Obhutshaftung des Frachtführers: HGB-§425-Haftung für Güter- und Verspätungsschäden: Rechte und Regelungen im Transportgewerbe

Das Transportgewerbe ist mit vielen juristischen Regelungen unterlegt. Aber wer weiß schon, wer in welchem Fall für was haftet, wann europäisches und wann deutsches Recht gilt? Wir geben Ihnen Hilfestellung zu Fragen rund um das Thema Transportrecht.

Symbolbild: Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit (Quelle: Pixabay.com)
Symbolbild: Justitia, die Göttin der Gerechtigkeit (Quelle: Pixabay.com)
Redaktion (allg.)
Deutsches und europäisches Transportrecht

Obhutshaftung des Frachtführers:
In den folgenden Artikeln klärt die Deutsche Anwaltshotline in Nürnberg (www.deutsche-anwaltshotline.de) über juristische Feinheiten im deutschen und europäischen Transportrecht auf.

  • deutsches Transportrecht
  • europäisches Transportrecht
  • aktuelle Rechtsprechung

1. Das deutsche Transportrecht

Haftung für Güter- und Verspätungsschäden, § 425 HGB
Durch § 425 Abs. 1 Handelsgesetzbuch HGB sind Substanzschäden (Totalverlust, Teilverlust oder Beschädigung), nicht jedoch andere Vermögensschäden sanktioniert. Die typischsten Vermögensschäden während des Transportverlaufs sind z.B. der Nichteinzug der Nachnahme (Spezialregelung § 422 HGB), die Mitteilung der Lieferantenadresse entgegen ausdrücklicher Weisung des Absenders (= Vermögensschaden mit Haftung nach § 433 HGB) und die Lieferfristüberschreitung (beurteilt sich nach § 423 HGB). Sofern diese Schäden im Obhutszeitraum, also der Zeit von der Übernahme des Frachtgutes bis zur Ablieferung, entstanden sind, besteht eine Schadensersatzpflicht des Frachtführers auch ohne Verschulden.
Beispiel: Nach Übernahme von 1000 DVD-Playern durch den Frachtführer erreichen den Empfänger nur 950 Player. Der Frachtführer haftet für die fehlenden DVD-Player unabhängig von seinem Verschulden an diesem Verlust.
Haftung des Frachtführers für andere, § 428 HGB
Der Frachtführer haftet für alle Personen die in seinem Unternehmen tätig sind, z.B. Fahrer-, Lager- und Büroangestellte, wenn diese in Ausführung ihrer Verrichtung handeln oder etwas unterlassen, was sie zu tun hätten. Dazu gehört z.B. die Obhutspflicht gegenüber dem Transportgut. Der Frachtführer haftet, wenn er das Transportgut nicht vor Diebstählen Dritter wirksam schützt. Es besteht für den Frachtführer hier ein Rückgriffsrecht gem. den arbeitsrechtlichen Grundsätzen über die herabgesenkte Haftung bei gefahrgeneigter Arbeit.
Der Frachtführer haftet auch für andere Personen, z.B. Unterfrachtführer und deren Erfüllungsgehilfen, wenn diese in Ausführung der Beförderung tätig sind, also wenn der Frachtführer sich dieser zur Erfüllung seiner frachtvertraglichen Pflichten bedient (§ 278 BGB). Hier besteht ein Rückgriffsrecht gem. den Haftungsregeln des HGB.
Haftungsausschlüsse
Die Obhutshaftung des Frachtführers wird aufgehoben durch:
Besondere Haftungsausschlussgründe i. S. v. § 427 HGB
Demnach ist der Frachtführer von seiner Haftung befreit, soweit der Verlust, die Beschädigung oder die Überschreitung der Lieferfrist auf eine der folgenden Gefahren zurückzuführen ist:

  • vereinbarte oder der Übung entsprechende Verwendung von offenen, nicht mit Planen gedeckten Fahrzeugen oder Verladung auf Deck (Anwendung des Transportrechts auch auf die Binnenschifffahrt)
  • ungenügende Verpackung durch den Absender § 411 HGB)
  • Behandeln, Verladen oder Entladen des Gutes durch den Absender oder Empfänger (§ 412 HGB)
  • natürliche Beschaffenheit des Gutes, die besonders leicht zu Schäden, insbesondere durch Bruch, Rost, inneren Verderb, Austrocknen, Auslaufen, normalen Schwund, führt (§ 410 HGB) - im Unterschied zu § 425 Abs.2 HGB geht es hier nicht um schadensträchtige Einzelstücke (Stichwort: Montagsproduktion), sondern um die durchschnittliche Schadensträchtigkeit des Transportgutes. Sonderregelungen nach entsprechenden Vereinbarungen (§ 427 IV HGB).
  • ungenügende Kennzeichnung der Frachtstücke durch den Absender (§ 411 HGB)
  • Beförderung lebender Tiere (§ 410 HGB)

Sofern eine der vorgenannten Situationen gegeben ist, wird zugunsten des Frachtführers vermutet, dass der Schaden auch seine Ursache in diesem Grund hatte. Diese Vermutung gilt, bis der Anspruchsteller den Gegenbeweis erbracht hat, dass der Schaden nicht aus einem der vorgenannten Gründe entstanden ist (§ 427 Abs. 2 HGB) und damit der Frachtführer hierfür verantwortlich ist.

§ 427 Abs. 3 bis 5 HGB regeln besondere und typische Situationen in denen sich der Frachtführer nur unter Berücksichtigung der beschriebenen Voraussetzungen auf die Haftungsausschlussgründe erfolgreich berufen kann. Hierbei handelt es sich um besondere Weisungen hinsichtlich der Beschaffenheit des Gutes (Schutz gegen die Einwirkungen von Hitze, Kälte, Temperaturschwankungen, Luftfeuchtigkeit, Erschütterungen und ähnliche Einflüsse) oder um besondere Vereinbarungen. Wenn ihm solche erteilt wurden und der Frachtführer diese nicht beachtet hat, dann kann er sich nicht auf die Haftungsbefreiungen des § 427 I HGB berufen

Haftungsausschluss bei Unvermeidbarkeit, § 426 HGB

Ebenfalls ist der Frachtführer von der Haftung befreit, soweit der Verlust, die Beschädigung oder die Überschreitung der Lieferfrist auf Umständen beruht, die der Frachtführer auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen er nicht abwenden konnte. Voraussetzung hierfür ist absolute Unvermeidbarkeit (objektiver Maßstab), z.B. höhere Gewalt, und der Nachweis, dass trotz größter Sorgfalt des Frachtführers der Schaden nicht vermieden werden konnte (subjektiver Maßstab).

