direkt mithilfe des User Portals Dangerous erzeugen.

Im Rahmen der Verladung des Gefahrguts auf die Beförderungseinheit kommt dann das Blockchain-Device namens „Dragon“ (Device for reliable dangerous goods transport) zum Einsatz. Hiermit kann ein QR-Code, der sich auf dem vorher erzeugten und auf das Gefahrgut aufgebrachten Versandetikett befindet, gescannt werden. Der Gefahrenübergang ist nach einer assistierten Prüfung in Form einer Checkliste sowie nach Auslösen eines integrierten Handover-Mechanismus abgeschlossen und wird als Transaktion in die Blockchain geschrieben. Zudem erhält der Nutzer weitere gefahrgutrelevante Hinweise vor dem Start der Beförderung. Der Fahrzeugführer erfasst über das Dragon-Device sowohl den Beginn als auch das Ende des Gefahrguttransports.

Gefahrgut über Blockchain

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Über das Device können dann auch „Sensing Pucks“ – modulare IoT-Devices zur Erfassung von Zustandsinformationen – mit dem Versandstück gekoppelt werden. Dies ermöglicht ein Tracking & Tracing von Gefahrguttransporten. Teilnehmer mit entsprechender Berechtigung können so den gesamten Gefahrgutabwicklungsprozess auf dem Blockchain-Device beziehungsweise im Dashboard des Blockchain User Portals einsehen. Außerdem wird fortlaufend überprüft, ob sich die erfassten Sensordaten innerhalb eines vorher definierten Toleranzbereichs befinden, wodurch potenzielle Gefahren im Zusammenhang mit dem transportierten Gefahrgut frühzeitig erkannt werden können. Dies ist für eine nachhaltige Gefahrgutabwicklung essenziell.

Die Sensorik der Devices liefert neben der vorliegenden Temperatur und Luftfeuchtigkeit mittelfristig auch Informationen zum jeweils aktuellen Standort. Die Überführung von gesetzlichen Vorschriften und Regularien in automatisiert ausführbare Smart Contracts trägt wesentlich zur Einhaltung der Vorschriften und Regularien bei. Außerdem wird der Prozess der Gefahrgutabwicklung dadurch für alle Akteure unmittelbar vereinfacht.

Die Entwicklungsergebnisse des bis 2023 laufenden Projekts sollen als Open-Source-Komponenten zur Verfügung gestellt und so auch für kleine und mittelständische Unternehmen zugänglich gemacht werden, die ihre digitale Transformation mithilfe der Blockchain vorantreiben und den damit verbundenen Implementierungsaufwand minimieren möchten. Mit dem kostenfreien Eintritt in die offene Community von Blockchain Europe können Unternehmen als Konzept- und Validierungspartner mitwirken, um die Digitalisierung und die Nachhaltigkeit in der Gefahrgutabwicklung zu fördern. tm

Autor: Giuseppe Perez, Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Abteilung Informationslogistik und Assistenzsysteme, Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, Dortmund.

Digitale Kette

Die Blockchain ist eine der am häufigsten genannten Technologien im Zuge der digitalen Transformation. Sie ist vor allem als Technologie hinter der Kryptowährung Bitcoin bekannt, jedoch gehen ihre Anwendungsmöglichkeiten weit darüber hinaus. Grundlage für die Blockchain ist die Distributed-Ledger-Technologie. Ein Distributed Ledger ist eine Datenbank, die auf verschiedene Standorte oder Teilnehmer verteilt ist. In dieser Datenbank werden Transaktionen verarbeitet und verifiziert. Innerhalb der Blockchain werden mehrere Transaktionen chronologisch zu einem „Block“ zusammengefasst. Zwei Blöcke werden chronologisch mithilfe einer kryptografischen Signatur verkettet („Chain“). Diese sichere Verknüpfung macht die Blockchain für alle Teilnehmenden transparent. Zusätzlich sind durch die redundant gespeicherten Einträge Datenintegrität und Manipulationssicherheit gewährleistet. Sie eignet sich also besonders gut als Grundlage für den digitalen und sicheren Austausch von vertrauensvollen Daten im Rahmen der Geschäftsbeziehungen zwischen zwei oder mehr Unternehmen.

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Artikel Blockchain im Gefahrgut: Digital, nachhaltig, ungefährlich
Seite 54 bis 55 | Rubrik EXTRA NEWS
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