Lünendonk-Liste 2020: Internationale Berater dominieren deutschen Managementmarkt: Logistikberatung: Netzwerker und Spezialisten

Konsolidierungsprozesse prägen die vielfältige Beratungslandschaft in Logistik und SCM. Aber auch 
die Topthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit schlagen sich nieder.

Auch auf dem Markt für Logistikberatung kaufen internationale Konzerne vermehrt spezialisierte Consultingfirmen zu. Bild: Worawut/AdobeStock
Auch auf dem Markt für Logistikberatung kaufen internationale Konzerne vermehrt spezialisierte Consultingfirmen zu. Bild: Worawut/AdobeStock
Therese Meitinger
Markt

Internationale Berater und Wirtschaftsprüfer dominieren den deutschen Managementmarkt: Von den fast zehn Milliarden Euro, die die führenden Managementberatungen 2019 hierzulande umsetzten, entfielen rund 8,1 Milliarden Euro auf Größen wie Accenture, die Boston Consulting Group oder KPMG. Das besagt die Lünendonk-Liste 2020, die zu den „führenden“ Consultants auch die Top 15 der deutschen Beratungen zählt. Mit rund acht Prozent im Vorjahresvergleich wuchsen 2019 die „internationalen“ auch stärker als ihre Konkurrenz mit Hauptsitz in Deutschland. Die von der Münchner Roland Berger Holding angeführte Gruppe legte nur um circa 6,2 Prozent zu.

Große kaufen Spezialisten

Auch wenn viele der großen Managementberatungen zu SCM-, Transport- und Logistikfragen konsultiert werden können, weist der Logistikberatungsmarkt einige Eigenheiten auf: Mit großen Playern und vielen mittelständischen Spezialisten ist er recht heterogen strukturiert; eine nicht unerhebliche Rolle spielt das IT-Consulting.In den letzten Jahren hat sich das Kräfteverhältnis auch hier etwas zugunsten der Großen verlagert: Internationale Konzerne kauften sich vermehrt Expertise zu, indem sie kleinere Spezialisten übernahmen. Im September akquirierte Riese Accenture etwa die Würzburger Technologieberatung Salt Solutions, um mit deren Know-how zur dynamischen digitalen Produktion und Optimierung seine Expertise auf dem Shopfloor zu vertiefen.

„Die großen Beratungshäuser haben erkannt, dass sie für die komplexen Herausforderungen ihrer Kunden nicht mehr nur breites ,generisches‘, sondern zusätzlich tiefes spezialisiertes Know-how brauchen“, sagt Dr. Christoph Treichler, Managing Partner bei der Züricher Metaberatung Cardea AG. In der Konsequenz verschwänden immer mehr Boutique-Berater vom Markt. „Durch die Integration kleinerer in größere Beratungsorganisationen geht aber vielfach auch der besondere Wert der Boutique-Berater verloren“, erläutert Treichler. Die größeren Beratungsunternehmen sieht er hingegen vor der Herausforderung, die zugekauften Kompetenzen erst einmal organisch in ein kohärentes End-to-End-Leistungsportfolio zu integrieren.

Prof. Dr. Götz-Andreas Kemmner, Geschäftsführer der Herzogenrather Gesellschaft für Unternehmensberatung mbH (A&K), hat zwei Entwicklungen beobachtet: Neben der „Einwanderung“ großer Beratungsunternehmen in den Bereich SCM nimmt er eine zunehmende Spezialisierung bei mittelständischen Consultants wahr. „A&K war schon immer auf spezifische Themenfelder fokussiert, die Entwicklungen am Beratermarkt sind uns damit eher entgegengekommen“, sagt Kemmner. Mit der logistischen Optimierung mittels Simulation in digitalen Zwillingen und der Vision der zunehmenden Automatisierung der gesamten Planungskette sieht er das Unternehmen in seinen Fachgebieten gut aufgestellt. Die Automatisierung von Planungs- und Steuerungsprozessen und der Aufbau durchgängiger Planungsketten in Unternehmen machten dem Geschäftsführer zufolge zuletzt einen Schwerpunkt der Arbeit von A&K aus. Trends wie die Digitalisierung schlagen sich eben auch im Consulting nieder. „Einerseits wird in den Unternehmen die Digitalisierung der Supply-Chain-Funktionen weiter vorangetrieben und andererseits bemühen sich die Unternehmen zunehmend, die Lücke zwischen dem Wollen und Können ihrer Mitarbeiter und den Möglichkeiten der bereits vorhandenen IT-Systeme zu schließen“, so Kemmner.

