Politiker sollten mehr ans Land denken

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In der Vorweihnachtszeit ging 2017 ein Taxi-bedingtes Rauschen durch den Blätterwald. Viele Tageszeitungen berichteten über neue Projekte zur Bündelung von Taxifahrten. Nach dem Ende September gestarteten Ridesharing-Versuch von door2door und DVG in Duisburg machten moovel und die Stuttgarter Straßenbahnen mit „Flex Pilot“, die Berliner Verkehrsbetriebe und ViaVan an der Spree sowie mytaxi mit mytaximatch und Hansa Taxi mit seiner App „Shared Ride“ in Hamburg von sich reden.

Während sich der bisherige Hauptlieferant deutscher Taxibetriebe, die Daimler AG, bei moovel, ViaVan und mytaxi stark engagiert, ließ die Volkswagen-Tochter MOIA sogar einen sechssitzigen Elektro-VIP-Transporter entwickeln. Er soll Ende 2018 bei einem Ride-Pooling-Projekt in Hamburg verkehren.

Mit schmucken Bildern und professioneller Pressearbeit wurden all diese Projekte in Szene gesetzt, die eines gemeinsam haben: Nur in Großstädten funktioniert die Idee, sich zu jeder Zeit und an vielen Sammelpunkten mit anderen Personen eine Fahrt zu teilen und um den Preis von Umwegen den Gesamtpreis pro Mitfahrer zwischen dem Bus und dem Taxi anzusiedeln. Nur dort kann sich genügend Nachfrage nach App-gesteuerten gemeinsamen Fahrten entwickeln, die Politiker aller Parteien so ansprechend finden.

Was aber ist mit den ländlichen Regionen, die denselben Politikern doch angeblich so am Herzen liegen? Dort müssen bedarfsgesteuerte Linienersatzverkehre alle paar Jahre aufs Neue um ihr Überleben kämpfen, weil ihnen Fördergelder immer nur befristet zugewiesen werden. Eine kontinuierliche Weiterentwicklung ist so schwer möglich. Stattdessen wird beim Fahrtangebot wie zuvor bei den Linienbussen gespart: Die Fahrtzeiten am Morgen und am Abend werden eingeschränkt, das Wochenend-Angebot wird ausgedünnt oder ganz gestrichen.

Übergreifende Konzepte für ländliche Regionen fehlen. In allen Bundesländern wird dort nur Flickschusterei betrieben. Hier könnten sich engagierte Politikerinnen und Politiker profilieren. Wenn sie das geschickt anstellen, fallen sie dadurch auch überregional auf. Meinetwegen sollen sie ruhig auch in Lokalzeitungen ihr Handy mit einer schicken App in die Kamera halten, solange der Linienersatzverkehr nur die ihm gebührende Aufmerksamkeit erhält.

Herzlichst Ihr

Dietmar Fund, Chefredakteur

Dietmar Fund
Chefredakteur (V.i.S.d.P.)

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