19. Juni 2023, 09:00 Uhr
Der zunehmende Einsatz von datenerfassenden Technologien wie Scannern, Bewegungstrackern oder Smartphones in der Logistik führt zu einer großen Datenvielfalt, die auch personenbezogene Daten enthalten kann. Damit lassen sich relativ einfach Leistungen von Mitarbeitern berechnen und vergleichen oder auch persönliche Fitnessdaten in Unternehmen transferieren. Das Thema künstliche Intelligenz (KI) spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle: KI-Algorithmen erlauben es, die Daten hochperformant zu verarbeiten und schnelle, detaillierte Datenanalysen zu erstellen. Aber die Verwendung von personenbezogenen Daten im Zusammenhang mit KI birgt auch viele Risiken und Ängste. Das wirft die Frage auf: Wie können Unternehmen hier mitarbeiterfreundlich agieren?
Kommissionieren oder sitzen?
Das an der Technischen Universität München angesiedelte Forschungsprojekt „Human preference-aware optimization system“ hat in den vergangenen drei Jahren untersucht, wie sich Prozessdaten von Logistikmitarbeitern ethisch angemessen verwenden lassen. Im gewählten Anwendungsbeispiel, der Schichtplanung in der Logistik, entwickelten die Wissenschaftler einen Fragebogen, um Präferenzen von Mitarbeitern zu erfassen, und anschließend einen KI-basierten Algorithmus, um Mitarbeitern auf Basis ihrer Wünsche Schichten zuzuteilen. So kann zum Beispiel ein Mitarbeiter, der sein Kind aus dem Kindergarten abholen muss, angeben, dass er an diesem Tag in der Frühschicht arbeiten möchte. Oder eine Mitarbeiterin, die einen Arzttermin hat, wird in die Lage versetzt, ihre Schicht mit einem Kollegen oder einer Kollegin zu tauschen.
Auch Wünsche für bestimmte Arbeitsplätze sind möglich: Wer gerne sitzt, bekommt eher einen Arbeitsplatz auf einem Fahrzeug zugewiesen, und wer gerne läuft, erhält eher einen Kommissionierarbeitsplatz. Der Aufwand für Führungskräfte, einen Schichtplan zu erstellen, sinkt so erheblich und kann statt manuell oder „Excel“-basiert auf diese Weise digital durchgeführt werden. Auch kurzfristige Umplanungen bei Krankheitsausfällen sind dank der kurzen Berechnungszeit neuer Schichtpläne einfacher möglich.
Das Projekt wurde am Lehrstuhl Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der TU München von Prof. Dr. Johannes Fottner und Charlotte Haid betreut und in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für International Relations (Prof. Dr. Tim Büthe und Dr. Charlotte Unruh) durchgeführt. Gefördert wurde das Projekt dabei durch das Institute for Ethics in Artificial Intelligence der TU München. Wer Interesse an einer Nutzung des Algorithmus hat, findet die Kontaktdaten unter: www.mec.ed.tum.de/fml/forschung/studien.
Im Projekt entstand zudem ein Handbuch mit allen wichtigen Schritten, um eine präferenzbasierte Schichtplanung zu erstellen. Neben den technischen Aspekten werden darin ethisch relevante Themen wie Wohltätigkeit, das Prinzip des Nichtschadens oder der Gerechtigkeit einfach und kurz erklärt. Leser sollen so einen Zugang zum Thema Ethik finden und ermutigt werden, sich damit auseinanderzusetzen. Bei Interesse steht das Handbuch kostenlos zum Download auf der Website des fml bereit. tm
Autorin: Charlotte Haid, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Fördertechnik Materialfluss Logistik (fml) der Technischen Universität München.