Die Entwicklung eines anderen Megatrends hat Dr. Steffen Wagner, Head of Transport & Leisure und Partner bei der KPMG AG, in seiner Beraterpraxis beobachtet: Nachhaltigkeit ist seiner Ansicht nach mittlerweile mehr als ein Thema der Corporate Social Responsibility (CSR). „Wurde CSR in der Vergangenheit seitens des Managements oder der Unternehmenskommunikation bisweilen noch als eher ,weicher‘ Faktor wahrgenommen, gilt Nachhaltigkeit heute als durchaus quantifizierbarer Faktor“, erläutert Wagner. Der Begriff werde auch nicht mehr auf Ökologie reduziert, sondern umfasse nun auch oft soziale Aspekte sowie eine entsprechende Governance. „Dieses umfassende Verständnis von Nachhaltigkeit hat zunehmend auch Auswirkungen auf Finanzierung und Prozessgestaltung sowie Produkte und Dienstleistungen unserer Mandanten“, sagt der Berater.

End-to-End-Analyse gefragt

Bei ihnen sieht Wagner ein steigendes Interesse an ganzheitlichen Lösungen, die neben dem Messen und Reporting von Emissionen auch strategische Faktoren umfassen und sich in der Unternehmensentwicklung niederschlagen. „Nachhaltige Ausrichtung bedeutet hier oftmals auch ein Umdenken in operativen und personalwirtschaftlichen Prozessen“, sagt er. „Dabei ist die individuelle Ausgangslage der einzelnen Unternehmen in der Regel natürlich sehr unterschiedlich und erfordert daher einen modularen Ansatz.“ Eine ganzheitliche Betrachtung lasse sich bei einem großen Player wegen dessen interdisziplinären Möglichkeiten besonders gut realisieren, ist Steffen Wagner überzeugt. >

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An der Schnittstelle von Digitalisierung und Nachhaltigkeit bewegt sich ein Fokus der Hamburger Leogistics GmbH: Der mittelständische IT-Anbieter will schienengebundene Transporte aus ihrer analogen Beschränkung befreien. „Der Verkehrsträger Schiene wurde über Jahrzehnte, was Optimierung und speziell die Digitalisierung betrifft, vernachlässigt“, erläutert Leogistics’ Consulting Director Christiaan Carstens. Anders als etwa in der Straßenfracht stecke die Integration von Echtzeitdaten und die Nutzung von Objekterkennung oder künstlicher Intelligenz bei Werks- oder Anschlussbahnen der verladenden Industrie noch in den Kinderschuhen. Hier wächst aktuell die Nachfrage nach digitalen Lösungen, sagt Carstens.

Beraterpraxis wird digitaler

Aktuell setzt Leogistics ihm zufolge mehrere Projekte im Bereich der Umschlag-, Hafen-, Werks- und Anschlussbahnen um. Neben den Besonderheiten der einzelnen Kunden beträfen Anfragen immer wieder drei Bereiche: „Bei der Werkslogistik geht es darum, alle an einem Standort abzufertigenden Verkehrsträger in einer Lösung integriert mit den dort vorhandenen Produktions- und Versandplanungs- sowie ERP-Systemen abzubilden“, beschreibt Carstens. Hier gelte es, relevante Daten und Funktionen für die unterschiedlichen Anwendergruppen aufzubereiten. „Der Schienengüterverkehr zeichnet sich dadurch aus, dass dieser Unternehmensgrenzen übergreifend aufgeteilt ist und jeder mit jeweils eigenen Zuständigkeiten einen Teil der gesamten Logistikleistung übernimmt“, erläutert der Leogistics-Experte einen zweiten Schwerpunkt. Hier seien vor allem kollaborative Elemente gefragt – etwa Plattformen, die eine zentralisierte Bahntransportplanung auf den gleichen Informationsstand bringen wie Rangierdienstleister. Einen dritten Anfrageschwerpunkt sieht Leogistics in der Nutzung neuer Technologien wie IoT- oder KI-Anwendungen, um etwa Echtzeitdaten zu generieren.