Unvermeidbar sind Unfälle, auf die der Frachtführer keinen Einfluss hat, wie z.B. die Kollision eines mit angemessener Geschwindigkeit ganz rechts fahrenden LKW mit einem Sattelzug, der über die Mittellinie geraten war; oder ein Reifenbrand infolge Reifendruckabfalls wegen eines nicht sichtbaren, einschneidenden Gegenstandes auf der Straße.

Achtung: i.d.R. gelten Fahrzeugdefekte als vermeidbare Ereignisse. Gleiches gilt auch für Unfälle aus ungeklärter Ursache.
Die Beweislast für das Vorliegen eines unvermeidbaren Ereignisses hat der Frachtführer
Mitverschuldenseinwand / Schadensteilung, § 425 Abs. 2 HGB

Für den Frachtführer liegt eine Haftungsbeschränkung durch mitwirkendes Verhalten des Absenders oder Empfängers gem. § 425 Abs.2 HGB vor, wenn

  • ein Handeln bzw. Unterlassen des Absenders oder Empfängers zur Schadensverursachung führt, z.B. mangelnder Hinweis auf die Selbstentzündungsgefahr oder besondere Empfindlichkeit der Ladung,
  • ein Handeln bzw. Unterlassen des Absenders oder Empfängers zu höherem Schaden führt, z.B. unterlassener Hinweis des Absenders auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens,
  • besondere Eigenschaften des Transportgutes zum Schaden führen, z.B. mangelnde Vorkühlung von zu transportierendem Kühlgut; Fehler in der Elektronik einer transportierten Maschine, der zu einem Brand führte,
  • Kausalität gegeben ist, z.B. ohne Elektronikfehler in der transportierten Maschine wäre diese nicht abgebrannt. Wenn der Absender den Frachtführer darauf hingewiesen hätte, dass bei mehrstündiger Erschütterung durch den Transport, das Transportgut explodiert, dann hätte der Frachtführer entsprechend Fahrtunterbrechungen einlegen können und damit wäre die Explosion zu verhindern gewesen.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen führt zu einem Haftungsausschluss oder zur Schadensteilung zwischen Frachtführer und Anspruchsberechtigten, nach dem Grad der Verursachung, z.B. ¼ zu ¾.

Berechnung der Höhe des Schadensersatzes
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Wertersatz, § 429 HGB

Bei Substanzschäden wird der Frachtführer zum Wertersatz in Geld verpflichtet, § 429 HGB. Abs. 1 regelt den Wertersatz bei gänzlichen oder teilweisen Verlust des Transportgutes. Die Wertberechnung erfolgt auf der Basis des Wertes des Transportgutes am Ort und zur Zeit der Übernahme. Wertsteigerungen infolge der Ortsveränderung bleiben damit unberücksichtigt.
Abs. 2 bestimmt die Höhe des Wertersatzes bei Beschädigung. Die Wertminderung wird auf Basis eines Kostenvergleichs zwischen beschädigtem Gut und unbeschädigtem Gut am Übernahmeort zur Übernahmezeit festgestellt. Die so ermittelte Differenz stellt damit die Obergrenze für den Wertersatz dar. Schadensminderungskosten, z.B. Umverpackungskosten, Reparaturkosten oder Bergungskosten sind nur dann erstattungsfähig, wenn sie nicht die vorgenannte Wertdifferenz überschreiten. Jedoch begründet Abs. 2 Satz 2 die widerlegliche Vermutung, dass die Kosten zur Schadensminderung der o.g. Differenz entsprechen. Wenn also diese Kosten dem Frachtführer als zu hoch erscheinen, kann er versuchen, diese Vermutung durch den Gegenbeweis zu zerstören.

Beispiel: In Pappkartons verpackte Oberhemden wurden auf dem Transport total durchnässt. Für die Kosten der Aufarbeitung der Hemden und Neuverpackung gilt die gesetzliche Vermutung, dass diese der Wertminderung entsprechen. Sollten diese jedoch höher sein als die Wertminderung des Transportgutes, kann der Frachtführer seinen Schadensersatz begrenzen.
Der einer Wertberechnung zugrunde liegende Wert bestimmt sich nach dem Markt-, bzw. Durchschnittspreis, sodass besondere wertverändernde Umstände, wie z.B. der Transport des Gutes, außer Betracht bleiben. Als Vermutungsregel nach Abs. 3 Satz 2 gilt bis zum Beweis des Gegenteils, dass bei unmittelbarem Verkauf der Ware, der ausgewiesene Verkaufspreis abzüglich der Beförderungskosten als Marktpreis gilt.


Schadensfeststellungskosten, § 430 HGB

Neben den Wertersatzkosten hat der Frachtführer bei Verlust oder Beschädigung auch die Kosten der Schadensfeststellung zu tragen, § 430 HGB, wie z.B. die Kosten eines Havariekommissars oder Sachverständigenkosten.
Der maximale Ausgleichsanspruch wird jedoch durch die Haftungshöchstbeträge in § 431 HGB begrenzt.


Haftungshöchstbetrag, § 431 HGB

Die Haftung des Frachtführers für Substanzschäden nach § 429 HGB und für die Schadensfeststellungskosten gem. § 430 HGB ist begrenzt auf 8,33 SZR (Sonderziehungsrecht des internationalen Währungsfonds) für jedes Kilogramm des Rohgewichts der gesamten Sendung, § 431 Abs. 1 HGB. Rohgewicht bedeutet das Gewicht des Transportgutes plus Gewicht der Verpackung.

Abs. 2 bestimmt die Berechnung des Kilogrammwertes bei zusammenhängenden Sendungen, die aus mehreren Frachtstücken bestehen. Wenn durch den Teilverlust die gesamte Sendung wertlos geworden ist, dann berechnet sich der Haftungshöchstbetrag nach dem Gewicht der Gesamtsendung, ansonsten nur nach dem Gewicht des verloren gegangenen Teils.

Abs. 3 bestimmt den Schadensersatz bei Verspätungen/Lieferfristüberschreitung und maximiert diesen mit dem dreifachen Satz der Fracht.

Abs. 4 regelt die Höhe der Umrechnung der Rechnungseinheiten des internationalen Währungsfonds (SZR) in Euro (Beispiel: Umrechnung Jan. 2004: 1 SZR = 1,18226 EUR; 8,33 SZR = 9,85 EUR).


