Lokalisierung: Digitaler Zwilling für die Stückgutlogistik

Die Technologie @ILO von Dachser scannt automatisiert Packstücke und ermöglicht eine permanente Inventur. Damit ist der Logistikdienstleister ein Vorreiter beim Einsatz des Digital Twin im Umschlaglager.

Das @ILO Terminal bietet eine metergenaue Ortung der Paletten in Echtzeit. Grundlage sind ein DataMatrix-Code, optische Scanner sowie Software. Bild: Dachser
Das @ILO Terminal bietet eine metergenaue Ortung der Paletten in Echtzeit. Grundlage sind ein DataMatrix-Code, optische Scanner sowie Software. Bild: Dachser
Gunnar Knüpffer
Lokalisierung

Dachser testet den Einsatz eines digitalen Zwillings für Packstücke und Abläufe in der Stückgutlogistik. Wie der Logistikdienstleister der LOGISTIK HEUTE-Redaktionberichtete, erprobt er die Technologie mit dem Namen „Advanced Indoor Localization and Operations“ („@ILO“) aktuell in den Pilotanlagen in Unterschleißheim bei München und Öhringen bei Stuttgart: Diese werden als @ILO Terminals bezeichnet.

Der Digital Twin für Umschlagläger soll künftig vollautomatisch Echtzeitdaten zu jeder palettierten Sendung liefern. Mit dieser Supply Chain Visibility will Dachser signifikante Prozessverbesserungen erzielen: Die Technologie @ILO soll durch eine vollautomatische Identifizierung das manuelle Scannen von Packstücken überflüssig machen. Sie ermöglicht es, Paletten in Echtzeit metergenau zu orten. Leitinformationen für den innerbetrieblichen Transport können durch die Technologie bereitgestellt werden und Packstücke können vollautomatisch und permanent vermessen werden.

Prozesszeiten werden verkürzt

Logistikfachleute von Dachser und Wissenschaftler des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund hatten über vier Jahre lang an dem digitalen Zwilling für die Stückgutlogistik sowie dem sogenannten „Dachser Future Terminal“ gearbeitet. Innerhalb dieses Forschungs- und Entwicklungsprogramms will der Logistikdienstleister in den kommenden Jahren zukunftsweisende Technologien und Prozesse in den mehr als 300 eigenen Umschlagterminals und Warehouses im europäischen Logistiknetzwerk zum Einsatz bringen.

Das Pilotprojekt in Unterschleißheim hat bereits gezeigt, dass die Mitarbeiter aufgrund von @ILO keine Eingangsscannungen der Packstücke mehr durchführen müssen, da diese automatisiert im Lager erfasst werden. Der Prozess wird nach Angaben der beteiligten Forscher beschleunigt und diese Waren auf Paletten können direkt weiter verräumt werden. Auch führt der digitale Zwilling permanent eine automatische Inventur durch, sodass bekannt ist, welche Sendungen sich gerade im Umschlaglager befinden. Diese Inventur mussten die Mitarbeiter bisher händisch durchführen. Zudem kann ein Fahrer auf Knopfdruck herausfinden, wo sich eine bestimmte Sendung gerade befindet. Das alles hat nach Angaben der Forscher bisher in Unterschleißheim zu Zeitersparnis und mehr Qualität in den Prozessen geführt.

Vor zwei Jahren hatten erste Berechnungen auf Basis der Labortests im Dachser Enterprise Lab am Fraunhofer IML gezeigt, dass der digitale Zwilling Optimierungen bei der Prozesszeit in Höhe von zehn bis 20 Prozent ermöglichen kann. Aktuell startet Dachser in den beiden Pilotanlagen Prozesszeitanalysen auf Basis des realen Einsatzes. Diese Daten sammelt der Logistikdienstleister in den kommenden Monaten und bewertet sie Anfang nächsten Jahres.

Hinter @ILO steht KI

„Das @ILO Terminal hat das Potenzial, ein Meilenstein auf dem Weg zu effizienteren und nachhaltigeren Logistikoperationen zu sein, da es eine ganz neue Stufe der Transparenz über die Abläufe im Umschlaglager bietet“, sagte der CEO von Dachser, Burkhard Eling, gegenüber LOGISTIK HEUTE. Die Digitalisierung der Kernprozesse bei Dachser berge die größte Chance, das Geschäft weiter zu verbessern, indem man nicht nur modernste Technologien einsetze, sondern auch die Mitarbeiter in die digitale Welt einbeziehe.

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Der digitale Zwilling für Umschlagläger beruht dabei auf drei Komponenten: dem Identifikator, einem optischen Scanner und einer Software. Beim Identifikator handelt es sich um einen zweidimensionalen DataMatrix-Code, der auf das Packstück geklebt wird. Das Lesen dieser Codes übernehmen dann viele optische Scanner, die unter der Hallendecke installiert sind und den Hallenboden abscannen. Die Software, die die aufgenommenen Daten zusammenführt und verarbeitet, steuerten dabei Wissenschaftler des Fraunhofer IML bei.

„Zum Einsatz kommen modernste, auf künstlicher Intelligenz basierende Algorithmen, die das Internet der Dinge und die Vision von Industrie 4.0 und Logistik 4.0 auch in der robusten Stücklogistik mit ihrer starken Heterogenität, unterschiedlichen Packstückvolumina und hohen Palettengewichten Wirklichkeit werden lassen“, erläuterte Professor Dr. Dr. h.c. Michael ten Hompel, Institutsleiter des Fraunhofer IML.

Durch das @ILO-System könnte auch bald eine sogenannte automatische Verheiratung von Flurförderzeugen (FFZ) und Packstücken Wirklichkeit werden. Dabei erkennt die Technologie automatisch, dass ein FFZ eine Palette aufnimmt und übermittelt die Informationen zum jeweiligen Packstück über eine WLAN-Verbindung mit MQTT-Protokoll in Echtzeit an die Mitarbeiter. Ohne weiteres Handeln sollen diese Daten dann unmittelbar auf Displays angezeigt werden. Diese Funktionalität spart nach Dachsers Einschätzung Prozesszeiten und gestaltet etablierte Abläufe im Umschlaglager neu.

Mitte nächsten Jahres will die Führung von Dachser auf Basis der finalen Ergebnisse aus dem @ILO-Forschungsprojekt und den Praxistests in den beiden Pilotanlagen entscheiden, ob der digitale Zwilling im gesamten europäischen Netzwerk des Logistikdienstleisters zum Einsatz kommen wird. „Die vorliegenden Resultate stimmen uns sehr zuversichtlich, dass wir mit dem @ILO Terminal eine neue Stufe der Supply Chain Visibility erreichen können“, berichtete der Chief Development Officer (CDO) bei Dachser, Stefan Hohm. „Diese neue Art der Transparenz über alle Warenbewegungen im Umschlaglager und die damit verbundenen Optimierungsmöglichkeiten werden wir in einem künftigen Schritt auch Kunden und Partnern verfügbar machen.“

Gunnar Knüpffer

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Seite 62 bis 63 | Rubrik EXTRA