Um einiges digitaler wurde in diesem Jahr auch der Beratungsalltag – ein Nebeneffekt, der sich aus der Coronapandemie ergab. „Was unsere Projekte betrifft, so hat uns in der Coronakrise geholfen, dass wir bereits seit Jahren aus ökologischen und Effizienzgründen daran arbeiten, einen wachsenden Teil unserer Beratungsaktivitäten remote durchzuführen“, sagt Götz-Andreas Kemmner von A&K. Das habe es dem Unternehmen in den vergangenen Monaten ermöglicht, viele Projekte komplett online oder mit weniger Besuchen vor Ort abzuwickeln.

Therese Meitinger

Nachgefragt bei Dr. Christoph Treichler, Cardea - „Kunden sollten sich ihre Hebel und Ziele gut überlegen“

Dr. Christoph Treichler, Managing Partner bei der Züricher Metaberatung Cardea

Dr. Christoph Treichler, Managing Partner bei der Züricher Metaberatung Cardea, hat sich auf die Fahnen geschrieben, Unternehmen mit den passenden Beratern zusammenzubringen. LOGISTIK HEUTE hat ihn gefragt, worauf Firmen bei der Beratersuche achten sollten.

LOGISTIK▶HEUTE◀: Was macht einen guten Berater und eine gute Beratung aus?

Dr. Christoph Treichler:Ein guter Berater muss vieles können respektive die richtigen Voraussetzungen mitbringen, damit er optimal zu den Kundenanforderungen passt. Das heißt auch, dass die Frage, was einen guten Berater ausmacht, sich nur teilweise generell beantworten lässt. Natürlich braucht er die richtige Expertise und Erfahrung, um eine spezifische Herausforderung eines Kunden zu lösen. Dazu gehören analytische Kompetenzen, Kreativität, Praxisverständnis, aber auch Umsetzungs- respektive Lösungskompetenz. Zudem muss der angebotene methodische Approach und die Art der Zusammenarbeit mit den Kunden zu den Projektanforderungen und der Organisation eines Kunden passen.

Worauf sollten Unternehmen im Berater-Auswahlprozess für Logistik oder SCM-Belange besonderes Augenmerk legen?

Die Herausforderungen der Kunden in Fragestellungen der Logistik und dem SCM sind sehr komplex und vernetzt. In vielen Projekten ist eine gesamtheitliche beziehungsweise „End-to-End“-Sicht erforderlich und der Berater muss sowohl strategisch-konzeptionelle Fragen als auch technologische, prozessuale und organisatorische Fragen lösen. Und – last but not least – stellen auch Logistik- und SCM-Prozesse immer mehr Anforderungen an die Kundenzentrierung. Das heißt, Kunden müssen sich genau überlegen, wo die prioritären Hebel und Ziele liegen, denn in allen Fällen hat jedes Beratungsunternehmen bestimmte Schwerpunkte und Kernkompetenzen, abhängig von seiner „DNA“ und den Projekterfahrungen. Diese Nuancen werden häufig übersehen und es wird zu stark auf das „End-to-End“-Versprechen der Berater gesetzt – häufig mit der Folge, dass der Berater sein Leistungsversprechen nicht halten kann und der Kunde unzufrieden mit der Leistung eines Beraters ist – woran aber nicht alleine der Berater Schuld ist.

Brauchen KMU andere Beratungsstrukturen als größere Unternehmen?

In aller Regel ja. KMU ticken anders als Großunternehmen, haben eine andere Unternehmenskultur und sind ressourcenmäßig ganz anders aufgestellt als zum Beispiel Konzerne. Das heißt, KMU tun gut daran, Berater auszuwählen, die sich in mittelständischen Strukturen oder mit den Besonderheiten eigentümer- oder familiengeführter Unternehmen auskennen. Denn die erforderliche Art der Zusammenarbeit zwischen Kunden und Berater wird sich aufgrund der Unternehmensgröße ändern und allenfalls auch die erforderliche Expertise, Erfahrungen und Persönlichkeiten der Berater.

Die Fragen stellte Therese Meitinger.

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Artikel Lünendonk-Liste 2020: Internationale Berater dominieren deutschen Managementmarkt: Logistikberatung: Netzwerker und Spezialisten
Seite 52 bis 54 | Rubrik EXTRA