Sonstiger Kostenersatz bei Verlust, § 432 HGB

Die Regelung in § 432 HGB trägt dem Umstand Rechnung, dass der zu ersetzende Schaden sich nach dem Wert des Frachtgutes am Übernahmeort bestimmt. Die vom Absender aufgewendeten Kosten für den Transport (öffentliche Abgaben wie Zölle, Verbrauchssteuern, Import- und Exportsteuern und sonstige Kosten aus Anlass der Beförderung, z.B. Wiege-, Be- und Entladungskosten) werden bei der Schadensberechnung nach § 429, 430 HGB nicht erfasst. Diese Kosten können jedoch einen wesentlichen Teil des Schadens des Absenders ausmachen. Sie werden durch § 432 HGB erstattungsfähig, der jedoch nur bei Verlust oder Beschädigung des Transportgutes zur Anwendung kommt. Damit unterliegen sie auch nicht der Haftungslimitierung in § 431 HGB und sind deshalb in voller nachgewiesener Höhe durch den Frachtführer auszugleichen. Neben den ausdrücklich genannten Positionen, wie Fracht und öffentliche Abgaben umfasst der Begriff "sonstige Kosten" alle Kosten, die nach Übergabe des Transportgutes beförderungsbedingt entstanden sind, wie z.B. Umladekosten.


Haftungshöchstbetrag bei sonstigen Vermögensschäden, § 433 HGB

Durch § 433 HGB wird die Haftung des Frachtführers bei Vermögensschäden (außer bei Lieferfristüberschreitung) begrenzt auf das Dreifache des Betrages, den der Frachtführer bei Verlust zu zahlen hätte. Voraussetzung ist der Eintritt eines Vermögensschadens, d.h. ein kommerzialisierbarer Schaden, der kein Substanzschaden oder Schaden wegen Überschreitung der Lieferfrist ist. Ferner darf es sich bei diesen Schäden nicht um Personen- oder Sachschäden handeln (dann unbegrenzte Haftung nach § 823.ff. BGB). Auch darf keine Verletzung einer Vertragspflicht (in Betracht kommen alle möglichen vertraglichen Haupt- und Nebenpflichten) vorliegen. Die Vertragspflicht muss in diesem Fall jedoch beförderungstypisch sein (Die Abgrenzung zu nicht beförderungstypischen Pflichten ist problematisch bei Logistikverträgen). Dies ist zu bejahen z.B. bei Unterlassen des Abschlusses einer Transportversicherung, bei Fehlern bei der Zollbehandlung und unberechtigter Weitergabe des Namens des Lieferanten an Empfänger.

Wenn keine beförderungstypische Pflichtverletzung vorliegt, z.B. bei reinen Werkleistungen wie Montage einer vorher transportierten Anlage, dann findet § 433 HGB keine Anwendung und der Frachtführer haftet unbegrenzt nach Werkvertragsrecht, §§ 631 ff. BGB (Risiko bei Logistikvereinbarungen, wenn der Schwerpunkt der Leistungen im nichttransportspezifischen Werkvertragsrecht liegt).

Zwischen der rechtswidrigen Pflichtverletzung und dem Schaden muss Kausalität bestehen. Dies ist zu bejahen, wenn der Vermögensschaden nicht eingetreten wäre ohne die Pflichtverletzung. Außerdem muss den Frachtführer ein Verschulden treffen. Dies ist gegeben, wenn die Pflichtverletzung dem Frachtführer mindestens fahrlässig zuzurechnen ist.

Haftungsgrenzen bei außervertraglichen Ansprüchen, § 434 BGB

Durch diese Regelung soll erreicht werden, dass die gesetzlichen und frachtvertraglichen Haftungsgrenzen zu Gunsten des Frachtführers bei Verlust, Beschädigung oder Lieferfristüberschreitung nicht durch die Anwendung außervertraglicher nichttransportrechtlicher Anspruchsnormen umgangen werden. Z.B. kann der Absender als Eigentümer einer zu transportierenden Sache nicht schon bei fahrlässigem Verlust vom Frachtführer unbegrenzten Schadensersatz gem. § 823 I BGB einfordern und damit die vorgenannte Haftungsbegrenzung aufheben. Die Überwindung der Haftungsgrenzen des Frachtrechts durch andere Vorschriften ist daher für Absender und Empfänger durch § 434 HGB ausgeschlossen.
Gem. Abs. 2 kann der Frachtführer die Einwendungen zur Haftungsbegrenzung auch Dritten entgegenhalten, die nicht Parteien des Frachtvertrages sind, es sei denn

  • der Dritte hatte dem Transport nicht zugestimmt und dies war dem Frachtführer bekannt oder hätte bekannt sein müssen
  • das Transportgut ist dem rechtmäßigen Eigentümer abhanden gekommen.

So wie § 434 HGB die außervertragliche Haftung des Frachtführers begrenzt, wird die Haftung der Leute des Frachtführers ebenfalls begrenzt auf die frachtvertragliche Haftung, § 436 HGB.


Unbegrenzte Haftung des Frachtführers, § 435 HGB

Diese Regelung begründet eine unbeschränkte Haftung des Frachtführers bei qualifiziertem Verschulden des Frachtführers, d.h. bei einem Handeln oder Unterlassen mit Vorsatz (Wissen und Wollen der Schadensverwirklichung. Ausreichend ist hier der bedingte Vorsatz: Der Frachtführer handelt, obwohl er den Schadeneintritt für möglich hält) oder bei Leichtfertigkeit in dem Bewusstsein eines wahrscheinlichen Schadenseintritts (wenn die im Rechtsverkehr gebotene Sorgfalt verletzt wurde und zwar in besonders hohem Maße. Diese grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Frachtführer eine auf der Hand liegende Sorgfaltspflicht nicht beachtet hat und eine sich dem Frachtführer aufdrängende Erkenntnis vorliegt, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Schaden eintreten werde).
Achtung: Die Beweislast, dass der Frachtführer leichtfertig und in dem Bewusstsein eines sich aufdrängenden Schadens gehandelt hat, liegt beim Anspruchsteller. Aber unter dem Gesichtspunkt, dass nur der Frachtführer den vollständigen Ablauf des Transportvorgangs kennt, hat dieser im einzelnen darzulegen, wie der Transportvorgang, aus dem der Schaden resultiert , abgelaufen ist.

Beispiel: Ein stark angetrunkener LKW-Fahrer kann sich nicht auf die Haftungsausschlüsse nach § 427 Abs.1 BGB berufen, wenn das Transportgut schlecht verpackt war, sondern der Frachtführer haftet unbegrenzt für den vollen Schadensersatz, d.h. für den Substanzschaden und einen möglichen Vermögensschaden, wie z.B. Produktionsausfall.


