Fashion: Warum sich für Adidas eine Produktion in Deutschland lohnt

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Guten Tag, mein frühpubertärer Traum über eine Fußballkarriere nach den Vorbildern Augenthaler, Matthäus & Co. war im Jahr 1985 endgültig ausgeträumt. Meine Mutter redete mir erfolgreich die Anmeldung beim örtlichen Fußballverein aus. Argumente: wenig Talent, hohes Verletzungsrisiko. Sie meinte aber, ich könne mir gerne eine Körperertüchtigung aussuchen, die weniger verletzungsanfällig ist. Meine Wahl fiel auf Tischtennis. Und – zur großen Freude meiner Mutter – war ich in meiner siebenjährigen Ping-Pong-Karriere kein einziges Mal verletzt. Obwohl ich auch in dieser Sportdisziplin nicht besonders talentiert war, wurde ich – den starken Teamkollegen sei Dank – nach einigen Jahren schwäbischer Meister mit der Mannschaft.
 
Der spätpubertäre Erfolg wurde standesgemäß mit einer Party gefeiert, auf der jedes Teammitglied ein individuell bedrucktes T-Shirt auf der stolzgeschwellten Brust trug, um damit dem Rest der Welt die Kunde vom Meistersieg kundzutun. Warum diese Story? Wegen des T-Shirts. Das erwarben wir in einem Copyshop. Der Inhaber druckte jedem Zelluloidball-Champion einen individuellen Spruch darauf. Die Druckqualität war miserabel, der Preis hoch. Nach zwei Waschvorgängen hatten wir ein einfarbiges T-Shirt ohne Aufdruck am Leib.
 
Heute schaut die Fashionwelt anders aus: Die Qualität der Stoffe und die Aufdrucke sind exzellent. Und individuell aufgedruckte Slogans günstig. Das Gleiche gilt schon bald für spezielle, ergonomische Sonderwünsche. Beispiel: Der Sportartikelhersteller Adidas will es laut Experten seinen Kunden ermöglichen, dass sie Laufschuhe bestellen können, die auf ihr individuelles Laufverhalten – sprich: ihre Senk- oder Plattfüße – angepasst sind. Auch die Farbe wird man wählen können. Interessant für Supply Chainer: Diese Ware wird nicht aus Asien kommen und Wochen auf hoher See sein. Die Fortbewegungshilfen für Freunde des Dauerlaufs werden in einer Speedfactory gefertigt – vermutlich, wie der Name andeutet, innerhalb weniger Tage. Eine Fabrik entsteht gerade in Ansbach, eine zweite demnächst in Atlanta (siehe News der Woche).
 
Ermöglicht wird die (günstige) Produktion von Losgröße 1 dank eines sehr hohen Automatisierungsgrades und einer durchgehenden Digitalisierung. Offenbar lohnt sich die Herstellung von Laufschuhen sogar im Hochlohnland Deutschland. Adidas wird so ein Stück unabhängiger von den asiatischen Produktionsstandorten. Ich wage zu prognostizieren, dass in einigen Jahren auch Billiganbieter wie Primark & Co. sehr günstige Produkte individualisiert anbieten werden. Harte Zeiten also für Copyshops, die für teures Geld T-Shirts bedrucken.
 
Mit sportlichen Grüßen
 
Thilo Jörgl
Chefredakteur LOGISTIK HEUTE
 
P.S.: Falls Sie wissen wollen, wie sich asiatisch-europäische Lieferketten aufgrund des Megaprojekts „Neue Seidenstraße“ in Zukunft verändern könnten, kann ich Ihnen das gleichnamige Forum am 7. Oktober auf der Konferenz EXCHAiNGE in Frankfurt am Main empfehlen. Auf meinem Podium sitzen unter anderem Asien-Experten von BYD, DHL, BMW, Duisport sowie dem Hong Kong Logistics Development Council.

Thilo Jörgl
ehem. Chefredakteur (bis 2018)

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