Retouren: Zu einfache Lösungen für komplexe Probleme

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Guten Tag, vor einigen Tagen sorgte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt mit einem Vorstoß zum Retourenmanagement für Aufsehen: Im Interview mit der Funke-Mediengruppe formulierte sie einen Drei-Punkte-Plan, der vorsah, dem Onlinehandel die Vernichtung neuwertiger Retouren zu verbieten.

Zudem sollen zurückgeschickte, für den Neuverkauf ungeeignete Waren verschenkt und Rohstoffe in den Wertstoffkreislauf zurückgeführt werden. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) will noch im Juni eine entsprechende Gesetzesänderung vorschlagen. Auf den ersten Blick klingt dies plausibel: Eine schnelle Lösung also, um einen augenscheinlichen Missstand unbürokratisch zu beseitigen?

Wenn es doch so einfach wäre! Tatsächlich greift der Vorschlag der Grünen zu kurz, wie aus dem Wirtschaftsfeld Logistik zu vernehmen war. Ein Vernichtungsverbot für Retouren verkenne die operative Praxis sowie die rechtliche und vertragliche Lage der Händler, hieß es etwa vom Bundesverband E-Commerce und Versandhandel e.V. (bevh).

„Die Idee, die Zerstörung von Retourenwaren gesetzlich zu verbieten, ist Unfug“, sagte bevh-Präsident Gero Furchheim. Kein Unternehmen der Branche habe ein Interesse, wirtschaftlich sinnvoll verwertbare Ware wegzuwerfen oder zu vernichten. Man arbeite bereits auf vielen Wegen daran, die Auswirkung des vom Staat verordneten Widerrufsrechts sinnvoll in Einklang mit der Ökologie zu bringen. Besser als Verbote eigneten sich in diesem Zusammenhang Anreize.

Man kann der Grünen auch einen gewissen Populismus bei der Auswahl ihres „Gegners“ vorwerfen. Gero Furchheim kritisierte zumindest deren einseitige Ausrichtung auf den Onlinehandel und große Marktplätze: „Wir lehnen die Stigmatisierung einer Branche aufgrund von Vorurteilen und Feindbildern ab – der Umgang mit Rückgaben und Warenrückzug betrifft den gesamten, in weiten Teilen mittelständischen Handel und schließt die Hersteller und Erzeuger mit ein.“

Dass die hinter dem E-Commerce liegenden Strukturen komplex sind, zeigt auch unsere News der Woche: So plant Anbieter Zalando, sein gesamtes Retourenmanagement an den Standorten Erfurt, Mönchengladbach und Lahr an spezialisierte Dienstleister auszulagern. Man wolle seine Kompetenzen im Outbound konzentrieren.

Mit aktuellen politischen Diskussionen hat dies nach Unternehmensangaben jedoch nichts zu tun. Vielmehr handele es sich um einen lang angelegten Plan in Sachen Retouren, der bereits seit einigen Monaten anvisiert werde. Mehr zur Entscheidung lesen Sie in unserer News der Woche.

Übrigens: Wie Zalando am 17. Juni bekannt gab, werden in dem Unternehmen weniger als 0,05 Prozent der zurückgeschickten Waren vernichtet – etwa wenn dies aus gesundheitlichen Gründen wie bei Schädlingsbefall notwendig ist. Waren, die sich nicht mehr über die verschiedenen Kanäle verkaufen lassen, spendet der Anbieter bereits jetzt an Organisationen wie etwa Humedica. Ganz ohne Verbote.
 
Viel Vergnügen bei der Lektüre wünscht

Therese Meitinger
Redakteurin LOGISTIK HEUTE

PS: Am 7. Juni ging die transport logistic 2019 mit Rekordwerten für Aussteller wie Besucher zu Ende. Einen ausführlichen Nachbericht finden Sie in der Juni-Ausgabe von LOGISTIK HEUTE, die am 21. Juni erscheint. News, Produkt-Highlights, Videos und Hintergründe hält auch unser Online-Special zur transport logistic für Sie bereit.

 

Therese Meitinger
Redakteurin

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