Der Direktanspruch gegen den ausführenden Frachtführer, § 437 HGB

Diese Regelung begründet Forderungsrechte und prozessuale Ansprüche des Absenders/Empfängers direkt gegen den ausführenden Frachtführer für Schäden bei Verlust, Beschädigung oder Lieferfristüberschreitung, die aus der Beförderung entstanden sind.
Absender/Empfänger haben also ein Wahlrecht, ob sie ihren Anspruch gegenüber dem vertraglichen Frachtführer oder gegenüber dem ausführenden Frachtführer direkt geltend machen. Dies ist vor allem dann bedeutsam, wenn sich die Durchsetzung gegenüber dem vertraglichen Frachtführer als schwierig oder undurchführbar erweist, z.B. weil dieser nicht zahlungsfähig ist.

Wenn der Anspruchsberechtigte eine Verbindlichkeit gegen den ausführenden Frachtführer hat, kann er mit dieser aufrechnen. Der ausführende Frachtführer haftet direkt, jedoch maximal mit der gesetzlichen Haftung. Vertragliche Regelungen zwischen dem Absender und dem vertraglichen Frachtführer, die die Haftung des Frachtführers erweitern, gelten jedoch nur dann für den ausführenden Frachtführer, wenn der ausführende Frachtführer diesen vorher schriftlich zugestimmt hat. Der ausführende Frachtführer kann überdies dem Anspruchsteller alle Einwendungen des vertraglichen Frachtführers aus dem Frachtvertrag entgegenhalten, neben den eigenen Einwendungen.

Der vertragliche Frachtführer und der ausführende Frachtführer haften als Gesamtschuldner. Untereinander sind dann die Frachtführer zum Ausgleich nach § 426 BGB verpflichtet.

Die Haftung des Umzugsunternehmers
Für die Haftung des Frachtführers im Umzugsrecht gelten die Regeln des Frachtrechts, d.h. die Regeln der Obhutshaftung, gem. § 425 ff, HGB.


Als besondere Bestimmungen kommen jedoch zur Anwendung:

1. Anstatt § 427 HGB ( besondere Haftungsausschlussgründe) - § 451 d HGB (besondere Haftungsbegrenzungen)

2. Anstatt § 431 I und II HGB (Haftungshöchstbetrag bei Verlust oder Beschädigung) - § 451 e HGB: Bei Substanzschäden und bei Verlust sind je beschädigten/verlorenem Kubikmeter Gut 620,00 EUR auszugleichen (Faustformel: ein Möbelwagen entspricht ca. 5 Kubikmeter Laderaum). Bei Verspätungsschäden im Umzugsvertrag gilt § 431 III HGB, d.h. der maximale Schadensersatz beträgt das Dreifache der Fracht

3. Anstelle von § 438 HGB - § 451 f HGB ( Schadensanzeige)

4. zusätzlich ist bei Verträgen mit Verbrauchern im Umzugsvertrag § 451 g HGB zu beachten: Der Umzugunternehmer haftet gegenüber dem Absender, wenn dieser Verbraucher ist, in voller Höhe und nicht beschränkt auf
620,-- EUR, wenn

  • der Umzugunternehmer i.S. von § 435 HGB den Schaden herbeigeführt hat
  • er den Verbraucher nicht auf die besonderen Haftungsausschlussgründe in § 451 d HGB und auf seine mit 620,00 EUR begrenzte Haftung hingewiesen hat und
  • nicht auf die Möglichkeit einer besonders vereinbarten höheren Haftung (gegen Zusatzzahlung durch den Absender) hingewiesen hat.

(Tipp: Der Frachtführer sollte die Hinweise schriftlich bestätigen lassen. Zwar muss er diesen Hinweis nur in drucktechnisch deutlicher Gestaltung besonders hervorheben, aber er trägt auch für die Erteilung des Hinweises das Beweisrisiko).

 

Die Haftung des Spediteurs

Die Obhut- und Verschuldenshaftung in § 461 HGB

§ 461 Abs.1 HGB unterwirft den Spediteur der Obhutshaftung, hinsichtlich der Risiken des Verlustes und der Beschädigung des Gutes. Voraussetzung der Haftung des Spediteurs ist die Obhut an dem Gut zum Zweck der Beförderung bzw. Lagerung = Gewahrsam = Besitz, z.B. bei

- Gütern die ihm übergeben wurden
- Gütern die sich in seinem Speditionslager befinden
- Gütern, die ein Mitarbeiter besitzt
- Abholen durch den Spediteur
- Übernahme in einem Zwischenlager des Spediteurs oder
- Beladearbeiten durch den Spediteur.

Anders ist dies beim reinen Schreibtischspediteur dem die Übernahme des Gutes durch den Frachtführer nicht zugerechnet wird, da der Spediteur nur den Abschluss von Verträgen zur Beförderung schuldet, nicht aber die Beförderung selbst. Er hat keine Obhut an dem Gut. Bei Verlust kann sich aber der Versender an den Frachtführer halten.

Soweit jedoch der Frachtführer nicht haftbar gehalten werden kann, z.B. weil er mit dem Spediteur individualrechtlich einen Haftungsausschluss vereinbart hat oder der Frachtführer illiquide ist, so ist die Haftung des Spediteurs gem. § 461 Abs.2 HGB zu prüfen, z.B. weil dem Spediteur ein Verschulden bei der Auswahl des Frachtführers vorzuwerfen ist.
Achtung: Der Spediteur haftet wie ein Frachtführer auch als Schreibtischspediteur bei Festpreisvereinbarung, §§ 458-460 HGB.

Für alle anderen Schäden, die nicht Substanzschäden sind oder bei denen der Spediteur keine Obhut hatte, trifft den Spediteur gem. § 461 Abs. 2 HGB die Verschuldenshaftung, wenn er eine ihm nach § 454 HGB obliegende Pflicht verletzt hat.

Eine Entlastungsmöglichkeit ist gegeben, wenn keine schuldhafte Pflichtverletzung des Spediteurs vorliegt oder der Schaden in der Pflichtverletzung nicht begründet ist, bzw. der Schaden auch mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes nicht abgewendet hätte werden können.

Ferner hat der Spediteur gem. § 461 Abs.3 HGB den Mitverschuldenseinwand.
Die Haftung des Spediteurs für seine Leute, § 462 HGB, ist ähnlich wie die Haftung des Frachtführers § 428 HGB


Die Haftung des Spediteurs nach ADSp

Die Regelungen in den Ziff. 22-27 sind das Kernstück der ADSp und modifizieren die Haftungsregelung des § 461 Abs. 2 HGB.

