Buchtipps für Logistiker
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5G oder nicht 5G? Dieser Frage widmete sich die Europäische Kommission Mitte März dieses Jahres und löste damit heftige Reaktionen bei Automobilherstellern und ITK-Unternehmen aus. Der Stein des Anstoßes war ein sogenannter delegierter Rechtsakt, der die Einführung kooperativer intelligenter Verkehrssysteme (C-ITS) in Europa beschleunigen soll. Der delegierte Rechtsakt sollte die Kompatibilität und Interoperabilität der in vernetzten Fahrzeugen verwendeten Kommunikationstechnologien sicherstellen. „Um den Nutzen zu maximieren, müssen die unterschiedlichen Vorteile der verschiedenen, sich ergänzenden Technologien eingesetzt werden“, hieß es in einer Pressemitteilung der EU-Kommission. Für kurze, zeitkritische Dienste solle deswegen der WLAN-Standard ITS-G5 zum Einsatz kommen.
In dieser Bestimmung sah eine Allianz aus den Automobilisten BMW, Daimler, Ford und PSA, den Chipherstellern Intel, Qualcomm und Samsung sowie der Deutschen Telekom und anderen ITK-Unternehmen ein klares Votum gegen die 5G-Technologie. Die Befürworter der 5G-basierten Standards C-V2X forderten Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer in einem Schreiben auf, sein Veto gegen den delegierten Rechtsakt einzulegen und sich für „echte Technologieneutralität“ einzusetzen. Auch der Interessenverband 5G Automotive Association (5GAA) kritisierte die Entscheidung in einem Statement scharf: Europa drohe in Sachen 5G den Anschluss zu verlieren. 5G sei derzeit noch nicht einsatzfähig, argumentierten hingegen Volkswagen, Renault, MAN und NXP, die den Rechtsakt begrüßten.
ITS-G5 oder C-V2X?
Auch für die Anbieter von Transport Management Systemen (TMS) ist der Mobilfunkstandard eine Frage, die sie in ihre Planungen einbeziehen müssen. Maik Fischer, Chief Project Officer beim Kemptener Logistik-IT-Anbieter Soloplan, hält die ITS-G5-Strategie der Europäischen Union zum aktuellen Zeitpunkt für richtig. Die Wahl entsprechender Standardprotokolle stehe vor der Stärkung der europäischen Entwicklung. „Da die im Rahmen der Entwicklung von Automobilanwendungen bestehenden Erfordernisse weltweit teils inkompatibel spezifiziert wurden, ist es für Soloplan als europäischer Mittelstand entscheidend, die eigenen Märkte zu kennen“, sagt Fischer gegenüber LOGISTIK HEUTE. „Der zukünftige WLAN-Standard ITS-G5 setzt hierbei bereits auf detailliertes Know-how der innereuropäischen Automobil- und Mautindustrie.“ Dadurch sei auch in Zukunft eine rasche Integration von TMS wie „CarLo inTOUCH“ möglich.
Auf 5G seien Anbieter von TMS langfristig jedoch schon wegen der sich radikal verändernden Anforderungen an Kunden wie Speditionen, Logistikdienstleister und Transportunternehmen angewiesen, erklärt Alexander Redman, Head of Sales CEE bei Soloplan: „Um wettbewerbsfähig zu bleiben, sind heute digitale Lieferketten mit Liveinformationen auf der Lkw-Flotte notwendig. Dafür sind schnelle und verlässliche Internetverbindungen in die Flotte unabdingbar.“ Schließlich müssten immer mehr Daten in immer weniger Zeit mit stetig wachsenden Flotten ausgetauscht werden – eine Anforderung, der der Mobilfunkstandard mit seiner geringen Latenz und Datenübertragungsraten von bis zu 10.000 Megabit pro Sekunde entspricht.
„5G wird sich für die Logistik und das Transportwesen als Technologie mit enormem Transformationspotenzial erweisen“, sagt C. Prasanna Venkatesan, Director der Industry Solutions Group beim TMS-Anbieter Oracle in San Francisco. Transport- und Fahrzeugsysteme seien extrem datenintensiv, doch aktuell würde nur ein Prozent der verfügbaren Fahrzeugdaten übertragen, analysiert, gespeichert und als Handlungsgrundlage verwendet. Der Rest seien „digitale Abgase“ – und die Datenmenge werde künftig noch zunehmen. „Viele dieser Daten werden sich nur mithilfe einer ständig verfügbaren und besseren Konnektivität wie etwa 5G analysieren lassen. Es ist davon auszugehen, dass 5G mit seiner höheren Geschwindigkeit und Bandbreite die Kosten des Datentransports auf der letzten Meile erheblich senken wird“, erläutert Venkatesan gegenüber LOGISTIK HEUTE. Zudem könne 5G eine bis zu tausendfach höhere Zahl von Geräten innerhalb eines Spektrums unterstützen als sein Vorgänger 4G.
Echte Echtzeit wird möglich
Zu diesen Geräten könnten die Smartphones zählen, auf denen Transportmanagement-Apps von Transporeon im Einsatz sind. Das Ulmer Unternehmen bietet Logistikplattformen wie „Transporeon“ an, über die zum Beispiel Frachtaufträge vergeben und Zeitfenster gebucht werden können. „Wir möchten künftig mehr Funktionalitäten über Apps abbilden“, sagt Thomas Einsiedler, Chief Product Officer bei Transporeon, zu LOGISTIK HEUTE. „Wenn sich mithilfe von 5G Daten in Echtzeit übertragen lassen, müssen wir uns bei der Entwicklung nicht auf wenige Features beschränken, sondern können deutlich mehr Funktionalitäten einplanen.“ Auch der Datenaustausch und die Updates würden sich leichter gestalten. Hinzukomme, dass auf den Logistikplattformen die Zahl der Echtzeitinformationen zunehme. „Daten wie etwa die geschätzte Ankunftszeit liegen uns durch eine mangelhafte Netzabdeckung oder niedrige Datenübertragungsraten aktuell nicht immer in Echtzeit vor“, sagt Einsiedler.
Prasanna Venkatesan von Oracle ist überzeugt, dass die Zahl der von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen getriebenen Applikationen im Gefolge der 5G-Konnektivität künftig deutlich zunehmen wird. Je größer das analysierte Datenvolumen, desto präziser die Vorhersagen zu Ankunftszeiten, Umleitungen oder Stauaufkommen. Denkbar sei auch ein Live-Videostream für Flottenmanager, die wissen wollen, wo ihre Ladung bleibt. „Bis jetzt haben wir die Möglichkeiten von autonom oder im Schwarm zugestellten Lieferungen mit keiner oder geringer Überwachung durch Menschen kaum gestreift“, sagt Prasanna Venkatesan. Sobald die Regularien für voll autonomes Fahren klarer würden, eröffne sich mit den unterschiedlichen Remote-Kontrollfunktionen ein völlig neues Feld für TMS. „Die Möglichkeiten sind endlos.“
Bei aller Euphorie um die neuen Möglichkeiten gilt es aber immer auch, die Grundsätze der Datenschutzgrundverordnung und damit beispielsweise das Gebot der Datenminimierung sowie die Anforderungen an IT Sicherheit zu wahren, weiß Thomas Einsiedler. „Zudem muss sichergestellt sein, dass wir die Daten, egal auf welchen Applikationen diese sind, per Knopfdruck entfernen können“, sagt er.Therese Meitinger
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