Soweit der Spediteur hiernach haftet, so ist dessen Haftung summenmäßig begrenzt auf 5,00 EUR je kg Rohgewichts der Sendung bei Verlust oder Beschädigung, Ziff. 23 ADSp.
Besondere Regelungen gelten für:

  • Transportschaden - Verkehrsträgerhaftung
  • Multimodalverkehr- 2 SZR je kg
  • Bei Nichtgüterschäden - Dreifaches Spediteurentgelt je Fall
  • Obergrenze der Haftung von 1 Mio. EUR je Schadensfall (der konkrete Lebenssachverhalt der bei dem Geschädigten zu einem Schaden geführt hat)
  • Obergrenze von 5 Mio. EUR je Schadensereignis (Der Lebenssachverhalt der bei einer Vielzahl von Personen zu jeweils individualisierbaren Schadensfällen geführt hat)

Die vorstehenden Haftungsbefreiungen gelten jedoch nicht bei qualifiziertem Verschulden. Hier wird unlimitierter Schadensersatz geschuldet, Ziff. 27 ADSp.
Achtung: Allgemein werden die Haftungsbegrenzungen der ADSp nur bei Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit des Spediteurs oder (nur) seiner leitenden Angestellten aufgehoben, z.B. durch den Vorwurf der grobfahrlässigen Betriebsorganisation bei fehlender Schnittstellenkontrolle.

Die Haftung des Lagerhalters, § 475 HGB
Diese Regelung statuiert die Obhutshaftung für vermutetes Verschulden des Lagerhalters vom Zeitpunkt der Übernahme des Gutes bis zur Ablieferung. Von dieser Haftung für vermutetes Verschulden kann sich der Lagerhalter nur mit dem von ihm zu beweisenden Nachweis entlasten, dass der gleiche Schaden auch durch die Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hätte abgewendet werden können. Der Lagerhalter muss in einem Schadenfall beweisen, dass nicht schuld an dem Schaden ist, dass er alle Maßnahmen die ein ordentlicher Kaufmann zum Schutz des Lagergutes veranlasst hat, unter Berücksichtigung der besonderen Gefahren, die dem Lagergut drohen. Die Haftung des Lagerhalters ist in ihrer Höhe nicht limitiert. Der Lagerhalter haftet jedoch nur für Güterschäden einschließlich Vermögensschäden, wenn sie durch den Verlust oder die Beschädigung des Gutes entstanden sind. Die Regeln über die Haftung im Lagerrecht sind dispositiv, d.h. abdingbar durch AGB.

Mehr Informationen bei:
Rechtsanwältin Tanja Leopold, Spezialistin für Speditionsrecht der Deutschen Anwaltshotline unter
www.deutsche-anwaltshotline.de

 


2. Das europäische Transportrecht

a) Europäischer Straßentransport, geregelt durch die CMR
Haftung des Frachtführers, Haftungsausschlüsse, Art. 17 CMR
Die Regelung in Art. 17 CMR war Vorbild für das Haftungssystem des deutschen Transportrechtsreformgesetzes (TRG). Deshalb kann im Folgenden auch vielfach auf die Ausführungen zur Frachtführerhaftung gem. §§ 425 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) verwiesen werden.

Der Abs. 2 in Art. 17 im Gesetz über den Beförderungsvertrag im internationalen
Straßengüterverkehr (CMR) begründet die Haftungsbefreiung, vergleichbar §§ 425 Abs. 2, 426 HGB, bei

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  • Verschulden des Verfügungsberechtigten (derjenige, der rechtlich über das Transportgut verfügen darf. Ursprünglich ist dies der Absender, als Vertragspartner des Frachtführers. Dessen Verfügungsrecht kann jedoch übergehen auf den Empfänger)
  • Falscher Weisung des Verfügungsberechtigten, die nicht der Frachtführer verschuldet (wie in Art. 14,15 CMR)
  • Besonderen Mängeln des Transportgutes
  • Unabwendbaren Umständen (z. B. höhere Gewalt) oder Unvermeidbarkeit auch bei größter Sorgfalt.

Abs. 3 stellt klar, dass quasi " als Ausnahme von der Ausnahme" der Frachtführer keine Haftungsbefreiung reklamieren kann, wenn diese durch einen Mangel des Fahrzeuges oder ein Verschulden des Fahrzeugvermieters, bzw. dessen Bediensteten.

Abs. 4 formuliert besondere Haftungsausschlussgründe und ist insofern fast wortgleich zu § 427 I HGB.

Abs. 5 beschränkt die Haftung des Frachtführers anteilig, wenn der Schaden zum einen seine Ursache in Art. 17 Abs. 1 bzw. 3 hat, zum anderen Haftungsausschlussgründe aus Abs. 2 und 4 zu Gunsten des Frachtführers zur Anwendung kommen. Wie die Schadensteilung vorzunehmen ist, wird nach den konkreten Umständen des Einzelfalles beurteilt.


Beweislastregelung, Art. 18 CMR

Art. 18 Abs. 1 CMR stellt klar, dass der Frachtführer die Haftungsbefreiungsgründe gem. Art. 17 II, auf die er sich beruft, auch zu beweisen hat. Kann er dies nicht, dann haftet er gem. Art. 17 I. Eine wesentliche Beweiserleichterung schafft Abs. 2 für den Frachtführer. Dort wird die gesetzliche Ausnahme formuliert, dass der Frachtführer haftungsbefreit ist, wenn er nachweisen kann, dass der Schaden aus einem der genannten Gründe entstanden ist. In einem solchen Fall muss der Anspruchsteller beweisen, dass nicht ein besonderer Haftungsausschlussgrund zum Schaden geführt hat. Erst wenn dieser Beweis gelingt, haftet der Frachtführer.

Beispiel: ein Verfügungsberechtigter weist nach, dass das Gut nicht durch unsachgemäßes Ausladen beschädigt wurde, wie der Frachtführer behauptet, sondern schon vorher beschädigt war. Dann besteht kein Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 4 Ziff. c, sondern Obhutshaftung des Frachtführers.

Für die Haftungsausschlüsse nach Art. 17 Abs. 3-5 ist zu beachten, dass

  • 17 IV a nicht bei offenen Fahrzeugen, bei außergewöhnlich hohem Verlust bzw. bei Verlust von ganzen Packstücken gilt
  • 17 IV d (natürliche Beschaffenheit des Gutes) nur dann gilt, wenn der Frachtführer nachweist, dass er alle ihm obliegenden Maßnahmen getroffen hat und alle Weisungen beachtet hat.
  • 17 IV f bei lebenden Tieren nicht gilt, wenn der Frachtführer nicht nachweist, dass er alle notwendigen Maßnahmen getroffen und alle Weisungen befolgt hat.

Wenn jedoch keine Haftungsbefreiung gegeben ist, dann haftet der Frachtführer. Die Höhe seiner Haftung richtet sich nach der folgenden Bestimmung:


Haftungsumfang, Höchstbeträge, Art. 23 CMR

Die Bestimmungen in Art. 23 CMR entsprechen den Bestimmungen in § 429 ff. HGB für Verlust des Transportgutes und Lieferfristüberschreitung. Genauer gesagt, ist die Frachtführerhaftung des deutschen Transportrechts der Haftung der CMR nachgestaltet worden. Die wesentlichen Regelungen in Art. 23 CMR:

  • Abs.1: Entschädigung des Wertes am Ort und Zeit der Übernahme
  • Abs.3: Maximale Entschädigung, 8,33 Sonderziehungsrechten (SZR) je kg Rohgewicht
  • Abs.4: Plus Ersatz der Kosten die aufgrund der Beförderung entstanden sind
  • Abs.5: Bei Fristüberschreitung maximaler Schadensersatz in Höhe der Fracht
  • Abs.6: Mögliche Haftungserhöhung durch kostenpflichtige Höherdeklaration für den
    Gewichtswert sowie bei Fristüberschreitung - Art. 24, 26 CMR


Obergrenze bei Beschädigung, Art. 25 CMR

Anders als § 429 HGB ist die Berechnung der Entschädigungshöhe in der CMR in einem gesonderten Artikel geregelt. Obergrenze ist jedoch auch hier der Betrag der bei vollständigem Verlust zu zahlen wäre. Vielfach wird auf die Bestimmungen des Art. 23 I, II und IV verwiesen, d.h. die Schadenshöhe bestimmt sich nach dem (Markt-)Wert an Ort und Zeit der Übernahme. Hinzu kommen anteilig die beförderungsbedingten Aufwendungen.

Gem. Art. 24, 26 hat jedoch der Absender das Recht, gegen Zahlung eines Zuschlags, eine höhere Haftung des Frachtführers bei Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung zu fordern und damit die Obergrenzen in Art. 23 und 25 zu überschreiten. Dieser höhere Wert muss dann in den Frachtbrief eingetragen werden.

Während Art. 24 eine Haftungserhöhung nur für Substanzschäden zulässt, erstreckt sich die Haftungserhöhung in Art. 26 auf Vermögensschäden, entweder veranlasst durch Lieferfristüberschreitung oder durch entgangenen Gewinn. Voraussetzungen sind die Vereinbarung eines besonderen Interesses, Zuschlagszahlung durch den Absender, Frachtbriefeintragung und ein nachweisbarer Schaden beim Berechtigten


Haftungsbegrenzung für außervertragliche Ansprüche, Art. 28 CMR

Sofern Verlust, Beschädigung und Lieferfristüberschreitung nach nationalem Recht zur außervertraglichen Haftung führen (z.B. in Deutschland nach § 823 BGB), so schließt Art. 28 Abs. 1(vergleichbar mit § 434 HGB) aus, den Schaden geltend zu machen, der über Art. 23 ff. CMR hinausgeht. Gem. Art. 28 Abs.2 (vergleichbar § 436 HGB) schließt diese Schutzvorschrift auch die Personen aus Art. 3 ein.


Sonderfall: Unlimitierte Haftung, Art. 29 CMR

Eine Haftung besteht unbegrenzt, wenn der Frachtführer oder seine Hilfspersonen vorsätzlich oder leichtfertig und mit dem Bewusstsein gehandelt haben, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten wird (entsprechend § 435 HGB).

Die Rechtsprechung in Deutschland lässt hierfür schon grobe Fahrlässigkeit genügen.
Beispiele hierfür: Essens- oder Erfrischungspause in Italien bei einem LKW der mit hochwertigen und diebstahlgefährdeten Gütern beladen ist, während der Abwesenheit des alleinigen Fahrers auf einem unbewachten Parkplatz, der gestohlen wird und der nicht über zwei unabhängig voneinander wirkende Sicherungssysteme verfügt.

Auslieferung von Transportgut an Personen in Moskau, die den Frachtführer im Auftrag des Empfängers aufgefordert haben, das Gut an einen anderen Ort als den ursprünglichen Empfangsort auszuliefern und deren Identität nicht geklärt ist.

Deutsche Gerichte neigen durchaus dazu, bei Auslandstransporten von hochwertigen Gütern relativ schnell Verschulden i. S. Art. 29 CMR zu bejahen. Deshalb sollte das Risiko aus Art. 29 CMR versichert werden.

Achtung: In der Frachtführerversicherung zur Abdeckung der Risken der CMR ist der Versicherungsschutz für Risiken aus Art. 29 CMR nicht automatisch enthalten. Deshalb gesondert abdecken!

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Sonstige Schäden

Mit sonstigen Schäden sind alle diejenigen gemeint, die nicht zu Verlustschäden, Beschädigungen oder Lieferfristüberschreitungen zählen. Deren Schadensausgleich ist nicht in der CMR geregelt. Hier gilt dann deutsches Frachtrecht, Haftung des Frachtführers bei Vermögensschäden - § 433 HGB.

b) Recht des internationalen Lufttransports - das Warschauer Abkommen
Die Haftung des Luftfrachtführers für Güterschäden, Art. 18 WA

Gem. Art. 18 Abs.1 WA haftet der Luftfrachtführer für jeden Schaden der durch Zerstörung, Verlust oder Beschädigung des Transportgutes eintritt, wenn dieser Schaden während der Luftbeförderung aufgrund einem zu widerlegenden Verschulden eingetreten ist.
Problem: Wenn z.B. Luftfrachtgut mit dem LKW von Bremen zum Frankfurter Flughafen transportiert wird, damit es dann per Flugzeug nach Los Angeles fliegt. Nach welchen Regeln haftet die Lufthansa im Falle eines Unfalles auf der Bundesautobahn wenn das Luftfrachtgut zerstört wird? Hierzu haben die Gerichte entschieden, dass nicht der Kunde, sondern der Luftfrachtführer das Risiko zu tragen hat, wenn er ein anderes Transportmittel als das ursprünglich vereinbarte wählt. Also haftet der Luftfrachtführer auch beim Luftfrachtersatzverkehr gem. Art. 18 WA.


Schadensersatz für Verspätung, Art. 19 WA

Der Luftfrachtführer hat den Schaden zu ersetzen, der durch Verspätung bei der Luftbeförderung entsteht. Verspätung bedeutet, dass das Gut nicht innerhalb der vereinbarten Frist oder einer dem sorgfältigen Frachtführer zuzugestehenden Frist nicht angeliefert wird. Die mitgeteilten Flugdaten sind zwar Anhaltspunkt für die Flugdauer, aber keine automatisch vereinbarten Fristen, denn die Luftbeförderung ist nur ein Teil der Frachtabwicklung (die Durchschnittsdauer für eine Luftfrachtbeförderung beträgt einschließlich des Dokumententransportes heute ca. 6 Tage). Als Obergrenze für eine zuzugestehenden Frist kann eine 7 Tagesfrist von dem Tag, an dem es hätte eintreffen sollen, zugrunde liegen.

An Schadensersatz ist der Ausgleich an Vermögensschäden zu leisten, der durch die Verspätung eingetreten ist und nachweisbar sein muss; z.B. Computerteile werden verspätet geliefert und hierdurch können die Computer erst später hergestellt und verkauft werden. Der Vermögensschaden besteht hier im Zusatzaufwand bei der Herstellung, sowie im Zinsverlust durch späteren Verkauf.


Die Einwendungen des Luftfrachtführers

Gegen die Verschuldensvermutung in Art. 18 hat der Luftfrachtführer zwei Arten der Einwendungen:

1. Haftungsausschluss wegen Unabwendbarkeit des Schadens, Art. 20 WA, z.B. höhere Gewalt wegen unvorhersehbarer Luftturbulenzen.
Der Luftfrachtführer ist von seiner Haftung befreit, wenn er nachweist, dass der Schaden durch ein für ihn unabwendbares Ereignis eingetreten ist, weil er alle für die Verhütung des Schadens erforderlichen Maßnahmen getroffen hat oder dass es unmöglich war, gegen das schädigende Ereignis Maßnahmen zu treffen.

2. Haftungsausschluss/-reduzierung wegen Mitverschuldens des Absenders/Empfängers, Art. 21, z.B. Verpackungsfehler, Fehlangaben.
Mitverschulden des Geschädigten schließt auch ein Mitverschulden dessen Vertragspartners ein.


Die Haftungsobergrenzen, Art. 22 WA

Sofern der Luftfrachtführer für den Schaden haftet, ist seine Haftung in der Höhe auf 250 (Pointcare-)Franken (ca. 27,-- EUR) pro kg beschränkt.
Diese Haftungsgrenzen gelten bei Verlust, Beschädigung, Zerstörung und Verspätung des Transportgutes. Zusätzlich kann das angerufene Gericht nach nationalem Recht dem klagenden Geschädigten die aufgewendeten Anwalts- und Gerichtskosten zusprechen.

Der Luftfrachtführer haftet unter dem Wegfall der Haftungsgrenzen nach dem WA gem. Art. 25 bei Vorsatz und Leichtfertigkeit. Die Haftungsgrenzen werden aufgehoben, wenn der Geschädigte nachweist, dass der Schaden durch eine Handlung oder Unterlassen des Luftfrachtführers verursacht worden ist. Dies kommt zum Tragen, wenn die Absicht Schaden herbeizuführen, grob fahrlässiges Handeln oder das Bewusstsein, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintritt, vorliegen. In einem solchen Fall haftet der Luftfrachtführer unbegrenzt für alle Schäden (identischer Wortlaut mit § 435 HGB).

Die Voraussetzungen einer unbegrenzten Haftung muss der Geschädigte nachweisen. Er hat die Darlegungs- und Beweislast. Jedoch fällt es dem Geschädigten fast immer schwer, diesen Beweis zu erbringen, denn er war bei Schadenseintritt nicht dabei. Die Gerichte haben deshalb in den Fällen, in denen der Geschädigte ein solch qualifiziertes Verschulden des Luftfrachtführers behauptet, dem Luftfrachtführer die sog. sekundäre Darlegungslast auferlegt.
Dann muss der Luftfrachtführer

  • im Einzelnen darlegen wie die schadhafte Sendung erfasst wurde (Eingangs- und Ausgangskontrolle)
  • eine Dokumentation der Tätigkeiten vorlegen und
  • darlegen, welche Vorkehrungen gegen ein Abhandenkommen getroffen wurden.

Kann der Luftfrachtführer dieser Darlegungslast nicht ausreichend nachkommen, schließt vielfach das Gericht daraus, dass ein qualifiziertes Verschulden des Luftfrachtführers vorliegt und dieser gem. Art. 25 WA zu haften hat.

 

c) Die Haftung der Eisenbahnen
Anspruchsgrundlage der Haftung der Eisenbahnen ist Art. 36 CIM.

Es bestehen besondere Haftungsausschlussgründe bei Verlust, Beschädigung gem. Art. 36, 43 - ähnlich wie bei § 427 HGB.

Die Beweisvermutung besteht zugunsten der Bahn, Art. 37 § 2. Der Gegenbeweis ist möglich.
Sonderbefreiung ist möglich bei Verlust im Hinblick auf natürlichen Schwund, d.h. 1% bei trockenen, 2 % bei feuchten Gütern, Art. 41.

Die allgemeinen Haftungsbefreiungsgründe sind geregelt in Art. 36,42. Die Beweislast liegt bei der Bahn, Art. 37 § 2.

Schadenshöhe bei Verlust/Beschädigung ist in Art. 40,42 geregelt. Die Schadenslimitierung beträgt 17 SZR je kg Verlust Bruttomasse, zzgl. Fracht, Zölle und Kosten.

Die Entschädigung bei Überschreiten der Lieferfrist beträgt maximal das Vierfache der Fracht, Art. 43 § 1.

Die Haftungshöchstgrenzen können überschritten werden bei Angabe eines besonderen Interesses im Frachtbrief, Art. 46, sowie bei Vorsatz (voller Schadensersatz) und grober Fahrlässigkeit, Art. 44 (bei letzterem auf das Doppelte der Haftungshöchstbeträge).

 

Mehr Informationen bei:
Rechtsanwältin Tanja Leopold, Spezialistin für Speditionsrecht der Deutschen Anwaltshotline unter
www.deutsche-anwaltshotline.de

3. Die aktuelle Rechtsprechung
a) Unterschrift auf Frachtpapieren /
Lkw-Fahrer: Ladelisten unbesehen unterschrieben
Gericht gibt sich mit den Frachtpapieren zufrieden
Wer blindlings jedes im vorgelegte Papier unterschreibt, muss unter Umständen für Dinge vor Gericht, die ihm nie zu Gesicht gekommen sind. Davor warnt die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline (DAH) im Zusammenhang mit einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Az. 15 U 47/02).

Einem Transportunternehmen war bei einem Unfall eine Palette mit 200 teueren Winkelschleifern abhanden gekommen. "Die sind gar nicht auf meinem Lkw gewesen", behauptete vor Gericht der als Zeuge geladene Brummi-Fahrer, der sich das Verschwinden der Fracht nicht anders erklären konnte. "Doch", entgegneten die Vertreter des klagenden Auftraggebers und präsentierten den Richtern die Kopie der Ladeliste, fein säuberlich Posten für Posten abgehakt und mit der Unterschrift des Lkw-Fahrers versehen. "Das ist doch nur eine Formalität, ich war ja beim Verladen gar nicht dabei", erwiderte der Trucker. Er habe keine Möglichkeit gehabt, die Richtigkeit der Ladeliste zu kontrollieren, da ihm der Zutritt zum Lager während der Verladung aus Sicherheitsgründen verwehrt gewesen wäre.
" Das mag so gewesen sein", urteilten die Karlsruher Richter. Aber für eine schriftliche Empfangsbestätigung bei der Übernahme bestimmter Frachtgüter gilt - wie bei jeder Quittung - der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Und die Unterschrift unter der Ladeliste ist dem Gericht zum Beweis der Übernahme der fraglichen Sendung durch die beklagte Spedition grundsätzlich ausreichend. "Hinter den Positionen war ein handschriftliches Häkchen. Das konnte bei objektiver Auslegung nur bedeuten, dass eine Übernahme der Positionen bestätigt werden sollte. Ob sich der Zeuge dieser Bedeutung seiner Unterschrift bewusst war, ist für die Richter unerheblich", erläutert die Transportrechtlerin und DAH-Anwältin Tanja Leopold. Der Rat der Rechtsanwältin: "Auch in der täglichen Arbeitsroutine nichts unbesehen und unkontrolliert unterschreiben!

 

b) Unbewusster Schmuggler / Schmuggler wider Willen - Fiskus langt trotzdem zu
Bundesfinanzhof verurteilt offenbar ahnungslosen Lkw-Fahrer
Finsteres Mittelalter: War es eine schlechte Botschaft, die er zu überbringen hatte, wurde der arme Bote für gewöhnlich geköpft. Aufgeklärte Neuzeit: Ist die Ware unversteuert, die er zu transportieren hatte, muss ein selbst ahnungsloser Lkw-Fahrer für den Schaden beim Fiskus aufkommen. So jedenfalls erging es dem Trucker eines in Litauen zugelassen Lastzugs, in dessen Auflieger die deutschen Zöllner ein Versteck mit über einer halben Million unversteuerter Zigaretten entdeckten. Wie die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline mitteilt, verurteilte der Bundesfinanzhof den Mann jetzt höchstrichterlich zur Zahlung der unterschlagenen Tabaksteuer (Az. VII R 38/01).

Zwar hatte der Lkw-Fahrer aus dem Baltikum auch nach Überzeugung der Richter keine Kenntnis von den versteckten Zigaretten. Doch nach EU-Recht besteht für alle mitgeführten Waren eine Mitteilungspflicht - nicht nur für solche, zu denen die Zollbehörden unter normalen Umständen auf dem Transportmittel Zugang haben, sondern darüber hinaus formal auch für alle anderen, welche beispielsweise versteckt oder verheimlicht worden sind. Verantwortlich dafür ist die Person, welche die Waren in das Zollgebiet der Gemeinschaft bringt - also in diesem Fall der Lkw-Fahrer.

"Von dem Trucker wird die Mitteilung gegenüber der Zollstelle verlangt, dass sich in dem Lkw verborgene Zigaretten befinden, obwohl ihm das nach seinem Kenntnisstand subjektiv unmöglich ist", erläutert die Verkehrsrechtlerin und DAH-Anwältin Tanja Leopold das juristische Dilemma. Der rechtliche Knackpunkt: objektiv unmöglich ist die Erfüllung dieser Verpflichtung allerdings nicht, da die Hintermänner, welche die Zigaretten ohne Wissen des Lkw-Fahrers versteckt haben, eine solche Mitteilung - zumindest rein theoretisch - ja hätten machen können. "Diese Konstruktion erschien allerdings selbst dem Bundesfinanzhof aus rechtsstaatlicher Sicht bedenklich, da es jedenfalls dem nationalen Steuerrecht grundsätzlich fremd ist, an eine subjektiv nicht erfüllbare Anmelde- bzw. Mitteilungspflicht eine Steuerschuld zu knüpfen", betont Rechtsanwältin Leopold. Nichtsdestotrotz verlor der Schmuggler wider Willen seine Klage gegen den Fiskus und muss tatsächlich die Steuerschuld zahlen.

 

c) Anhänger nie ohne Warnschild
Lkw-Fahrer haftet bei Unfall

Ohne das Warnschild "Anhänger schwenkt aus" am Fahrzeugheck sollten Fahrer langer Gespanne nicht den Motor starten: Schwenkt der Hänger beim Abbiegen aus, kann eine Kollision mit einem überholenden Wagen teure Folgen haben.

Im konkreten Fall (Kammergericht Berlin, Az. 12 U 28/04) war ein Berliner Lkw-Fahrer ohne das Schild an seinem Anhänger unterwegs. Beim Linksabbiegen des Lkw auf einer zweispurigen Straße stieß ein Pkw, der noch versucht hatte zu überholen, mit dem ausscherenden Anhänger zusammen. Der Fahrer des Pkws monierte das fehlende Warnschild vor Gericht "völlig zu recht", wie die Berliner Richter befanden. Es ist Sache des Gespann-Fahrers, dafür Sorge zu tragen, dass andere Verkehrsteilnehmer nicht durch einen ausschwenkenden Hänger gefährdet werden.

Dennoch muss der Lkw-Fahrer in diesem Fall nicht für den gesamten Schaden aufkommen. Steht in jeder Fahrtrichtung nur ein Fahrstreifen zur Verfügung, muss der Fahrer eines Gespanns nicht mit rechts vorbeifahrenden Autos rechnen.

Mehr Informationen bei:
Rechtsanwältin Tanja Leopold, Spezialistin für Speditionsrecht der Deutschen Anwaltshotline unter
www.deutsche-anwaltshotline.de

 

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Artikel Obhutshaftung des Frachtführers: HGB-§425-Haftung für Güter- und Verspätungsschäden: Rechte und Regelungen im Transportgewerbe
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